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Der Geldverkehr des Roheisen-Verbandes seit 1910 unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Lage





von
Stephan Dirksen.









Vorwort des Herausgebers

Wir schreiben das Jahr 2011, und ich halte das Buch, das mein Großvater Stephanus Harbertus Dirksen ca. 1935 geschrieben hat, in meinen Händen.

Es ist mit Schreibmaschine und Durchschlagpapier erstellt; wahrscheinlich damals von ihm diktiert und von seiner Sekretärin getippt. Meine Kopie ist wahrscheinlich der erste Durchschlag, und ich glaube nicht, daß noch andere Kopien vorhanden sind.

Ich habe den Text wörtlich ohne Korrekturen übernommen und nur das Layout und die Fontwahl angepaßt.

Wie im Text zu sehen ist, sind einige Seiten des gebundenen Buches heraus getrennt worden. Das ist wahrscheinlich nach dem Krieg passiert, um die üblichen Lobhudeleien auf Partei und Führer zu entfernen.

Mein Großvater verstarb im November 1945 in einer Anstalt an den Folgen von Unterernährung.

Falls Sie Fragen oder Kommentare zu diesem Buch haben, bitte schreiben Sie mir:

christian@dannemann.org



Stroud, Großbritannien

August 2011

I. Teil Organisation und Finanzwirtschaft in der Vorkriegszeit, Kriegszeit und in den ersten Nachkriegsjahren.

I. Vorkriegszeit

Der erste Verbandsvertrag umfasste die Zeit vom 1. August 1910 bis zum 31. Dezember 1911.

Der Verband schloss damals die Verkäufe mit der Kundschaft für Rechnung der Mitglieder ab.

Die Berechnung des gelieferten Roheisens erfolgte unmittelbar an die Kundschaft durch die Mitglieder, an die die Zahlungen zu leisten waren, und die auch das Delkredere und sonstige Risiko trugen. Die Regelung der Vertreter-Provision war ebenfalls Sache der liefernden Mitgliedswerke.

Es war lediglich ein Preisausgleich vorgesehen mit dem Ziel, dass jedes Mitglied für die gleiche Sorte den gleichen Preis erhalten sollte. Die Bestimmung hierüber war im § 19 des im August 1910 geschlossenen Verbandsvertrages wie folgt festgelegt:

“Zum Schlusse des Vertrages findet ein Preisausgleich in folgender Weise statt:
Für alle Roheisensorten wird ein einheitlicher Grundpreis angenommen. Dieser Grundpreis gilt für Qualitäts-Puddeleisen.
Für alle übrigen Roheisensorten gelten die nachstehenden Überpreise bzw. Unterpreise:

Überpreis Mark
Qualitäts-Puddeleisen
-,--
Stahleisen rhein.westf.Qualität und Bessemereisen unter 2% Si
3,--
Bessemereisen über 2% Si
5,--
Hematitie
5,--
Giesserei-Roheisen I
4,--
Giesserei-Roheisen III
3,--
Giesserei-Roheisen engl. III 1-1,5 % P
2,--
Mathildenhütter Giesserei-Roheisen
3,--
Spiegeleisen 6/8 % Mn
4,--
Spiegeleisen 8/10 % Mn
7,--
Spiegeleisen 10/12 % Mn
9,--
Spiegeleisen 12/14 % Mn
12,--
Spiegeleisen 14/16 % Mn
15,--
Spiegeleisen 16/18 % Mn
18,--
Spiegeleisen 18/22 % Mn
23,--
Spiegeleisen 22/26 % Mn
27,--
Spiegeleisen 26/30 % Mn
32,--


Sämtliche Preise der vorstehenden Sorten gelten ab lieferndem Werk.
Für die luxemburger (phosphaorbhaltigen) Roheisensorten werden die Preise Frachtbasis Luxemburg festgesetzt, und zwar sollen gegen den Grundpreis folgende Unterpreise gelten:

Unterpreis Mark
Lothr.-Luxembg. Puddeleisen (Puddel III)
8,--
Thomaseisen Mn (mit über 2 % Mn)
4,--
Thomaseisen MM (mit 1,5-1,6% Mn)
4,75
Thomaseisen OM (unter 1% Mn oder ohne Zusatz von Mn)
7,50
Lothr.-Luxembg. Giesserei-Roheisen III
5,--
Lothr.-Luxembg. Giesserei-Roheisen IV
6,--
Lothr.-Luxembg. Giesserei-Roheisen V
7,--


Nach Abzug der jedem Werk nach Massgabe seiner Sortenlieferungen hiernach gutzubringenden Ueberpreise bezw. nach Zuschlag der jedem Werk zu belastenden Unterpreise wird der durchschnittlich erzielte Erlös ab Werk, bezw. Frachtbasis Luxemburg, pro Tonne ermittelt und der Preisausgleich in der Weise vorgenommen, dass jedem Werk für jede Tonne geliefertes Eisen der gleiche Preis ab Werk, bezw. Frachtbasis Luxemburg, verbleibt.”

Eine weitere geldliche Verrechnung war notwendig, um den Ausgleich der Pflicht- und Anspruchabgabe vorzunehmen. Hierüber sagt der § 20 des gleichen Vertrages folgendes:

Die am Schluss des Vertrages aus den Lieferungen und unerledigten Zuweisungen bezüglich der Beteiligung sich ergebenden Pflichten und Ansprüche werden durch Zahlung von Mark 3,00 pro Tonne Pflicht seitens der in Pflicht befindlichen Mitglieder an den Verband ausgeglichen. Der Verband hat diese Zahlung an die in Anspruch befindlichen Mitglieder mit dem gleichen Satze pro Tonne Anspruch weiterzugeben. Damit sind alle Einschädigungsansprüche der Mitglieder erledigt.”

Weiter sah der Verbandsvertrag die Entrichtung einer Umlage durch die Werke zur Deckung der Ausgaben des Verbandes vor, die im § 21 mit M 0,50 p.t Beteiligungsziffer festgelegt war.

In den Büchern des Verbandes waren lediglich die Beträge aus den drei vorgenannten Bestimmungen zu verbuchen. Ausserdem hatten die Mitglieder Sicherheiten zu hinterlegen, deren Verwaltung der Geschäftsführung des Verbandes oblag.

Die Buchhaltung des Roheisen-Verbandes bewegte sich in dieser Zeit, das heisst bis zum 31. Dezember 1911, in den einfachsten Formen; sie bestand lediglich aus den für jedes kaufmännische Unternehmen in Frage kommenden Grundbüchern. Von Finanzgeschäften im wirklichen Sinne des Wortes konnte damals kaum die Rede sein.

Erst im Jahre 1912 begann für den Roheisen-Verband der eigentliche Geldverkehr, nachdem entsprechend der Bestimmungen des neuen Verbandsvertrages einerseits der Verkauf und die Berechnung an die Abnehmer durch den Verband zu erfolgen und andererseits der Verband seinen Mitgliedern gegenüber als Selbstkäufer aufzutreten und diesen die Lieferungen auf Grund besonderer Verrechnungspreise mit späteren Nachzahlungen zu bezahlen hatte. Es handelte sich in der Regel monatlich um etwa 3 - 5 000 Ausgangsrechnungen und eine grosse Anzahl Eingangsrechnungen der Mitglieder, der Spediteure, usw., die einer eingehenden Kontrolle und ordnungsmässigen Verbuchung bedurften. Zu diesem Zwecke wurde beim Verbande eine umfangreiche Abrechnungsabteilung und eine entsprechende Buchhaltungs- und Finanzabteilung eingerichtet. Die Aufgabe der Abrechnungsabteilung war, die Ein- und Ausgangsrechnungen zu prüfen bezw. auszustellen und in Fakturenbücher einzutragen, wobei besondere Aufmerksamkeit der Übereinstimmung der Mengen im Ein- und Ausgang zu widmen war. Weiter hatte die Abteilung Abrechnung die Provision für die inländischen Händlerfirmen und Vertreter zu ermitteln, die Rabatte mit den Abnehmern zu verrechnen und die umfangreichen Gemeinschaftsabrechnungen mit den dem Roheisen-Verband angeschlossenen lothringisch-luxemburgischen Gruppen aufzustellen. Ausserdem lag es ihr ob, die Mengenabrechnungen und statistischen Feststellungen vorzunehmen. Die Gemeinschafts- und Mengenabrechnungen waren zu der damaligen Zeit sehr kompliziert im Hinblick auf die zahlreichen Vorverbandsgeschäfte, die noch für Rechnung der Mitglieder abgewickelt wurden, jedoch im Mengenausgleich zu berücksichtigen waren. Es soll hier davon abgesehen werden, die damalige umständliche Organisation des Abrechnungswesens zu schildern, da in erster Linie beabsichtigt ist, den Geldverkehr einer Betrachtung zu unterziehen.

Die Bearbeitung der Finanzgeschäfte des Roheisen-Verbandes erforderte noch verhältnismässig wenig Mühe, da die Aussenstände zum überwiegenden Teil fristgemäss und, was die Hauptsache ist, in bar eingingen, denn nur rund 20% des Eingangs bestanden in Wechseln und Schecks.

Die Vertreter sammelten die bei ihnen eingehenden Gelder der Kunden an und stellten dem Verband das Guthaben, zum Teil unter eigener Vorlage, bei Fälligkeit zur Verfügung. Die Überwachung der Konten war verhältnismässig einfach, zumal der Verband sich von den Vertretern ausreicherde Sicherheiten hatte geben lassen, deren Werte In der damaligen Zeit wenig schwankten. Ausserdem stand ein ausgezeichnetes Auskunftsmaterial zur Verfügung. Die Entwicklung der Wirtschaft bewegte sich seit Jahren In aufsteigender Linie, sodass bei den vom Verband unmittelbar belieferten Inlandsabnehmern Befürchtungen hinsichtlich Zahlungsfähigkeit kaum gehegt zu werden brauchten. Der Devisenverkehr vollzog sich in geordneter Weise. Kursschwankungen gab es bei den Standard-Währungen kaum, sodass Überraschungen ausblieben.

Wenn auch in den Jahren 1912/1913 infolge der Kriegswirren in den Balkanländern eine vorübergehende Geldmarktanspannung eingetreten war, so herrschte doch bereits 1914 in Deutschland wieder eine grosse Geldflüssigkeit, sodass der Privatbanksatz durchschnittlich 2,8% war und bis zum Juli desselben Jahres volle gesetzmässige Banknotendeckung bestand.

II. Kriegszeit.

Dieses günstige Bild änderte sich mit Ausbruch des Weltkrieges am 1. August 1914. Es trat eine Zahlungs- und Kredit-Krise ein, die jedoch von der Reichsbank bald wieder behoben werden konnte, ohne dass ein allgemeines Moratorium wie in den meisten feindlichen Ländern erlassen

werden musste. Der Reichsbanksatz wurde allerdings bis zu 6 % heraufgesetzt, wobei jedoch zu beachten ist, dass England bis zu einem Satz von 10 % gehen musste.- Durch Gesetz erfolgte die Errichtung von Darlehnskassen, Aufhebung der Verpflichtung zur Einlösung der Noten in Gold, ferner wurden Schatzanweisungen und Reichswechsel als wechselmässige

Deckung zugelassen. Dann kam die Verordnung aber die Geschäftsaufsicht.

Bis in das Jahr 1922 wurden beim Roheisen-Verband die für absehbare Zeit nicht erforderlichen Beträge in Schatzwechseln angelegt und diese bei der Reichsbank deponiert. Von der steten Geldflüssigkeit zeugen die Bilanzen, die verhältnismässig grosse Bankguthaben aufweisen. Erst im Verlaufe des Weltkrieges erforderten die Finanzangelegenheiten eine grössere Aufmerksamkeit, da die schon 1916 stark in Erscheinung tretende Wertverminderung der Mark und die Finanzierung der notwendig gewordenen Roheiseneinfuhr Schwierigkeiten bereiteten.

Durch Vermittlung deutscher und schwedischer Banken wurden Valuta-Anleihen in schwedischen Kronen aufgenommen, für die der Verband Mark-Akzepte geben musste. Die deutschen Banken oder ausländischen Geschäftsfreunde zeichneten diese Abschnitte als

Aussteller. Als Sicherheit wurden vom Verband Kriegsanleihen hinterlegt, deren Höhe 1917 rund RM 12.000.000.-- betrug. Die Kosten dieser Transaktion stellten sich ungefähr auf 6 % Zinsen plus 3 % Provision.

Im zweiten Kriegsjahr 1915 hatte sich mehr und mehr die Zahlungsweise im geschäftlichen Verkehr verschoben, indem die Regulierung fast nur in bar erfolgte. Der Wechselverkehr war bis in das Jahr 1919 fast vollkommen ausgeschaltet, sodass die Bearbeitung des Geldverkehrs hierdurch günstig beeinflusst wurde. Dem steht jedoch gegenüber, dass die Umsätze sich durch die Preiserhöhungen sowie die Geschäfte der während des Krieges errichteten Kriegsgesellschaften (Gussbruchorganisation) von Jahr zu Jahr wertmässig steigerten. Die Umsätze betrugen 1916 RM 260.000.000.-- und 1917 bereits RM 384.000.000.--. Der Eingang an Wechseln und Schecks im Jahre 1916 stellte sich auf 18,4 Millionen oder 7 % und im folgenden Jahre 9,3 Millionen oder 2,5 % des Gesamteingangs. Um die gesteigerten Umsätze auch steuerlich zu erfassen, wurden zur Befriedigung des Geldbedarfes des Reiches eine Reihe Verkehrssteuern und vor allem die Umsatzsteuer eingeführt.

Der Devisenverkehr als solcher war keinen einschneidenden Massnahmen von Regierungsseite unterworfen; es bestand lediglich ein Kapital-Ausfuhrverbot. Erst im Februar 1917 erfolgte eine Kriegs-Devisenvorordnung über den Verkehr mit ausländischen Zahlungsmitteln, die im September 1919 wieder aufgehoben wurde.

III. Erste Nachkriegsjahre.

Mit dem Jahre 1919 begann für die deutsche Wirtschaft eine Zeit fortgesetzter Krisen. Die Schäden der Kriegs-und Nachkriegszeit hatten die Grundlage der Wirtschaft zerstört, und der Vertrag von Versailles behinderte vollkommen den Wiederaufbau. Die Schäden waren verursacht durch den Verlust der Auslandswerte und des grössten Teils des inneren Kapitals; hinzu kam, dass die Finanzwirtschaft des Reiches immer mehr in Verfall geriet, ferner dürfen die Folgen. einer Reihe von Steuergesetzen und vor allem die Entwertung der Mark nicht übersehen werden. Es begann eine Schein-Konjunktur, das Plund Sterling stieg bis zum März des Jahres 1920 auf 350 Mark. Die im April eintretende Besserung der Mark (des Pfund fiel bis zum Juli desselben Jahres auf 150 Mark) führte zu einer Krise, aus der man die Folgerung ziehen zu müssen glaubte, dass eine Besserung der Valuta die Drosselung der deutschen Ausfuhr zur Folge haben würde. In diesem Vierteljahr hatte sich ein regelrechter Käuferstreik herausgebildet; statt Flucht vor der Mark herrschte Flucht vor der Ware.

In jene Zeit fällt auch das Londoner Ultimatum mit der gleichzeitigen Besetzung der Brünkenköpfe Duisburg-Ruhrort, Düsseldorf und Frankfurt a.M.

Nach diesem Ultimatum wurde von Deutschland die Auslieferung von 132 Milliarden Goldmark Schuldverschreibungen abzüglich 5,1 Milliarden für vorherige Leistungen und Abtretungen gefordert. Zur Tilgung dieser Forderung sollte Deutschland jährlich 2 Milliarden Goldmark und 26% des Wertes der deutschen Ausfuhr zahlen. Ferner war als feste Leistung für das erste Halbjahr 1921 eine Milliarde in Gold, Devisen oder Reichsschatzanweisungen sofort zu erlegen. Das Gegenangebot Deutschlands auf Leistung einer Gesamtentschädigung von 50 Milliarden Goldmark unter Anrechnung bisheriger Sachleistungen - abgeliefertes Kriegsmaterial, Reparationslieferungen, Abtretung deutschen Eigentums im Ausland - wurde strikt abgelehnt, und die Verhandlungen endeten in einem Diktat, das unter Protest Deutschlands schliesslich unterschrieben wurde.

Die Londoner Verhandlungen hatten naturgemäss eine grosse Unsicherheit in wirtschaftlicher Beziehung mit sich gebracht, und die Zahlung der geforderter ersten Milliarde Goldmark führte einen völligen Ruin des deutschen Devisenmarktes herbei.

Mit der Abdeckung der durch den Roheisen-Verband im Kriege aufgenommenen Schweden-Anleihen wurde im Jahre 1919 begonnen, und zwar wurden hierzu die hinterlegten

Kriegsanleihen verwandt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Verband das Valuta- und ausserdem noch das Kurs-Risiko für die Kriegsanleihen tragen musste. Um gegen alle

Vorfälle gewappnet zu sein, wurden bedeutende Bankguthaben unterhalten, die Ende 1919 rund 12 1/2 Millionen Mark betrugen. Der Gegenwert der Schweden-Anleihen stand 1918 mit

rund 4,5 Millionen und 1919 mit rund 7 Millionen zu Buch; auf die Kriegsanleihen wurden 1918 etwa 1 Million und 1919 1,7 Millionen Kursverlust abgeschrieben. Die restliche Kriegsanleihe wurde 1920 verkauft und dafür kurzfristige Reichsschätze zu 4 % bei der Reichsbank hinterlegt; sie erreichten Ende 1920 eine Höhe von 30.000.000.-- Mark.

Die Überwachung des Geldeingangs machte bis zu dieser Zeit wenig Sorge, da die Aussenstände überwiegend pünktlich eingingen.

Auch der Devisenverkehr vollzog sich in verhältnismässig einfacher Weise, da die ausländischen Abnehmer, wie es seinerzeit üblich war, fast ausschliesslich in Schecks zahlten. Diese und die bei den Auslandsbanken eingehenden, allerdings geringen Devisenbeträge wurden an Privatbanken oder die Reichsbank verkauft, je nachdem die Unterbringungsmöglichkeit am günstigsten war. Die Abrechnung erfolgte seitens der Banken zum Freiverkehrskurs netto, während die Reichsbank zum amtlichen Berliner Kurs abzüglich Provision und 3-5 Tage Zinsen, je nach dem Land, in welchem die bezogene Bank ihren Sitz hatte, abrechnete. Infolge der verschiedenen Kurse kam es vor, dass mitunter die Reichsbank trotz Abzugs für Zinsen und Provision günstiger war als die Privatbanken und ebenso umgekehrt.

Zahlungen in Valuta an das Ausland waren nur in bescheidenem Masse für Provisionen erforderlich, da Auslandseisen nur noch aus Luxemburg bezogen und in Reichsmark bezahlt wurde.

II. Teil Der Eisenwirtschaftsbund.

Bevor in den Mitteilungen über die Finanzmassnahmen des Roheisen-Verbandes fortgefahren wird, ist es notwendig, sich mit dem Eisenwirtschaftsbund, einer durch Gesetz geschaffenen Institution, zu befassen, da dessen Preisbeschlüsse in der Zeit der Inflation, namentlich der Hochinflation, ausschlaggebend für das ganze Buchungssystem des Roheisen-Verbandes gewesen sind und auch die Finanazdispositionen wesentlich beeinflusst haben.

Die Tätigkeit des WEB stützte sich auf die “Verordnung zur Regelung der Eisenwirtschaft vom 1. April 1920.”

Dies Gesetz gehörte zu den Wirtschaftsgesetzen, die man ebenso wie das Kohlenwirtschaftsgesetz als Sozialisierungsgesetze bezeichnen konnte. Es verdankte seine Entstehung in erster Linie der von dem früheren Reichswirtschaftsminister Wissell bezw. von Möllendorf aufgestellten Planwirtschaft. Die Planwirtschaft als solche wurde seinerzeit abgelehnt, doch ist anzunehmen, dass die Organisation des EWB in ihr die Grundlage gefunden hat. Aufgabe des EWB sollte die Sicherstellung des Inlandsbedarfes an Eisenprodukten und eine Regelung der Eisenpreise sein. Das Gesetz sagt hierzu in seinen wesentlichen Paragraphen:

§ 1.
Zur Regelung der Einsenwirtschaft wird ein Selbstverwaltungskörper gebildet, dem die Rechtsfähigkeit verliehen wird und der die Bezeichnung “Eisenwirtschaftsbund” erhält. Sein Sitz ist Düsseldorf.
§ 3.
Der Eisenwirtschaftsbund wird gebildet aus Vertretern von Erzeugern, Händlern und Verbrauchern, und zwar sowohl von Unternehmern wie von Arbeitnehmern. Als Händler kommen nur Firmen in Frage, die schon vor dem 1. August im deutschen Handelsregister eingetragen waren. Der Eisenwirtschaftsbund hat folgende Organe:
Vollversammlung,
Arbeitsausschüsse,
Vertrauensmann.
§ 4.
Die Vollversammlung besteht aus 70 ordentlichen Mitgliedern, und zwar aus
34 Mitgliedern der Erzeuger
12 Mitgliedern des Handels
24 Mitgliedern der Verbraucher.
Innerhalb dieser drei Gruppen sind Unternehmer und Arbeitnehmer in gleicher Anzahl vertreten.
Für jedes Mitglied kann ein Stellvertreter ernannt werden, der jedoch bei Anwesenheit des ordentlichen Mitgliedes nur beratende Stimme hat.
§ 10.
Die Vollversammlung des Eisentwirtschafsbundes leitet die Eisenwirtschaft einschliesslich der Ein- und Ausfuhr nach gemeinwirtschaftlichen Grundsätzen unter Oberaufsicht des Reiches nach Massgabe “der folgenden Paragraphen “ ….......

Die Gründung des Eisenwirtschaftsbundes erfolgte seinerzeit Hals über Kopf, trotz schwerer Bedenken der Kreise der Witschaft, und ohne Hinzuziehung massgebender Sachverständiger. Der Grund hierfür dürfte wohl ausschliesslich ein politischer gewesen sein. Es war ein Gesetz der Strasse. Eine praktische Notwendigkeit für die Bildung des EWB bestand nicht, denn der damalige Mangel an Eisenprodukten war nur ein scheinbarer, hervorgerufen durch die wahnsinnige Jagd nach Ware, die sich auf allen Märkten zeigte, und die der Angst vor Verlusten aus der Entwertung der deutschen Währung entsprang.

Die zweite Aufgabe, welche sich der EWB gestellt hatte, und zwar die Preisregelung, war gerade in der damaligen Zeit im Hinblick auf die Inflation undurchführbar. Da das ganze Wirtschaftsleben von dem schwankenden Faktor der deutschen Währung abhing, war es einfach unmöglich, dieses in eine starre Preisregelung hineinzuzwängen. Alle Versuche einer einheitlichen Regelung der Eisenpreise mussten selbstverständlich scheitern, weil der Hauptfaktor für die Preisbildung, nämlich eine stabile Währung, nicht vorhanden war.

Wenn schon der EWB vor seiner Gründung in der Presse fast aller Schattierungen grosse Bedenken auslöste, so verstärkte sich die abfällige Kritik immer mehr, als man die Unfähigkeit dieser Einrichtung in ihren Arbeiten erkannte. Von allen Seiten forderte man baldige Beseitigung des Monstrums. Trotzdem hat der EWB nebst seinen Ausschüssen die Tätigkeit bis Anfang 1924 fortsetzen können. Er ging zum Schluss an seiner eigenen Überflüssigkeit zu Grunde.

Von anonymer Seite ist eine Reihe von Äusserungen der Presse und einzelner Persönlichkeiten über ihn gesammelt und in einer Broschüre zusammengestellt worden. Einige der in Rede stehenden Bemerkungen werden auch heute noch von Interesse sein. So schrieben:



1. Kölnische Zeitung unter dem 17. April 1920, Nr. 364:

Schon die Vollversammlung mit ihren 70 Mitgliedern und ebensoviel Stellvertretern stellt ein Monstrum dar. Jedes dieser Mitglieder soll in seiner Person die verschiedensten Interessen vertreten, Erzeuger- Handels- oder Verbraucherinteressen, Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerinteressen, schliesslich auch noch geographische Rücksichten. - Die Hauptarbeit wird den Arbeitsausschüssen aufgebürdet, in die aber auch Nichtmitglieder der Vollversammlung gewählt werden können.”
…...
“Denn eine unerhörte Lähmung und Fesselung eines gewaltigen Gewerbezweiges, eine unverantwortliche Vergeudung von Zeit und Arbeitskraft und Vermehrung der Vielschwätzerei und Vielschreiberei wird das wesentliche Ergebnis dieser Gemeinwirtschaft sein, selbst wenn es dahin kommen sollte, dass auch in diesem Punkte schliesslich die Schiebenden die Geschobenen sein werden.”

2. Düsseldorfer Zeitung unter dem 4. Mai 1920, Nr. 176a:

Es scheint, als ob alle schlechten Eigenschaften des deutschen Volkscharakters zu der Entstehung des jetzt geschaffenen Eisenwirtschaftsbundes mitgewirkt haben. Da ist der Neid, aus dem heraus kein Volksteil, keine Bevölkerungsklasse der anderen einen angeblichen Vorteil gönnt. Auf diesen schlechten Zug in unserem Volkscharakter kann man namentlich die Tatsache zurückführen, dass von vielen Gliedern der deutschen Industrie, die sich gegen Anwendung der Zwangswirtschaft an ihren eigenen Leibe lebhaft wehren die Zwangswirtschaft am Leibe anderer Industriezweige lebhaft gefordert und untertützt, zum mindesten aber mit behaglichem Schmunzeln angesehen wird. Hinzu kommt die Vorliebe und förmliche Wut des Deutschen für Theorie und Rechthaberei. Sie hat dazu geführt, dass wir unsere Kriegsführung “tot organisiert” haben; sie organisiert jetzt unser Wirtschaftsleben gleichfalls zuschanden.
Schliesslich feiert auch die Redewut als weitere schlechte Eigenschaft des deutschen Volkscharakters in dem neuen Bund ihre Orgien. Wir haben noch nicht genug Parlamente und noch nicht genug “Räte” der verschiedensten Art; “im Sumpf der deutschen Rede”, wie ihn der deutsche Dichter treffend bezeichnet, soll nun auch das Wirtschaftsleben ersticken. Jeder Industrielle klagt schon jetzt und wird es demnächst noch mehr tun, über viele Stunden fruchtloser Redereien und lähmender entmutigender Verhandlungen mit den Räten verschiedenster Art, die seine Kraft übermassig in Anspruch nehmen. Nun wird auch die kaufmännische Seite des deutschen Industrielebens die Opfer an Zeit, Arbeit und Kosten verspüren, welche die neue Zeit ihr auferlegt. Zu hoffen ist lediglich, dass der gesunde Kerngedanke einer wirtschafltichen Selbstverwaltung, der in dem jetzigen Monstrum steckt und auch von den Vertretern der Eisenindustrie stets begrüsst wurde, obgleich er jetzt unter einem Wust von Organisationen und Bürokratie fast erstickt ist, nicht ganz zu Grunde geht und dass die deutsche Eisenwirtschaft unter dem ihr auferlegten Zwangspanzer nicht zusammenbricht.”

3. Rhein.Westf.Zeitung unter dem 26. Oktober 1920, Nr 780:

Dies ist das Kriterium der letzten Sitzung (des Eisenwirtschaftsbundes) und wird es bleiben für die kommenden: Diktatur der Arbeitsnehmer anstatt Gemeinwirtschaft” …....
Heute haben wir einen Eisenwirtschaftsbund, der kein Wirtschaftsbund ist, sondern ein Parlament, in dem die Gesichtspunkte des Klassenkampfes ausschalggebend sind” …....

4. Rhein.Westf.Zeitung unter dem 7. Dezember 1920, Nr. 896:

(Das Reichswirtschafsministerium beabsichtigt angeblich gemäss § 11 der Verordnung zur Regelung der Eisenwirtschaft vom 1. April 1920 Liefergemeinschaften zu bilden.) “Man fasst sich unwillkürlich an den Kopf und fragt sich, ob es denn für das Reichswirtschaftsministrerium im gegenwärtigen Augenblick nicht wichtigere Dinge zu tun gibt, asl sich mit der Bildung von Lieferungsgemeinschaften zu befassen, die ausgerechnet einen Inlandsbedarf and Walzeisen sicherstellen sollen; man sucht vergeblich nach einer B eantwortung der Frage, welchen Bedarf es denn sicherzustellen gibt in einer Zeit, wo Werke, Verbraucher und Händler, überhaupt jedermann, der für Walzeisen in Betracht kommt, die Notwendigkeit einer verstärkten Ausfuhr betont, weil eben das Inland nicht aufnahmefähig genug ist.”

5. Düsseldorfer Zeitung unter dem 1. Februar 1921, Nr 53:

Der Eisenwirtschaftsbund wird sich daher bei seinen gegen Ende Februar dieses Jahres stattfindenden Beratungen die Frage vorzulegen haben, ob es nicht das beste ist, von Preisfestsetzungen überhaupt abzusehen und die Preisbildung dem natürlichen und unverrückbaren obersten Wirtschaftsgesetz von dem Angebot und der Nachfrage zu überlassen” …...............

Dies ist nur eine kleine und im Inhalt stark verkürzte Auslese der damaligen Presseäusserungen. Einen entgegengesetzten Standpunkt vertrat die Mehrzahl der rot und rosa gefärbten Arbeiterzeitungen, welche in dem EWB eine Stufe zum Kommunismus und ein Instrument sahen, mit dem sie die verhasste Schwerindustrie unter ihren ausschliesslichen Einfluss zwingen zu können glaubten.

In Wirklichkeit hat der EWB weder den Eisenerzeugern und den Eisenverarbeitern noch irgendiw sonst der deutschen Volkswirtschaft genutzt.

Im Roheisen-Verband hat man leider Gelgenheit gehabt, die Tätigkeit des von dem EWB gebildeten Roheisenaussschulsses am eigenen Leibe zu verspüren. Er bildete nur ein Hindernis für die Fortführung der bisherigen massvollen und lkaren Preispolitik des Roheisen-Verbandes. Dem EWB ist es nicht möglich gewesen, ein Mittel zu finden, die Preisverhältnisse in bessere Bahnen zu lenken, denn die langwierigen Verhandlungen im Roheisenausschuss des EWB konnten lediglich eingene Interessen der Beteiligten und Misstrauen zum Ausdruck bringen. Aus allen Sitzungen - 63 an der Zahl - ist keine einzige Preisvereinbarung hervorgegangen, die als endgültig, wenn auch nur für die Dauer von einigen Tagen, zu betrachten gewesen wäre. Das eine Mal fehlte dieser, das andere Mal jener Faktor, der für die endgültige Preisfestsetzung notwendig war, sodass kaum jemals eine Preisvereinbarung ohne einen oder mehrere Vorbehalte zustand kam, z.B.

Kursklausel (Erze)
Koksklausel
Eisensteinklausel
Schmelzkostenklausel (Löhne).

Keine dieser Preisbeschlüsse hat, nebenbei gesagt, infolge der Inflation seine ursprünglich beabsichtigte Wirkung ausgeübt.

Die Zwangswirtschaft auf dem Gebiete der Eisenregelung hat fast ein ebenso grosses Fiasko erlitten wie die Nachkriegsgemeinschaft in anderen Produkten. In der Regel führte die Zwangswirtschaft zu einer Verheimlichung und Verschiebung von Waren in unermesslichem Umfange, wenn sie nicht sogar ganz vom Markte verschwanden. Sie kamen dann durch die Hände von Schiebern auf Schleichwegen zu unerschwinglichen Preisen nach einiger Zeit wieder zum Vorschein.

Wenn diese Misstände sich beim Roheisen nicht gezeigt haben, so lag dies ganz allein an der trafffen und vorbildlichen Organisation des Roheisen-Verbandes, die einen Schleichhandel unmöglich machte, und nicht etwa an der Tätigkeit und Tüchtigkeit des EWB.

Das nächste Kapitel soll ein Stimmungsbild davon geben, wie der EWB bezw. der von ihm gebildete Roheisen-Arbeitsausschuss tatsächlich arbeitete. Nach mehr als zehn Jahren kann man wohl davon absehen, die Einrichtung mit ihren schädigenden Wirkungen ausschliesslich von der ernsthaften Seite zu betrachten.

III. Teil Der Parlamentarismus im Roheisen-Arbeitsausschuss des Eisenwirtschaftsbundes.

[ eine Seite herausgerissen, auf der auch dieser Titel war, der aus dem Inhaltsverzeichnis entnommen wurde ]

In der Vorkriegszeit war es üblich, dass der Roheisen-Verband, wie jedes andere kaufmännische und industrielle Unternehmen für seine Waren, die Preise für das zum Verkauf gelangende Roheisen selbst festsetzte. Der Hergang war ein höchst einfacher. Herr Dr. Klotzbach, der damalige Geschäftsführer des Roheisen-Verbandes, liess seine Verkaufsprokuristen kommen, und im Verlauf von 10 bis 20 Minuten setzte man die Verkaufspreise für alle Roheisensorten fest, die dann in der Hauptversammlung meistens ohne jede Aenderung genehmigt wurden. Bestimmend für die Höhe der Preise waren diejenigen der ausländischen Konkurenz, die Selbstkosten, die Schrottpreise und die Preise für andere Eisenprodukte.

Diese Regelung wurde während des Krieges beibehalten und auch in den ersten Jahren nach Beendigung des Krieges als selbstverständlich weiter geübt. Während des Krieges hat der Roheisen-Verband grosse nationale Aufgaben mit Beziehung auf die mittelbare Versorgung des Heeres mit Kriegsmaterial zu erfüllen gehabt. Weder vor dem Kriege und während des Krieges noch nachher wurde von irgendeiner Seite die Preispolitik des Roheisen-Verbandes als anfechtbar bezeichnet. Im Gegentgeil hatte der Roheisen-Verband den Ruf, stets eine massvolle, vernünftige und den jeweiligen Verhältnissen angepasste Preispolitik zu betreiben.

Dieser einfache und selbstverständliche Weg der Preisfestsetzung war infolge der Gründung des Eisenwirtschaftsbundes in Deutschland nach dem Kriege nicht mehr möglich. Die Preisfestsetzung wurde vielmehr vom EWB einem besonderen Ausschuss mit der Bezeichung “Roheisen-Arbeitsausschuss” übertragen. So einfach das Gesetz zur Regelung der Eisenwirtschaft aussah, so verheerend war die Tätigkeit der darauf fussenden Organisationen.

Der Roheisen-Arbeitsausschuss wurde, genau wie der Eisenwirtschaftsverbund selbst, als ein Produkt mit einem riesigen Wasserkopf geboren. Er vertrat von Anfang an den Standpunkt, warum einfach, wenn es auch kompliziert zu machen ist.

Der Roheisen-Arbeitsausschuss setzte sich aus den verschiedensten Gruppen der Wirtschaft und Beauftragten der Behörden zusammen. Es waren u.a. in ihm vertreten:

besondere Vertreter des Eisenwirtschaftsverbundes, prominente Persönlichkeiten der Reichsregierung, das preussische Ministerium für Handel und Gewerbe, das Reichskommissariat für die Eisenwirtschaft und das Reichsbankdirektorium.

Die Anzahl der Vertreter des Reichswirtschaftsministeriums belief sich auf 15, während vom Reichskommissariat für die Eisenwirtschaft 5 Beamte an den verschiedenen Sitzungen teilnahmen. Es waren darin vertreten Ministerialdirektoren, Ministerialräte, Doktoren, Geheimräte, Leute von Adel und aus der bürgerlichen Gesellschaft, Revisoren und sonstige Beamte des Reichswirtschaftsministeriums.

Aber die Vertreter dieser staatlichen Einrichtungen genügten allein noch nicht, um den Hämatitpreis, die Preise für Giesserei-Roheisen und Stahlroheisen festzulegen, da sie selbst von diesen Dingen wenig verstanden. In erster Linie brauchte man natürlich die Vertreter der Eisen schaffenden Industrie sowie der Verbraucher-Unternehmer.

Beide Kategorien waren in den Verhandlungen denn auch stark vertreten durch Generaldirektoren, Direktoren, Doktoren, usw. So belief sich die Zahl der Mitglieder der Erzeuger-Unternehmer und deren Stellvertreter auf etwa 15 - 20. Die Anzahl der Vertreter der Verbraucher-Unternehmer und deren Organisationen, Giessereiverband usw., betrug nicht weniger als 14. Ausserdem wurden die Interessen der Handels-Unternehmer von verschiedenen Herren wahrgenommen.

Um dieses Roheisen-Parlament unnötigerweise zu vervollständigen, waren weiter vertreten die Erzeuger-Arbeitnehmer, ferner die Handels-Arbeitnehmer und Verbraucher-Arbeitnehmer. Die Anzahl der Arbeitnehmer-Vertreter und Stellvertreter belief sich auf 54. Sie gehörten den verschiedensten politischen Richtungen und Arbeiterverbänden an, wie dem Hirsch-Dunckerschen, dem Metallarbeiterverband und den christlichen Gewerkschaften. Dieses wie oben geschilderte Gremium wäre natürlich nicht arbeitsfähig gewesen, wenn nicht auch die Geschäftsführung des Roheisen-Verbandes sich zwangsläufig an den Verhandlungen hätte beteiligen müssen.

Mit Rücksicht auf die ausserordentlich interessante und für den Bestand Deutschands wichtigen Aufgabe, den Roheisenpreis festzulegen, ging es natürlich nicht ohne die nötigen Zaungäste ab, die sich in erster Linie davon überzeugen sollten, mit welcher Tatkraft in diesem Parlament um die einzelnen Klauseln gekämpft wurde, wie vor allen Dingen die verschiedenen Gruppen der Arbeitnehmer in stundenlangen Debatten ihren Standpunkt über den jeweilig festzusetzenden Roheisenpreis darlegten. Die Arbeitnehmer waren am meisten bemüht, so schien es, ihren Eifer dafür einzusetzen, dass der Rohesein-Verband auch den “richtigen” Preis für sein Roheisen erhielt. In Wirklichkeit waren die Vertreter der einzelnen Arbeitnehmerverbände aus politischen Gründen nur darauf bedacht, dass sie den anderen Konkurrenzverbänden gegenüber in nichts nachstanden; so ergab es sich bei den Verhandlungen, dass oft eine unsinnige Forderung die andere geradezu überbot.

Die Anzahl der Gäste belief sich in den einzelnen Sitzungen auf 20 bis 50.-

Aus dem ganzen Vaterlande strömten die Teilnehmer zusammen, von Nord und Süd, von Ost und West, erst nach Essen, später, als unsere Büros verlegt wurden, nach Hannover. Sie kamen von Berlin, Stuttgart, Lübeck, Oberhausen und Gelsenkirchen, aus Bayern, aus Sachsen, aus dem Siegerland und anderen Gebieten. Die Sitzungen dauerten immer länger, und der Ausschuss tagte in der Zeit der Inflation fast in Permanenz. Wiederholt war es nicht möglich, die wenigen Roheisen-Standardpreise in einer Zeit von vomrittags 8 Uhr bis nachts 2 Uhr festzusetzen. Man war deshalb gezwungen, noch den folgenden Tag für die Besprechung hinzuzunehmen, und so ist es einmal vorgekommen, dass 48 Stunden von dem riesigen Parlament benötigt wurden, um die für die folgenden 8 Tage gültigen Roheisenpreise zu ermitteln.

In der Ausschuss-Sitzung vom 2.11.1922 fühlte sich der damalige Vorsitzende des Verbandes, Herr Dr. Bruhn, veranlasst, die Versammlung mit folgenden Worten ernstlich zu ermahnen, praktische Arbeit zu leisten:

Dieser erste Punkt wäre erledigt. Aber nur der erste. Es naht die 24. Stunde, in der wir über die Preisfragen beraten; zu diesem Zwecke mussten wir zweimal aus allen Gauen Deutschlands zusammenkommen. Während wir hier lange Reden halten, geht das Wirtschaftsleben zur Tagesordnung über. Gegen den Strom können wir nicht schwimmen. Wir wollen unseren Willen zusammennehmen und uns schneller einigen. Wohin kommen wir denn? Heute morgen haben die Herren den Nachweis geführt, dass die Werke wesentliche Verluste erleiden, wenn die Preise für 10 Tage gelten. Wir haben mit einem Pfundkurs von 19 000 gerechnet. Heute beträgt er 24 400. Das ist eine Differenz von 5 400 Punkten mal 2,56 und ein Unterschied von M 14 600.- pro Tonne Roheisen. Bei einer Erzeugung von 1000 t pro Tag hat ein Werk einen Verlust von 14,6 Millionen Mark. Stellen Sie sich das bitte auf 10 Tage vor! Wie können Sie verlangen, dass wir noch weiter arbeiten? Dann werden die Werke auf Lager blasen und uns was blasen. Sie treiben uns, die wir Ihnen Vertrauen entgegengebracht haben und das von Ihnen auch erwiedert worden ist, Sie treiben uns in das Lager derjenigen, die gegen den ganzen Zwang der Zwangswirtschaft ankämpfen. Treiben wir keine Theorie, sondern seien wir praktisch, sonst gehen wir alle zugrunde.”

Da das Kind, wie beschrieben, einen Wasserkopf hatte, war dieser Körperteil nicht geeignet, die jeweils “richtige” Lösung zu finden. Meist wurde deshalb das Ziel durch erhöhte Inanspruchnahme des engegengesetzten Körperteils erreicht. Ein Teil der Anwesenden wollte durch derartige Kraftleistungen ungedingt seine Existenzberechtigung beweisen. Die Arbeitnehmervertreter waren zum Teil von der Wichtigkeit ihrer Arbeit innerlich erfüllt, abgesehen davon, dass die Höhe der Diäten sich natürlich nach der Länge der Sitzungen richtete.

Die Produkte, die diese Institution als Preise herausgab, entsprachen ganz ganz der Art ihrere Entstehung.

Der Unbefangene möge nicht annehmen, dass die Preisfestsetzung ohne jede Vorbereitung im besagten Roheisen-Arbeitsausschuss zur Verhandlung gelangt wäre. Im Gegenteil bedurfte es langwieriger und zeitraubender Vorverhandlungen. Es fanden zunächst Besprechungen statt zwischen der Geschäftsführung des Roheisen-Verbandes und den Erzeuger-Unternehmen, sodann Aussprachen zwischen der Geschäftsführung, den Erzeuger-Unternehmen und den Verbraucher-Unternehmen. Diesen Besprechungen schlossen sich dann meistens langwierige Unterhaltungen mit den Vertretern der Reichs- und Landesregierung an. Nebenher fanden Sitzungen der Verbraucher-Unternehmer untereinander statt, denen meistens Besprechungen zwischen Verbraucher-Unternehmern und der Reichsregierung folgten. Die Arbeitnehmer, die infolge der Zugehörigkeit zu den verschiedensten Verbänden untereinander uneins waren, verhandelten in besonderen Räumen stundenlang, um eine einheitliche Grundlage für die Vorschläge zu finden, welche sie in der Hauptversammlung machen wollten. Es kam natürlich vor, dass die Herren sich untereinander nicht verständigen konnten. Sie gingen dann mit verschieden gelagerten Ansichten in die Hauptversammlung, was natürlich nicht einer Vereinfachung der Besprechungen diente. Dann wurde es notwendig, dass die Vertreter der Reichsregierung mit den Arbeitnehmern nochmals besonders verhandelten.

Wenn nun alle diese “vorbereitenden” Besprechungen ihr Ende erreicht hatten, fand die oben schon zum Teil geschilderte Hauptverhandlung des Roheisen-Arbeitsausschusses statt. Dutzende von Wortmeldungen erfolgten mit anschliessenden “wichtigen” Reden, die kein Ende nehmen wollten. Infolge dieser Reden wurde meistens ein Durcheinander von Begriffen geschaffen, aus dem kaum jemand einen Ausweg finden konnte. Nach einigen Stunden war der Karren meistens festgefahren. Um ihn wieder flott zu machen, wurden Einzelbesprechungen der verschiedenen Kategorien von Beteiligten wieder aufgenommen, und man versuchte, eine Verständigung über einzelne Punkte der Preisfestsetzung herbeizuführen. Letzten Endes wurden dann die Verhandlungen durch Preisbeschlüsse gekrönt, die an Kompliziertheit nichts zu wünschen übrig liessen und die im Jahre 1923 infolge der überaus schnell fortschreitenden Inflation meistens nicht länger als 8 - 10 Tage Gültigkeit haben konnten. Dann musste der Roheisen-Arbeitsausschuss des Eisenwirtschaftsbundes von neuem einberufen werden, und das ganze Theater begann von vorn.

Der Verfasser hat damals das zweifelhafte Vergnügen gehabt, an diesen Besprechungen regelmässig teilnehmen zu müssen, um das Produkt der Beschlüsse im Büro des Roheisen-Verbandes in die Praxis umzusetzen. Das war keine leichte Aufgabe. Zunächst änderten sich die Preise fast von Monat zu Monat, dann von Dekade zu Dekade und später von Woche zu Woche; ausserdem waren die Preisbeschlüsse in den Einzelheiten alle verschieden und die Preise mit den kompliziertesten Klauseln versehen. Die Ausstellung der Rechnungen, die vorher monatlich erfolgte, war wöchentlich notwendig geworden. Die Preise liefen in den Rechnungen durcheinander, je nach Liefertag, die Anzahl der Rechnungen nahm zu und stieg in den verschiedenen Monaten auf 8 - 10 000 Stück. Die Händlerfirmen verstanden die einzelnen Preise nicht mehr, am allerwendigsten aber konnten sich die Verbraucher von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Berechnungen ein Bild machen. Die beschlossenen Preise waren natürlich durch die täglich fortschreitende Inflation trotz aller Klauseln häufig am nächsten Tag überholt, jedenfalls oft schon am Tage der Lieferung und erst recht am Tage der Bezahlung der Rechnungen wiedersinnig geworden. Die Preise für die einzelnen Dekaden und Wochen wurden durch die Inflation gegenseitig in ihrem Wert vollkommen verschoben und entstellt. Am Tage der Bezahlung der Rechnungen durch die Abnehmer sollten die Geldbeträge gegen die noch offenen Rechnungen der einzelnen Verbraucher verrechnet werden; infolge der Markentwertung und der Auswirkung der jeweils verschiedenen Preisklauseln war aber eine ordnungsmässige Verrechnung fast unmöglich.

Man darf nun nicht annehmen, dass der Eisenwirtschaftsbund schikanös veranlagt gewesen wäre und die verklausulierten Preisbeschlüsse nur gefasst hätte, um die Beamten des Roheisen-Verbandes zu ärgern, die allmählich bei der Berechnung der Lieferungen und Verbuchung der Zahlungen den Verstand verlieren mussten. Nein, das kann dem EWB bestimmt nicht nachgesagt werden, wenn er auch letzten Endes mit die Ursache der Erschwerungen war. Da die Roheisenpreise selten endgültig feststanden, mussten nämlich mit allen erdenklichen Mitteln Hilfsbuchungen vorgenommen werden, um überhaupt ein Bild über die gesamte Abrechnung und Buchhaltung zu erhalten.

Nur in einem Punkte war der Eisenwirtschaftsbund einfach und klar. Dies war bei der Festsetzung der Diäten für die anwesenden Arbeitnehmer der Fall. Mit innerlicher Freude, welche die meisten nicht verbergen konnten, nahmen sie die Papierscheine und später die noch beliebteren Dollarschatzanweisungen für ihre hervorragende Tätigkeit entgegen. Ein Arbeitnehmervertreter konnte in Hannover nicht bis zur Beendigung der Sitzung warten, sondern flüsterte dem Schreiber dieser Historie während der Hauptverhandlung zu: “Herr Generalsekretarius, wann bekommen wir das Geld?”, worauf dieser ihm sofort seine Dollarschatzanweisungen aushändigte. Der Mann verlor hierauf sofort das Interesse an dem weiteren Verlauf der Verhandlung und verliess schleunigst die Sitzung.

Die Sitzungen des Roheisenausschusses nahmen trotz allem einen sehr ruhigen Verlauf und bewegten sich in konzilianten Formen. Die Arbeitnehmervertreter waren, wie die übrigen Teilnehmer, im allgemeinen besonnene und ruhige Leute.

Eine Ausnahme bildete nur der Arbeitersekretär Schliestedt, Mitglied des Vortandes im Metallarbeiterverband Stuttgart. Mit diesem Herrn war nicht gut Kirschen essen. Er war ein politischer Fanatiker und machte schon äusserlich den Eindruck eines Revolutionärs und Barrikadenkämpfers. Er war klein und schmächtig, trank keinen Alkohol und rauchte nicht. Dagegen machte er bei jeder auftauchenden Frage Schwierigkeiten und brachte es fertig, stundenlang über unwichtige Dinge “Wichtiges” zu reden. Er war vom Geiste der Organisation durchdrungen, das heisst, dem des Metallarbeiterverbandes, den er vertrat und dessen Organ, die Metallarbeiterzeitung, unter anderem in einem unter dem 21. August 1920 erschienenen Artikel sich über den Eisenwirtschaftsbund wie folgt ausliess:

Die Preisgestaltung in der Eisenindustrie muss aus den Dunkelkammern der Unternehmerkonventikel herausgeholt und in das volle Tageslicht der Oeffentlichkeit gerückt werden. Das Kontroll- und Mitbestimmungsrecht auf diesem Gebiete hat das Gesetz den Betriebsräten vorenthalten, auf dem Wege über den Eisenwirtschaftsbund werden wir den Kampf dafür aufnehmen und diese füllbare Lücke ausfüllen.”

Der Vorwurf, dass wir den Wirtschaftsfrieden störten, rührt uns nicht. Was Frieden! Zwischen den Klassen gibt es keinen Frieden, kann es keinen Frieden geben. Kampf heisst das Losungswort bis zur Beseitigung der privaten Profitwirtschaft.”

Am meisten zu Bedauern war damals Herr Klotzbach, auf den fast die ganze Last der Verhandlungen ruhte, und der an manchen Tagen allein 5 - 6 Stunden zu reden hatte, um die vielen Parteien zu überzeugen und ihnen die zum grössten Teil undurchführbaren Gedanken auszureden.

Um einen sachlichen und unwiederlegbaren Beweis für die Arbeitsweise des Eisenwirtschaftsbundes zu geben, ist diesen Ausführungen eine Reihe von Abschriften der Original-Protokolle des Roheisen-Arbeitsausschusses beigefügt. Sie dürften als Spiegelbild der damaligen Verhältnisse auch heute noch von Interesse sein.

Dem Leser wird es überlassen, diese Protokolle einem Studium zu unterziehen. Er wird verstehen, was die Beschlüsse des hohen Hauses bedeutet haben und welche Wirkung sie auf die bedauernswerten Menschen ausüben mussten, die mit ihnen in der Praxis zu arbeiten hatten.

Man überlege einmal, was für eine Belastung allein die verschiedenen Vorbehaltsklauseln auf die kalkulierenden, berechnenden, verbuchenden und später kassierenden Beamten bedeuteten, wie z.B. die Frachtklausel, die einmal ihre Auswirkung in den Franko-Roheisenpreisen hatte, zum andern Mal aber auch einen Faktor in der Selbstkostenberechnung und der jeweiligen Feststellung des Roheisenpreises darstellte.

Wenn man die nachfolgende Aufstellung über die seinerzeitige Frachtverrechnung durch die Eisenbahn einer eingehenden Prüfung unterzieht, wird man sich über die angeschnittene Frage ein Bild machen können. (S. 50)

Wer Zeit findet, sich mit diesen Fragen einmal eingehender zu beschäftigen, kann ermessen, welcher Ordnung und Organisation es bedurfte, um all’ diese vielen Dinge, di der steten Aenderung und dem dauernden Wechsel unterlagen, geschäftlich zu verwerten.

Für die Mitglieder des Eisenwirtschaftsbundes wäre keine Strafe gerechter gewesen als die, dass man sie nur einen Monat in die Abrechnung, Buchhaltung oder die Finanzabteilung des Roheisen-Verbandes verbannt hätte, damit sie selbst die Auswirkungen ihrer Beschlüsse hätten geniessen können. Kein Zweifel kann darüber bestehen, dass die nächsten Beschlüssse des Eisenwirtschaftsbundes eine Rückkehr zur Einfachheit, Klarheit und Vernunft gewesen sein würden.

Nun wäre beinahe vergessen worden, noch eine wichtige Frage zu behandeln. Diese Frage lautet: Wer hatte die durch die Tätigkeit des Eisenwirtschaftsbundes entstehenden Kosten zu tragen? Die Einrichtung war durch Gesetz geschaffen und sollte den Zweck haben, der Gesamtheit des volkes zu dienen. Ein Unbefangener könnte deshalb zu der Auffassung kommen, dass auch die Gesamtheit des Volkes, d.h. der Staat, die nicht unbeträchtlichen Kosten aufgebracht hätte. Eine derartige Ansicht würde jedoch fehl gehen. Ausdrücklich war im Gesetz verankert, dass nicht der Staat, sondern der Roheisen-Verband die gesamten Unkosten zu tragen hatte.

Nach Klärung dieser Frage könnte man vielleicht denken, dass der Roheisen-Verband die Stelle gewesen wäre, welche zum mindesten die Höhe der Diäten bestimmt hätte. Aber auch diese Ansicht wäre unrichtig. Die Diäten wurden in er Hauptversammlung des Roheisen-Arbeitsausschusses festgelegt. Mitbestimmend für die Höhe des Vergütungen waren die Mitglieder des Roheisen-Arbeitsausschusses selbst, welche die Diäten empfingen.

Durch die schon einmal erwähnten Protokolle wird diese Behauptung in nicht zu wiederlegender Weise bestätigt. in den Protokollen ist auch jeweils die Höhe der Diäten erwähnt. So betrugen diese im November 1922, wie es wörtlich heisst:

für die Teilnahme an den Sitzungen

a) mit Uebernachten

PM

3.000,-

(=GM 1,80)

b) ohne Uebernachten

PM

2.000,-

(=GM 1,20)

In der Sitzung vom 2. Mai 1923 wurden die Sätze wie folgt festgelegt:

a) mit Uebernachten

PM

25.000,-

(=GM 3,50)

b) ohne Uebernachten

PM

16.000,-

(=GM 2,25)

Im Juli desselben Jahres betrugen sie:

a) mit Uebernachten

PM

50.000,-

(=GM 2,95)

b) ohne Uebernachten

PM

40.000,-

(=GM 2,35)



Die hier neben den Papiermarkbeträgen erwähnten Goldmarkbeträge sind selbstverständlich seinerzeit nicht festgelegt worden. Sie sind nur des Vergleichs wegen in dieser Schrift mitaufgeführt worden.

Die Sätze erscheinen sehr niedrig. Man könnte beinahe den Eindruck bekommen, als ob durch besonders geringe Spesen das Interesse an der Wahrnehmung der Sitzungen geschmälert werden sollte. Diese Auffassung wäre aber nicht richtig, denn die genannten Spesen waren ausserordentlich hoch im Vergleich zu den damaligen Lebenshaltungskosten und den tatsächlichen Aufwendungen der Mitglieder, denen die Spesen zu vergüten waren.

Auch diese Behauptung soll nicht ohne eine korrekte Nachweisführung in die Welt gesetzt werden. Die Ausgaben der Teilnehmer setzten sich, wie dies immer der Fall ist, aus den Auslagen für die Eisenbahnfahrt, für Verpflegung und Uebernachten zusammen. Die Fahrpreise bei der Eisenbahn waren jedoch in den Jahren 1922 und 1923, in Gold gerechnet, besonders niedrig, weil die Eisenbahn nicht in der Lage war, ihre Tarifsätze dem jeweiligen Kurse der deutschen Währung laufend anzupassen und die Markschwankungen fortgestzt zu berücksichtigen. Auch die gegen Ende der Inflation eingeführten Grundtarife der Eisenbahn konnten den tatsächlichen Verhältnissen nicht Rechnung tragen. So kam es, dass der Fahrpreis 3. Klasse für 500 km, also für eine Strecke von Essen bis Berlin, in Gold gerechnet, im Oktober 1922 insgesamt GM 0,31 betrug. Im November stieg der hohe Fahrpreis auf GM 0,37, im Dezember auf GM 0,77, um im Januar 1923 wieder auf GM 0,26 zu fallen. Die Fahrtkosten 3. Klasse beliefen sich für die gleiche Strecke in der ersten Hälfte August 1923 auf GM 0,34. Hier ein anderes Beispiel: Der Fahrpreis für eine Eisenbahnfahrt 4. Klasse von Duisburg bis Koblenz betrug zeitweise ganze GM 0,06. Obgleich die Eisenbahnfahrpreise sonst mit dem zur Behandlung stehenden Thema nichts zu tun haben, ist dieser Betrachtung über den Eisenwirtschaftsbund hinter den Protokollen eine Tabelle mit den Eisenbahnfahrpreisen für den Personenverkehr lediglich zur Charakterisierung der damaligen Zeitverhältnisse beigefügt.

Einen weiteren Beweis für die Angemessenheit der Spesensätze ergeben die in Abschnitt VI behandelten Gehälter der Angestellten dies Roheisen-Verbandes, die sich im übrigen auch mit den Gehältern bei anderen Unternehmen deckten. Wie aus den Darlegungen in diesem Abschnitt hervorgeht, war das Durchschnitts-Monatseinkommen eines Angestellten des Roheisen-Verbandes zeitweilig bis auf GM 27,- gefallen. Das Durchschnittsgehalt der 150 Angestellten des Roheisen-Verbandes einschliesslich der Prokuristen belief sich im Jahre 1922 auf Goldmark 48,36 monatlich.

Wenn also die Sätze der Eisenbahn in der Entwicklung gegenüber der Markentwertung stark zurückblieben, so waren auch die Kosten für Uebernachten und Verpflegung relativ niedrig und beliefen sich, bezogen auf einfachere Verhältnisse, zeitweise noch nicht auf eine halbe Goldmark täglich.

Nach diesen Ausführungen über den Eisenwirtschaftsbund muss man der Deutschen Werkmeister-Zeitung unbedingt Recht geben, wenn sie sich über den Eisenwirtschaftsbund wie folgt äussert:

Wiederholt wurde von unserer Seite auf die Wichtigkeit dieses Selbstverwaltungskörpers hingewiesen, insbesondere die Zusammensetzung dieses wirtschafltichen Parlaments beleuchtet, sodass alle Verbandskollegen und Leser der Zeitung hierüber unterrichtet sind. Der Eisenwirtschaftsbund ist nicht nur für unsere Wirtschaft, sondern für unsere ganze Volkswirtschaft von so eminenter Bedeutung, dass man noch viel mehr das allgemeine Augenmerk auf diese Körperschaft richten muss.”

Ein englisches Sprichwort sagt:

Truth is stranger than fiction.” [Mark Twain – Anmerkung des Herausgebers]

Zu erwähnen wäre zum Schluss noch, dass nicht sämtliche Vertreter des Roheisen-Arbeitsausschusses gleichzeitig an allen Sitzungen teilgenommen haben. Immerhin waren in einer Ausschuss-Sitzung einschliesslich der Gäste selten weniger als 100 Herren anwesen.

IV. Teil Niederschriften über einige Sitzungen des Roheisen-Arbeitsausschusses des Eisenwirtschaftsbundes.

Eisenwirtschaftsbund Düsseldorf

Niederschrift über die 22. Sitzung des Roheisen-Arbeitsausschusses am Mittwoch, den 29. November 1922, nachmittags 5 Uhr, in Essen, Hotel Kaiserhof.

Zu der heutigen Sitzung des Roheisen-Arbeitsausschusses ist seitens des Roheisen-Verbandes mit Schreiben vom 18. November d.J. eingeladen worden.

Erschienen sind die auf der anliegdenden Liste verzeichneten Herren.

Tagesordnung

1a. Ersatzwahl für das stellvertr. Mitglied in der Gruppe Handels-Arbeitnehmer, Herrn Fritz Carlow, Gelsenkirchen. Vom Gesamtverband Deutscher Angestellten-Gewerkschaften, Berlin-Wilmersdorf, wird Herr Erich Feger, Essen, Viehoferstr. 28, als Ersatz vorgeschlagen.

2. Besprechung der Preisfrage.

3. Etwa sonst Vorliedgendes.

Die Verhandlungen leitet Herr Dr. Bruhn.

Mit der Teilnahme der anwesenden Gäste ist der Ausschuss einverstanden.

Die Beschlussfähigkeit der Versammlung durch Verlesen der Anwesenheitsliste wird festgestellt.

Vor Eintritt in die Tagesordnung erlkärt sich auf Vorschlag des Herrn Vorsitzenden der Ausschuss damit einverstanden, dass die Tagesordnung um folgende Punkte ergänzt wird:

1b. Ersatzwahl für das ordentliche Mitglied in der Gruppe Verbraucher-Unternehmer, Herrn Baurat Toltz, Berlin-Lichterfelde. Vom Deutschen Lokomotiv-Verband wird das bisherige stellvertretende Mitglied in der Gruppe Verbraucher-Unternehmer, Herr Direktor Gerhardt, Kassel, als Ersatz vorgeschlagen.

1c. Ersatzwahl für das stellvertretende Mitglied in der Gruppe Verbraucher-Unternehmer, Herrn Direktor Gerhardt, Kassel. Vom Verein Deutscher Waggonfabriken G.m.b.H. Charlottenburg, wird Herr Geheimrat Schrey, Charlottenburg, als Ersatz vorgeschlagen.

1d. Erhöhung der Tagegelder.

Es wird wie folgt verhandelt:

1a) Auf Vorschlag des Gesamtverbandes Deutscher Angestellten-Gewerkschaften, Berlin, wird für Herrn Fritz Carlow, Gelsenkirchen,

Herr Erich Feger, Essen, Viehoferstrasse 28,

als stellvertretendes Mitglied in der Gruppe Handels-Arbeitnehmer gewählt.

1b) An Stelle des Herrn Baurat Toltz, Berlin-Lichterfelde, wird

Herr Direktor Gerhardt, Kassel,

als ordentliches Mitglied in der Gruppe Verbraucher-Unternehmer gewählt.

1c) Als Ersatz für Herrn Direktor Gerhardt, Kassel, wird

Herr Geheimrat Schrey, Charlottenburg,

als stellvertretendes Mitglied in der Gruppe Verbraucher-Unternehmer gewählt.

1d) Auf Antrag der Arbeitnehmervertreter wird beschlossen, die Tagegelder mit Wirkung vom 29. November ab, vorbehaltlich der Genehmigung der Vollversammlung bezw. des Inlandausschusses, wie folgt festzusetzen:

Für Teilnahme an den Sitzungen

a) mit Uebernachten

M

3 000.--

(= Goldmark 1,80)

b) ohne Uebernachten

M

2 000.--

(= Goldmark 1,20)

c) für ortsansässige
Mitglieder f. ½ Tag

M

1 00.--

(= Goldmark 0,60)

2) Nach eingehender Aussprache wird beschlossen, die für das vierte Viertel November festgesetzten Höchstpreise für Lieferungen ab 1. Dezember d.J. wie folgt zu ändern:



1. Der Höchstpreis für Siegerländer Stahleisen soll für den Monat Dezember in der Weise festgelegt werden, dass er jeweils M 1 000.- unter dem Preis des cu-armen Stahleisens bleibt.

Der Höchstpreis für Spiegeleisen mit 9/10 % Mn soll jeweils M 8 960.-- p.t über dem Preis des Siegerländer Stahleisens liegen.

Die Preise des Siegerländer Zusatzeisens sollen entsprechend der Aenderung der Stahleisenpreise nach den bisherigen Grundsätzen berechnet werden. Die Preisspanne zwischen weissem, meliertem und grauem Eisen wird auf M 1 000.-- statt M 200.-- festgesetzt.

2. Auf Grund der Frachtklausel erhöhen sich die Preise wie folgt:



Hämatit

cu-armes Stahleisen

Temper-Roheisen

Ferro-Silizium

M

7 050.--

Giess.-Roheisen I u. III

M

10 500.--

Giess.-Roheisen Luxemburger Qualität

M

12 900.--



3. Die Frachtklausel erfährt nach dieser Erhöhung folgende Aenderung:

Für jedes Prozent Erhöhung der Eisenbahnfrachten tritt eine Erhöhung der Roheisenpreise ein, welche bei



Hämatit

Stahleisen

Spiegeleisen

Temper-Roheisen

Ferro-Silizium

M

117.--

Giess.-Roheisen I und III

M

175.--

Giess.-Roheisen Luxemburger Qualität

M

215.--

beträgt.

4. Auf Grund der Kursklausel treten folgende Preiserhöhungen für die Zeit vom 1. bis 7. Dezember 1922 ein:

Hämatit

cu-armes Stahleisen

Temper-Roheisen

Ferro-Silizium

M

8 640.--

Giess.-Roheisen I und III, sowie

Giess.-Roheisen Luxemburger Qualität

M

5 251.--

Die Kursklausel fur Hämatit, cu-armes Stahleisen, Temper-Roheisen und Ferro-Silizium bleibt bestehen.

Die Kursklausel für Giess.-Roheisen I und III und Giesserei-Roheisen Luxemburger Qualität wird dahin geändert, dass anstelle der Sätze von M 86,50 bezw. 88,80 ein Satz von M 95.-- für je einen Punkt Veränderung des Pfundkurses festgesetzt wird.

Die obige Erhöhung von M 5 251.-- für Giesserei-Roheisen I und III und Giesserei-Roheisen Luxemburger Qualität ist bereits mit dem neuen Satz von M 95.-- errrechnet.

Für die Sorten Giesserei-Roheisen I und III tritt ein Sonderaufschlag von M 4 372.-- ein, um den bisherigen Preis für Giesserei-Roheisen auf die richtige Basis zu bringen.

5. Der Satz für Koksverbrauch wurde um 50 kg p.t f Hämatit, cu-armes Stahleisen und Ferro-Silizium erhöht und die sich hieraus ergebende Preiserhöhung nach Feststellung der neuen Kokspreiserhöhung berechnet.

Die beantragte Erhöhung der Verbrauchssätze für Koks auf 100 kg für alle Sorten wird bis zur nächsten Sitzung des Ausschusses zurückgestellt.

6. Die bisherige Koksklausel bleibt bestehen mit der Ausnahme, dass

für Hämatit und cu-armes Stahleisen ein Satz von

M 1,41

statt

M 1,36

und

für Ferro-Silicium ein Satz von

M 2,50

statt

M 2,45


festgelegt wird.

7. Es wird festgestellt, dass in den im vierten Viertel November gültigen Höchstpreisen folgende Beträge für Schmelzkosten einthalten sind:

Hämatit

Stahleisen

Temper-Roheisen

M 12796.--

Giess.-Roheisen I und III

und Giess.-Roheisen Luxemburger Qualität

M 14 635.--

Die Geschäftsstelle des Ausschusses wird beauftragt, die im Laufe des Monats eingetretenen Aenderungen der Schmelzkosten derart zu berücksichtigen, dass die tatsächlichen Veränderungen der Schmelzkostenverteuerung- oder Verbilligung den Höchstpreisen zugerechnet bezw. von diesen abgezogen werden.

8. Der bisherige Mehrpreis für die Verwendung englischer Kohle wird von M 4 000.-- auf M 5 000.-- erhöht. Es tritt demnach für alle Roheisenpreise mit Ausnahme desjenigen für Temper-Roheisen und Ferro-Silizium eine weitere Erhöhung um M 1000.-- ein.

Sofern dieser Aufpreis zur Deckung der Mehrkosten des aus englischer Kohle hergestellten Roheisens nicht ausreichen sollte, soll entweder mit Genehmigung des Reichskommissars für die Eisenwirtschaft in Düsseldorf eine bestimmte Menge mit einem Sonderaufschlage durch die Ausnahmebewilligung vom Höchstpreisgesetz verkauft werden oder der entstehende Ausfall bei der Preisfestsetzung für den nächsten Monat durch den Roheisenausschuss Berücksichtigung finden.

9. Um die Konkurrenzfähigkeit der oberschlesischen Hochofenwerke zu erhalten, sollen die Höchstpreise aller Roheisensorten mit Ausnahme des Temper-Roheisens und des Ferro-Siliciums einen weiteren Preisaufschlag von M 400.-- p.t erfahren, aus welchem den oberschlesischen Werken ein angemessenes Präcipuum seitens des Verbandes gewährt werden soll.

10. Mit Rücksich darauf, dass die Hochofenwerke durch die Bezahlung des Roheisens, welche durchschnittlich einen Monat später als die Lieferung erfolgt, Zinsverluste erleiden, soll eine gleichmässige Erhöhung aller Roheisenpreise um M 1 500.-- eintreten.

Sollten die Verbraucher in den in Aussicht genommenen Verhandlungen in eine Verkürzung des Zahlungstermins einwilligen, so soll dieser Aufschlag von M 1 500.-- wieder in Wegfall kommen.

11. Die Errechnung der Preise für Dezember soll wie bisher viermal im Monat stattfinden.

12. Die kleine Kommission des Roheisenausschusses ist zur Nachprüfung der im Laufe des Monats eintretenden Preisänderungen einzuberufen, falls ein diesbezügliches Verlangen von dem stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn Weimann, gestellt wird.

13. Höchstpreise für Ferro-Mangan für Dezember werden wie folgt festgesetzt:

Fe-Mn 80%

M 272 726.--

Fe-Mn 50%

M 239 032.--

Die Preise verstehen sich einschliesslich der 150prozentigen Frachterhöhung vom 1. Dezember, aber ausschliesslich der Schmelzkostenerhöhung für Dezember. Sie gelten mit den bestehenden Richtlinien inbezug auf Kursklausel, Koksklausel, Frachtklausel und Schmelzkosten.

Die Frachtklausel für Ferro-Mangan erfährt nach der am 1. Dezember eingetretenen 150prozentigen Frachterhöhung folgende Aenderung:

M 202.-- bei 80 % Ferro-Mangan

M 367.-- bei 50 % Ferro-Mangan

3) Von den Vertretern der Arbeitnehmer wird eine Besprechung der Frage der Produktionssteigerung und Produktionsverbilligung angeregt. Es wird beschlossen, die Angelegenheit in einer kleinen Kommission zür Erörterung zu stellen.



Eisenwirtschaftsbund Düsseldorf

Niederschrift über die 26. Sitzung des Roheisen-Arbeitsausschusses am Mittwoch, den 2. Mai 1923, nachmittags 4 ½ Uhr, in Münster, Hotel Fürstenhof.

Zu der heutigen Sitzung des Roheisen-Arbeitsausschusses ist seitens des Roheisen-Verbandes mit Schreiben vom 24. April d.J. eingeladen worden.

Erschienen sind die auf der beiliegdenden Liste verzeichneten Herren.

Tagesordnung

1. Ersatzwahl für das stellvertretende Mitglied in der Gruppe Unternehmer-Verbraucher, Herrn Direktor Greiner, Esslingen.
Vom Verein Deutscher Maschinenbau-Anstalten wird an seiner Stelle Herr Geheimrat von Buttlar, Charlottenburg, Hardenbergstr. 3, in Vorschlag gebracht.

2. Besprechung der Preisfrage.

3. Etwa sonst Vorliedgendes.

Mit der Teilnahme der anwesenden Gäste ist der Ausschuss einverstanden.

Zur Tagesordnung wird wir folgt verhandelt:

1.) Auf Vorschlag des Vereins Deutscher Maschinenbau-Anstalten wird anstelle des ausgeschiedenen Herrn Direktor Greiner, Esslingen, Herr Geheimrat von Buttlar, Charlottenburg, Hardenbergstr. 3, als stellvertretendes Mitglied in der Gruppe Verbraucher-Unternehmer gewählt.

2.) Nach eingehender Erörterung wird folgende Regelung der Preisfrage für Lieferungen ab 1. Mai d. J. beschlossen:

a) Die Höchstpreise für das mit deutschen Brennstoffen erblasene Roheisen werden in der bisherigen Weise errechnet und festgesetzt, und zwar unter Anwendung der bisherigen Kurs-, Koks- und Frachtklausel sowie der bisherigen Richtlinien für die Berechnung der Schmelzkosten. Dementsprechend erhöhen sich die für die vierte Oktave April geltenden Höchstpreise für Hämatit, cu-armes Stahleisen, Giesserei-Roheisen I und III und Giesserei-Roheisen Luxemburger Qualität um M 53.100,-- p.t. Die Preiserhöhung beruht auf einem Durchschnitts-Pfundkurs von 135.760 gegenüber bisher 115.024.

Die neuen Höchstpreise stellen sich danach unter Ab- bezw. Aufrundung auf volle 1.000 Mark wie folgt:

Hämatit und cu-armes Stahleisen

auf M

744 000,--

Giesserei-Roheisen I

auf M

714 000,--

Giesserei-Roheisen III

auf M

711 000,--

Siegerländer Stahleisen

auf M

844 000,--

Spiegeleisen 8/10 %

auf M

940 000,--

Giess.Roheisen, Luxemburger Qualität

auf M

701 000,--

Temper-Roheisen

auf M

744 000,--

b) Der Reichskommissar für die Eisenwirtschaft soll um die Genehmigung ersucht werden, dass eine bestimmte, vom Roheisen-Verband noch näher bezeichnende Menge Roheisen, welche unter Verwendung englischer Kohle erblasen ist, zu einem höheren als dem gesetzlichen Höchstpreis bis auf witeres verkauft werden darf.

Gegen die vom Roheisen-Verband beabsichtigte Preisstellung und Forderung der Zahlung in Devisen für das mit englischen Brennstoffen erblasene Roheisen werden von Seiten der Arbeitnehmer ernstliche Bedenkne erhoben. Der Roheisen-Verband erlkärt wiederholt, daß er die Preisstellung und Zahlung in Devisen als das einzige Mittel, sich vor untragbaren Verlusten zu schützen, ansieht, nachdem das Finanzministerium die Gewährung des widerholt beantragten Markkredits zwecks Kurssicherung abgelehnt hat. Es wird eine kleine Kommission, besthend aus den Herren:

Dr. Neumark,
Dr. Geilenkirchen,
Dr. Ellstaetter,
Schliestedt,
Ziegler,
Feger,
Weimann,
Klotzbach,

gewählt, die diesen Antrag nochmals beim Reichsfinanzministerium auf das eindringlichste beführworten soll.

c) Die Preise für Ferro-Mangan für Lieferungen ab 1. Mai d.J. werden folgendermassen festgesetzt:

M 1 986 000,--

ab Oberhausen

Kursbasis

100 000

Kursstaffel

11,90

Manganstaffel

12 000 ±

Koksstaffel

2,90

Frachtstaffel

686

Der Reichskommissar soll ersucht werden, der Donnersmarckhütte für die von ihr zu liefernden Mengen Ferro-Mangan Ausnahmebewilligung von den Höchstpreisen zu erteilen.

Der für die letzte Oktave April geltende Preis für

Ferro-Silicium 10 % von M 916 400,--
wird auf Grund der Kursklausel um M 53 100,--
erhöht, sodass er sich auf M 969 500,--
bezw. abgerundet auf M 969 000,--
stellt.

Die bisherigen Klauseln, sowie die bisherige Staffel für Ferro-Silicium bleibt in Geltung.

3.) Es wird, vorbehaltlich der Genehmigung des Inlandausschusses bezw. der Vollversammlung, beschlossen, die Sätze für die Teilnahme an den Sitzungen vom 2. Mai d.J. ab wie folgt festzusetzen:

Mit Übernachten

M 25 000,--

(= Goldmark 3,50)

ohne Übernachten

M 16 000,--

(= Goldmark 2,25)



Eisenwirtschaftsbund Düsseldorf

Niederschrift über die 27. Sitzung des Roheisen-Arbeitsausschusses am Dienstag, den 31. Juli 1923, und Mittwoch, den 1. August 1923, in Berlin, Reichswirtschaftsministerium.

Zu der heutigen Sitzung des Roheisen-Arbeitsausschusses ist seitens des Roheisen-Verbandes mit Schreiben vom 23. Juli 1923 eingeladen worden.

Erschienen sind die auf der beiliegdenden Liste verzeichneten Herren.

Tagesordnung

1. Ersatzwahl für das ordentliche Mitglied in der Gruppe Verbraucher-Unternehmer, Herrn Regierungsbaurat Goltdammer. Vom Eisenbahn-Zentralamt wird an seiner Stelle Herr Regierungsbaurat Ottersbach in Vorschlag gebracht.

2. Besprechung der Preisfrage.

3. Etwa sonst Vorliedgendes.

Mit der Teilnahme der anwesenden Gäste ist der Ausschuss einverstanden.

Zur Tagesordnung wird wir folgt verhandelt:

1. Auf Vorschlag des Eisenbahn-Zentralamtes wird an Stelle des ausgeschiedenen Herrn Regierungsbaurat Goltdammer, Berlin,

Herr Regierungsbaurat Ottersbach, Berlin, Eisenbahn-Zentralamt,

als ordentliches Mitglied in der Gruppe Verbraucher-Unternehmer gewählt.

2. Nach ausgiebiger Erörterung der Preisfrage wird beschlossen, die Höchstpreise für Lieferungen ab 1. August auf Grund folgender vom Roheisen-Verband gemachter Vorschläge festzusetzen:

a) Der Preis für das mit inländischen Brennstoffen erblasene Hämatit wird auf M 26.250.000,-- festgesetzt.

Dieser Preis ist errechnet aus einem Preise von 105/- sh ab Werk und einem Pfundkurs von 5.000.000,-- M.

Der Durchschnittspreis für das mit deutschen und englischen Brennstoffen erblasene Hämatit wird auf M 28.750.000,-- festgesetzt.

Dieser Preis ist errechnet aus einem Preise von 115/- sh ab Werk und einem Pfundkurs von 5.000.000,-- M.

Die Preisspanne zwischen Hämatit und den Giesserei-Roheisensorten bleibt in bisherigem Ausmasse bestehen.

b) Die Preise für Ferro-Mangan und Ferro-Silicium werden wie folgt festgesetzt:

Ferro-Mangan M 90 000 000,--

Basis 80 % Staffel 750 000,--M.

Ferro-Silicium M 31 250 000,--

Basis 10 % Staffel 250 000,--M.

Die vorstehenden Preise gelten für die Lieferungen in der Zeit vom 1. bis einschliesslich 15. August. Die Anwendung der bisherigen Klauseln ist für diese Zeit ausgeschlossen.

c) Die Preise für die Siegerländer Sorten werden auf der Grundlage der zurzeit gültigen Rohstoffpreise wie folgt festgesetzt:

Siegerländer Stahleisen M 18 988 000,--
Spiegeleisen 8/10 % M 19 654 000,--

Die für Anfang August in Aussicht stehende Erhöhung der Kokspreise ist hierbei nicht berücksichtigt, ebenso nicht die daraus sich ergebende Erhöhung für Siegerländer Erze. Es bleibt daher für diese Preise, welche für die erste August-Oktave festgesetzt sind, die Anwendung der festgesetzten Klauseln und Richtlinien vorbehalten.

Anstelle der bisherigen Zahlungsbedingungen für die Siegerländer Roheisensorten soll viermalige Zahlung im Monat treten und für die Hälfte des Wertes Vorauszahlungen geleistet werden.

Für den Verkauf der unter 2 a) und b) und c) genannten Sorten gelten folgende Richtlinien:

1. Der ganze Rechnungsbetrag ist wertbeständig, und zwar erhöht oder ermässigt sich der Preis in dem Verhältnis, in welchem der amtliche Berliner Briefkurs am letzten Börsentage vor dem Verfallstage höher oder niedriger ist als 5 000 000,-- M für das Pfund. Bei späterer Zahlung tritt die Geldentwertungsklausel in Kraft. Zahlungen gelten als rechtzeitig geleistet, wenn sie nachweislich am Falligkeitstage von den Abnehmern oder den von ihnen beauftragten Zahlstellen abgesandt oder überwiesen sind.

2. Die Abnehmer, die aus eigenen Devisenbeständen oder aus Deviseneingängen aus Exportgeschäften dem Roheisen-Verband à conto der Rechnungsbeträge Zahlung in englischer Währung leisten, erhalten einen Rabatt auf den in Devisen gezahlten Rechnungsbetrag in Höhe von 2 %. Dieser Rabatt wird in der Weise errechnet, dass den in Devisen zahlenden Abnehmern der Devisenbetrag zum Kurse von 5,1 Millionen Mark für das Pfund anstelle des der Preisfeststellung zu Grunde gelegten Kurses von 5.000.000,-- gutgebracht wird.

Den Abnehmern, welche in anderer hochwertiger Valuta zahlen, werden die Devisen auf Pfund umgerechnet gutgebracht in der Weise, dass der bezahlte Devisenbetrag über den amtlichen Berliner Briefkurs des Zahlungstages auf Pfund umgerechnet wird.

3. Vorauszahlungen in Papiermark werden mit 7% pro Jahr über dem jeweiligen Reichsbankdiskont, zurzeit also mit 25% vom Tage des Empfanges bis zum Verfalltage verzinst.

Vorauszahlungen in Devisen werden mit 10% pro Jahr vom Tage des Empfanges an gerechnet verzinst. Die Gutschrift erfolgt in der Währung, in welcher die Zahlung erfogt.

4. Der Verband verpflichtet sich, inbezug auf die Höhe und die Schnelligkeit der Belieferung keinen Unterschied zu machen, ob der betreffende Abnehmer in Devisen oder Papiermark bezahlt.

Die Vertreter des Roheisen-Verbandes erklären, dass der Verband die vorstehende Regelung nur als ein Provisorium für die erste Augusthälfte ansehen müsse und dass er die obigen Vorschläge lediglich im Interesse des Zustandekommens einer Verständigung mache. Die Vertreter der Arbeitnehmer geben folgende Erklärung zu Protokoll:

Die Arbeiter und Angestellten im Roheisenausschuss des EWB bedauern die Einschaltung der Devisenzahlung in den Inlandsverkehr durch die Verordnung des Reichswirtschaftsministers vom 20. Juli 1923. Die Gefahr der Beseitugung der deutschen Währung ist dadurch erheblich vergrössert zum Schaden der breiten Volksschichten Deutschlands. Sie weisen mit allem Nachdruck das Reichswirtschaftsministerium auf die Notwendigkeit hin, die Auswirkung der neuen Preisregelung auf die weiterverarbeitende Industrie und deren Preispolitik zu überwachen. Nach wie vor sehen die Arbeiter und Angestellten in der restlosen Erfassung aller im deutschen Aussenhandel anfallenden Devisen eine der Voraussetzungen für die Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten; den Devisenumlauf zu Organisieren, bleibt deshalb eine zwingende Notwendigkeit.
Nachdem duch die Änderung der Devisenordnung vom 20. Juli 1923 die direkte Zahlung in ausländischen Devisen zugelassen ist, besteht für die Arbeiter und Angestellten keine Möglichkeit, solche Zahlungen zu verhindern und sie müssen sich darauf beschränken, die unterschiedslose Belieferung der Abnehmer sicherzustellen.”

3. Die Tagegelder werden ab 30. Juli d.J. wie folgt festgesetzt:

a) Teilnahme mit Übernachten

6,-- G.-Mark

b) Teilnahme ohne Übernachten

4,50 G.-Mark

c) Teilnahme Ortsansässiger für ½ Tag

3,-- G.Mark

berechnet nach dem jeweiligen Goldankaufspreise am Sitzungstage. Bei verspäteter Zahlung tritt die Entwertungsklausel in Kraft.

Eisenwirtschaftsbund Düsseldorf

Niederschrift über die 27. Sitzung der kleinen Kommission des Roheisen-Arbeitsausschusses am Mittwoch, den 15. und Donnerstag, den 16. August 1923, in Hannover, Hotel Ernst August.

Zu der heutigen Sitzung ist mit Schreiben vom 7. August d. J. eingeladen worden.

Erschienen sind die auf der beiliegdenden Liste verzeichneten Herren.

Mit der Teilnahme der anwesenden Gäste ist der Ausschuss einverstanden.

Die Verhandlung führt Herr Weimann.

Es wird beschlossen, die Höchstpreise ab 16. August d.J. wie folgt festzusetzen:

a) Roheisen mit inländischen Brennstoffen erblasen

Hämatit und cu-armes Stahleisen
Giesserei-Roheisen I
Giesserei-Roheisen III
Giesserei-Roheisen Luxemb. Qual.
Temper-Roheisen

M 99 450 000,--

b) Der Durchschnittspreis für das mit inländischen und englischen Brennstoffen erblasene Roheisen wird für die vorgenannten auf M 37 490 000,-- festgesetzt.

Beide Preise basieren auf einem Kurse von 13.000.000 M für das Pfund. Die Preise erhöhen sich in dem Verhältnis, in welchem der amtliche Berliner Briefkurs am letzten Börsentage vor dem Verfallstage höher ist als 13.000.000,--M für ein Pfund. Fällt der Pfundkurs, so ermässigen sich die Preise um M 2,56 p.t für jeden Punkt, um welchen der amtliche Berliner Briefkurs am letzten Börsentage vor dem Verfallstage niedriger ist als 13.000.000,-- M für das Pfund.

Von den früher gültigen Klauseln kommt auf die vorstehenden Preise nur die Frachtklausel in Anwendung.

c) Als Höchstpreise für die Siegerländer Sorten werden festgesetzt:

Stahleisen

M 108 011 000,--

Spiegeleisen

M 114 373 000,--

In diesen Preisen ist die Kokspreiserhöhung vom 9. und die Spatpreiserhöhung vom 7. August eingeschlossen, im übrigen bleiben sämtliche bisher in Geltung befindliche Klauseln in Kraft.

d) Für Ferro-Mangan 80% wird der Höchstpreis auf M 318.500.000,-- festgesetzt.

Die Manganstaffel beträgt 2.000.000,-- M. Der Preis basiert auf einem Pfundkurs von 13.000.000,-- und eröht sich nach der gleichen Klausel, die für die unter a) und b) genannten Roheisensorten festgelegt worden ist. Im Falle einer Ermässigung des Pfundkurses tritt eine Ermässigung des Ferro-Manganpreises um M 12.-- p.t für jeden Punkt Pfundkursermässigung ein.

e) Ferro-Silicium 10%.

Der Höchstpreis wird auf M 135.200.000,-- festgesetzt.

Die Siliciumstaffel beträgt 500.000,-- M.

Die Kursklausel wird im Falle der Erhöhung und der Ermässigung des Kurses in der gleichen Weise wie bei den unter a) und b) genannten Roheisensorten zur Anwendung gebracht.

Die oberschlesichen Werke behalten sich vor, eine Abänderung der Höchstpreise zu beantragen, falls infolge der bevorstehenden Frachterhöhung und etwaiger weiterer Kokspreiserhöhungen die Einhaltung der Höchstpreise für die oberschlesischen Werke nicht mehr möglich sein sollte.

Die Preise gelten bis auf weiteres.

Der Roheisen-Verband erklärt, dass er zwecks Sicherstellung des Devisenbedarfs seiner Mitglieder mit Rücksich auf die ungenügende Devisenzuteilung seitens der Reichsbank und die Unmöglichkeit, die erforderlichen Markbeträge für die Devisenzuteilung rechtzeitig zu beschaffen, sich gezwungen sieht, von den Abnehmern im Rahmen der Devisenverordnung vom 24. Juli 1923 Devisen zu verlangen. Sofern ein Abnehmer die schriftliche Erklärung abgibt, dass er über keine Devisenbestände und keine Eingänge aus Exportdevisen verfügt, wird der Verband von der Bedingung der Devisenzahlung Abstand nehmen. Der Verband verpflichtet sich, in Bezug auf die Höhe und die Schnelligkeit der Belieferung keinen Unterschied zu machen, ob der betreffende Abnehmer in Devisen oder in Papiermark zahlt.

Die Vertreter der Arbeiter und Angestellten geben folgende Gegenerlkärung ab:

Der Roheisen-Verband ist auf Grund der Verordnungen zur Regelung der Eisenwirtschaft nicht berechtigt, die Zahlung in Devisen zu verlangen. Die Abänderung der Devisenverordnung vom 24. Juli 1923 gibt dem Roheisen-Verband nicht das Recht, enen Beschluss des Eisenwirtschaftsbundes abzuändern. Es wird fernern darauf hingewiesen, dass die Beschlüsse der kleinen Kommission nur Gültigkeit haben, wenn Einstimmigkeit vorliegt. Die Vertreter der Arbeiter und Angestellten erheben deshalb Einspruch gegen die Bedingung des Roheisen-Verbandes der teilweisen Devisenzahlung.

Die Vertreter des Roheisen-Verbandes geben hierauf unter Zustimmung der Verbraucher- und Händlervertreter folgende Erklärung ab:

Die Befugnis des Eisenwirtschaftsbundes erstreckt sich lediglich auf die Festsetzung von Höchstpreisen. Insofern durch die Bedingung der Devisenzahlung im Rahmen bestehender gesetzlicher Bestimmungen keine Überschreitung der Höchstpreise stattfindet, nimmt der Roheisen-Verband das Recht für sich in Anspruch, die Bedingung der teilweisen Devisenzahlung zu stellen.

Der Roheisen-Verband erlkärt, dass er infolge des ausländischen Wettbewerbs gezwungen ist, bei verschiedenen Sorten die Höchstpreise beim Verkauf zu unterschreiten. Der Roheisen-Verband wird gleichzeitig mit der Veröffentlichung der Höchstpreise durch die Tagespresse bekanntgeben, dass die Höchstpreise nicht wie bisher identisch sind mit den Verkaufspreisen. Die Verkaufspreise wird der Roheisen-Verband nach endgültiger Festsetzung gleichzeitig durch die Tagespresse bekanntgeben.



Als Ergänzung zu den Protokollen dienen die drei nachfolgenden Aufstellungen:

1. Devisenkurse von 1918 bis 20. November 1923;

2. Eisenbahn-Fahrpreise für den Personenverkehr;

3. Frachtsätze für Roheisen.



1. Devisenkurse von 1918 bis 20. November 1923.

Als Erklärung zu der Aufstellung der Devisenkurse folgen auf den nächsten Seiten zwei Tabellen mit den Kursen des Dollars und des Pfundes an der Berliner Börse in den Jahren 1914 - 1923. Die Aufstellungen dürften ausreichen, um die in dieser Schrift enthaltenen Papiermarkzahlungen richtig bewerten zu können, soweit nicht bereits die Papiermarkzahlen in Goldmark umgerechnet sind. Um einen zu grossen Umfang der Tabellen zu vermeiden, sind nur eine bezw. zwei Währungen darin aufgeführt und ist ferner von der Angabe wöchentlicher oder täglicher Kurse Abstand genommen worden. Interessant dürfte es sein, einmal die grossen Schwankungen der einzelnen Werte in Gold festzustellen, die der Eisenwirtschaftsbund in Papiermark bei den Klauseln und den Roheisenpreisen bestimmt hat. Die Goldmarkpreise zeigen natürlich, wirtschaftlich betrachtet, nicht die tatsächlichen Wertverschiebungen, da der Lebenshaltungsindex in Deutschland sich nicht jeweils sofort der Entwertung angepasst hat, sondern seine eigenen Wege gegeangen ist. Ausserdem darf nicht vergessen werden, dass es sich um den Dollar- bezw. Pfundkurs an der Berliner Börse handelt. Diese waren in der Zeit der Inflation und Hochinflation zeitweise stark verschieden von den Kursen der deutschen Mark an den Auslandsbörsen, wo die Mark meistens unter dem Druck der Spekulation bedeutend niedriger als in Deutschland notiert wurde.



Kurse des Dollars an der Berliner Börse in den Jahren 1914 - 1923 (in Monatsdurchschnitten)



Monat

1914

1915

1916

1917

1918

1919

1920

1921

1922

1923

Januar

4,21

4,61

5,35

5,79

5,21

8,20

64,80

64,91

191,81

17.972

Februar

4,20

4,71

5,38

5,87

5,27

9,13

99,11

61,31

207,82

27.918

März

4,20

4,82

5,55

5,82

5,21

10,39

83,89

62,45

284,19

21.190

April

4,20

4,86

5,45

6,48

5,11

12,61

59,64

63,53

291,--

24.457

Mai

4,20

4,84

5,22

6,55

5,14

12,85

46,48

62,30

290,11

47.670

Juni

4,19

4,88

5,31

7,11

5,36

14,01

39,13

69,36

317,44

109.996

Juli

4,20

4,91

5,49

7,14

5,79

15,08

39,48

76,67

493,22

353.412

August

4,19

4,92

5,57

7,14

6,10

18,83

47,74

84,31

1.134,56

4.620.456

September

4,17

4,85

5,74

7,21

6,59

24,05

57,98

104,91

1.465,87

98.860.000

Oktober

4,38

4,85

5,70

7,29

6,61

26,83

68,17

150,20

3.180,96

25.260.000.000

November

4,61

4,95

5,78

6,64

7,43

38,31

77,24

262,96

7.183,10

2.193.600.000.000

Dezember

4,50

5,16

5,72

5,67

8,28

46,77

73,--

191,93

7.589,27

4.200.000.000.000

Jahres-
durch- schnitt

4,28

4,86

5,52

6,58

6,01

19,76

63,06

104,57

1.885,78

534.914





Devisenkurse von 1918 bis 20. November 1923



Zeit

Pfund-Kurse
(Friedenskurs = M 20,40)
1 £ = Papiermark

Pfund-Kurse
1 Papiermark = Goldmark

Dollar-Kurse
(Friedenskurs = M 4,20)
1 $ = Papiermark

Dollar-Kurse
1 Papiermark = Goldmark

1. Januar 1918

24,40

-,84

5,10

-,82

31. Dezember 1918

41,50

-,49

8,70

-,46

1. Januar 1919

40,--

-,51

7,40

-,57

31. Dezember 1919

188,--

-,10

50,--

-,08

1. Januar 1920

188,--

-,10

50,--

-,08

1. Januar 1921

262,--

-,077

75,--

-,056

1. April 1921

246,--

-,082

63,--

-,066

1. Juli 1921

280,--

-,072

75,--

-,056

1. Oktober 1921

464,--

-,043

125,--

-,034

31. Dezember 1921

786,--

-,025

187,--

-,022

1. Januar 1922

798,--

-,025

188,--

-,022

1. Februar 1922

874,--

-,023

204,--

-,020

1. März 1922

1.024,--

-,020

230,--

-,018

1. April 1922

1.303,--

-,016

298,--

-,014

1. Mai 1922

1.250,--

-,016

282,--

-,015

1. Juni 1922

1.114,--

-,017

272,--

-,015

1. Juli 1922

1.772,--

-,012

402,--

-,010

1. August 1922

2.864,--

-,0071

644,--

-,0065

1. September 1922

5.607,--

-,0036

1.301,--

-,0032

1. Oktober 1922

7.936,--

-,0026

1.817,--

-,0023

1. November 1922

20.300,--

-,0010

4.561,--

-,0009

31. Dezember 1922

33.584,--

-,0006

7.669,--

-,00055q

1. Januar 1923

33.584,--

-,0006

7.278,--

-,00058

1. Februar 1923

193.482,--

-,00011

41.604,--

-,00010

1. März 1923

107.518,--

-,00019

22.857,--

-,00018

1. April 1923

98.496,--

-,000207

21.253,--

-,000198

1. Mai 1923

147.116,--

-,000139

31.779,--

-,000132

1. Juni 1923

345.362,--

-,000059

74.937,--

-,000056

1. Juli 1923

731.825,--

-,000028

160.400,--

-,000026

1. August 1923

5.012.500,--

-,0000041

1.102.750,--

-,0000038

1. September 1923

44.110.000,--

-,00000046

9.724.250,--

-,00000043

1. Oktober 1923

1.102.750.000,--

-,000000018

242.605.000,--

-,000000017

20. November 1923

18.045.000.000.000,--

-,000000000001

4.210.500.000.000,--

-,000000000001





2. Eisenbahn-Fahrpreise für den Personenverkehr.

Die auf der nächsten Seite folgende Aufstellung über die Eisenbahn-Fahrpreise, die bereits vorher in Verbindung mit den Spesensätzen, die der Roheisen-Verband an die Arbeitnehmer-Vertreter zu zahlen hatte, erwähnt worden sind, gibt im einzelnen die vom 1. Oktober 1922 bis Ende 1923 gültig gewesenen Fahrpreise wieder, die, wie vorher gesagt, zeitweise für eine Strecke von Duisburg bis Koblenz GM 0,06 betragen haben. Diese Schrift verfolgt nicht die Absicht, sich über die allgemeinen Wirtschaftsverhältnisse in Deutschland während der Inflationszeit auszulassen; es soll jedoch festgehalten werden, dass die Sätze nicht dazu geführt haben, eine starke Benutzung der Eisenbahn durch die Deutschen zu ermöglichen. Das Volk war vollkommen verarmt, ohne selbst seine trostlose Lage zu begreifen. Die Papiermarkeinnahmen reichten für die meisten nicht einmal zu einem sehr bescheidenen Lebensunterhalt, viel weniger aber, um das Fahrgeld für die erwähnte Strecke von etwa 200 km aufzubringen. Nur der Ausländer zog aus diesen Verhältnissen Nutzen, und hier waren es vor allem die Holländer, welche in Schwärmen wie die Heuschrecken Deutschland überfluteten, um an einer weiteren Verarmung der Bevölkerung nach besten Kräften mitzuhelfen. Meist waren es Leute mit schlechen Manieren, jedoch hielten sich auch die besseren Kreise Hollands nicht zurück, die Notlage unseres Volkes auszunützen. Häufig packten sie ihre Reiseuntensilien, Anzüge und Wäsche in einen Pappkarton, um diesen, sobald sie die deutsche Grenze überschritten hatten, für 50 Cents oder höchstens einen Gulden durch einen guten Lederkoffer zu ersetzen. So ist dem Verfasser persönlich besonders ein Fall erinnerlich, in welchem sich ein wohlhabender, wenn nicht reicher holländischer Schiffsbesitzer für 3 Wochen als Gast in einer deutschen Sommerfrische niederliess, wo er für volle Verpflegung und Unterkunft pro Tag 35 Cents bezahlte und ein gutes Zimmer mit reichlicher Verpflegung erhielt. Dies war zu der Zeit, in welcher Deutschland gezwungen war, grosse Mengen Butter aus Holland einzuführen, und zwar zu Preisen, welche damals nicht unter 1 holländischer Gulden für das Pfund lagen. Besonders beliebt waren bei den Holländern die Speise- und Schlafwagen. So konnte man häufig feststellen, dass neun Zehntel sämtlicher Gäste in den Speisewagen Holländer waren.

Dies sei nur vermerkt, um das Widersinnige der damaligen Verhältnisse in Deutschland während der Inflationszeit zu beleuchten.

Nachdem sich infolge des Niederganges der Mark die ganze Wirtschaft auf die Goldmarkrechnung eingestellt hatte, war mit Wirkung vom 1. November 1923 an auch die deutsche Reichsbahn im Personen-, Gepäck- und Güterverkehr zur Goldmarkrechnung übergegangen. Die Grundlage für die Ermittelung der Tarife bildeten wie vorher die in Tarifmark bei der Eisenbahn, d.i. ab 1. September 1923, die Eisenbahn-Fahrpreise und Frachten in Papiermark nach Massgabe der von der Reichsbahn jeweils festzusetzenden Schlüsselzahlen zu bezahlen waren, wurden ab 1. November 1923 die Grundtarife in Goldmark erstellt und gelangten in Papiermark mit jenem Betrage zur Erhebung, der sich durch Vervielfältigung mit dem jeweiligen Umrechnungskurse der Goldmark ergab. Dieser Umrechnungskurs, der den Eisenbahndienststellen telegrafisch bekanntgegeben wurde und für den der Ermittelung folgenden Tag Gültigkeit hatte, wurde täglich auf Grund des amtlichen Dollarkurses an der Berliner Börse ermittelt. Die Schlüsselzahlen für die Umrechnung der Tarifmark betrugen:





für die Zeit vom

bis

f.d. Personenverkehr

f. Frachten

1.9.23

10.9.23

600000

1800000

11.9.23

17.9.23

1500000

4500000

18.9.23

24.9.23

9000000

18000000

25.9.23

1.10.23

20000000

36000000

2.10.23

9.10.23

30000000

36000000

10.10.23

12.10.23

60000000

72000000

13.10.23

17.10.23

120000000

360000000

18.10.23

24.10.23

600000000

1000000000

25.10.23

28.10.23

1500000000

3000000000

29.10.23

31.10.23

6000000000

12000000000

In der nachfolgenden Aufstellung sind die auf der Grundlage von

19,8 Gold-Pfennig pro km für die I. Klasse,
9,9 Gold-Pfennig pro km für die II. Klasse,

3,3 Gold-Pfennig pro km für die III. Klasse, und

2,2 Gold-Pfennig pro km für die IV. Klasse
ab 1. September 1923 gültigen Eisenbahn-Fahrpreise mit obigen Schlüsselzahlen in Papiermark und diese über den Dollarkurs in die für die jeweilige Geltungsdauer sich tatsächlich ergebenden Goldwerte umgerechnet.





3. Frachtsätze für Roheisen.

In den Niederschriften über die Preisverhandlungen im Eisenwirtschaftsbund ist fast regelmässig u.a. Auch die Frachtklausel erwähnt, die den Zweck hatte, eine nachträgliche Berichtigung der Roheisenpreise nach Massgabe der von der Eisenbahn festzusetzenden Frachterhöhungen vornehmen zu können. Die aus der nachfolgenden Aufstellung ersichtlichen Frachten für Roheisen galten bis zum 20. August 1923 nur in Papiermark. Von diesem Zeitpunkt ab führte die Eisenbahn die sogenannte Tarif-Mark als „wertbeständige“ Frachtberechnung ein. Die Zahlung erfolgte hierbei in Papiermark nach festen Indexziffern, die in kurzen Zeitabschnitten von jeweils einigen Tagen von der Eisenbahn bekanntgegeben wurden.

Da die Verkaufspreise für die meisten Roheisensorten aus Gründen der Gleichstellung der Verbraucher auf bestimmten Versandstationen basierten, war bei Berechnung der Roheisenlieferungen auf die den jeweiligen Inflationsstadien angepassten Frachsätze Rücksich zu nehmen. Lediglich für die Zeit vom 16. Februar 1923 bis 31. August des gleichen Jahres hat der Roheisen-Verband die Frachtverrechnung vollkommen fallen lassen, da eine solche praktisch überhaupt nicht mehr durchzuführen war. Die Verkaufspreise für Roheisen galten für diese Zeit ab Werk. Dagegen blieb die Frachtklausel für die Ermittlung der Roheisenpreise fast durchweg bestehen.





V. Teil Inflation. Kurze allgemeine Betrachtung.

Die Abhandlungen in dem ersten Teil dieser Schrift beschäftigen sich bereits mit dem Geldverkehr in den ersten Nachkriegsjahren, reichen daher schon in die beiden ersten Jahre der Inflationszeit hinein. Wenn jedoch von der Inflationszeit gesprochen wird, so wird hierbei in der Regel an die späten Jahre der Inflation und Hochinflation gedacht, deren Auswirkung auf die Geldwirtschaft des Roheisen-Verbandes im nächsten Teil behandelt werden soll. In Wirklichkeit lagen die Dinge so, dass die deutsche Reichsmark bereits Ende 1919 international auf 1/10 ihres Wertes gefallen war. Im Lande selbst kam die Entwertung in den Preisen in diesem umfange nicht zum Ausdruck, wenn auch die Preise, die schon im Kriege aufgebläht waren, weitere starke Erhöhungen erfuhren. Die Inflation hatte ihren Ursprung in der Geldwirtschaft des Krieges. Bei der hohen Verschuldung des Reiches nach Beendigung des Krieges bestanden nur zwei Möglichkeiten, sich der Schulden zu entledigen. Diese waren entweder ein Staatsbankrott oder die Inflation. Da man zu dem ersteren Mittel, welches aus wirtschaftlichen und politischen Gründen das bessere gewesen wäre, nicht überging, war der Weg, den die deutsche Geldwirtschaft zu gehen hatte, zwangsläufig vorgeschrieben.

Es würde nicht der gestellten Aufgabe entsprechen, wenn an dieser Stelle engehende Ausführungen über den Gang der Inflation, die Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft, ihre praktischen und rechtlichen Folgen oder gar über die moralische Seite der Frage gemacht würden.

In diesem Teil der Schrift sollen lediglich die ungeheuren Schwierigkeiten geschildert werden, denen ein einzelner Betrieb während der Inflationszeit ausgesetzt war. Es hat sich hierbei nicht etwa um eine Ausnahme gehandelt, im Gegenteil war die Lage bei allen Unternehmungen, ja selbst in jeder Hauswirtschaft, gemessen an ihrem Umfange, dieselbe.

Dr. Schacht characterisiert die damaligen Zustände in den Betrieben wie folgt:

“Jeder, der irgendwie an führender Stelle des wirtschaftlichen und öffentlichen Lebens stand, zermarterte sich tagtäglich das Gehirn, wie den Dingen beizukommen sei. Zusammenkünfte und Beratungen in engen und weiteren Kreisen fanden täglich statt, und die Reformpläne und Rufe nach entscheidenden Aktionen häuften sich.”

Es gab auch Kreise, die sich tagtäglich das Gehirn zermarterten, um mittels der Inflation möglichst grosse Teile des Volksvermögens an sich zu reissen. Diese Kreise, die in der damaligen Zeit mit der volkstümlichen Bezeichnung „Schieber“ belegt wurden, haben eine grosse Schuld auf sich geladen. Vor dem Kriege machte sich bereits in der Arbeiterschaft, hervorgerufen durch die Funktionäre ihrer Parteien, eine Feindschaft sogar gegen das Kapital bemerkbar, welches der Wirtschaft zwecks einer gesunden Entwicklung zugeführt wurde. Diese Antipathie steigerte sich zu einer ausgesprochenen Feinschaft gegen den sogenannten Kaptialismus, als man instinktiv fühlte, dass das Kapital missbraucht wurde, um wirtschaftsschädigende Operationen vorzunehmen. Das Vorgehen der in Rede stehenden Kreise hat dem Kommunismus Wasser auf die Mühle gegeben. Das Volk hat es beim besten Willen nicht verstehen können, dass einzelne Kapitalisten und Wirtschaftler die Inflationszeit dazu benutzten, um Risenbetriebe, die ihre Existenz jahrzentelanger Aufbauarbeit von Tausenden von fleissigen Arbeitern, der geistigen Tätigkeit ihrer Ingenieure und Werksleiter verdankten, an sich zu reissen und letzten Endes mit den Mitteln der Allgemeinheit zu bezahlen. Das Hinundherwerfen grosser Werksgruppen wie Ramschware, das Verschachteln und Wiederauseinanderreissen aus einer rein spekulativen Einstellung heraus, lediglich zum Zwecke der eigenen Bereicherung, ist auch in den Kreisen ernsthafter Wirtschaftler und Wirtschaftsführer mit Recht auf das schärfste verurteilt worden.

Wenn Dr. Schacht an einer Stelle sagt, dass die Beschlagnahme des deutschen Privateigentums durch die ehemaligen Verbündeten vom Standpunkt der gesamten Menschheit aus heute vielleicht als das grösste Verbrechen, und, was schlimmer ist, als die grösste Dummheit bezeichnet werden müsse, so soll hier die Frage aufgeworfen werden, ob es, vom Standpunkt der Gesamtheit aus gesehen, nicht ein schlimmeres Verbrechen gegen die Moral und das Rechtsempfinden war, wenn einzelne Elemente die besseren wirtschaftlichen Einblicke dazu benutzten, sich am Vermögen des eigenen Volkes in der Weise zu vergehen, wie dies in der Inflationszeit geschehen ist. Auch die politischen Folgen des Vorgehens dieser Kreise sind für das deutsche Volk von grösstem Nachteil gewesen und lassen sich in ihrer letzten Auswirkung auch heute noch nicht ganz erkennen.

Der ordentliche und verantwortungsbewusste Kaufmann konnte und durfte seine Aufgabe nur darin sehen, seine eigenen Betriebe weiterzuführen, zu erhalten und sie durch geeignete Massnahmen vor der Zerstörung durch die Inflation zu sichern. Diese Aufgabe hatte auch der Roheisen-Verband, und es soll später nachgewiesen werden, dass er bei seinen Gelddispositionen von Grundsätzen ausgegangen ist, wie sie die wirtschaftlichen Gesetze vorschreiben.



VI. Teil Die Auswirkungen der Inflation auf den Geldverkehr im Roheisen-Verband

Der Roheisen-Verband hatte in diesen Jahren nicht nur die Aufgabe, das von seinen eigenen Werken stammende Roheisen den Verbrauchern zuzuführen, sondern die politische Lage zwang ihn, sich in grossem Umfange mit der Einfuhr fremden Roheisens und dessen Verkauf an die Abnehmer zu befassen. Die Werke waren nicht in der Lage, den Roheisenbedarf der Abnehmer zu befriedigen, was einmal in dem Mangel an Brennstoffen begründet war, zum anderen in einer immer mehr fühlbar werdenden Verknappung an flüssigem Kapital, das die Werke zum Bezuge der erforderlichen Auslandserze benötigten. Nach dem Einmarsch der Franzosen und Belgier ins Ruhrgebiet fiel die Roheisenerzeugung der rheinisch-westfälischen Werke allmählich aus, und der Verband war deshalb genötigt, Ersatzmengen in grossem Masse aus dem Auslande zu beziehen.

Auch im äusseren Gefüge des Roheisen-Verbandes waren einschneidende Veränderungen eingetreten. Infolge der Annexion Elass-Lothringens durch Frankreich wurden die bisher dem Verband angeschlossenen lothringischen Werke vom Vertrage gelöst. Die luxemburgischen Hochofenwerke folgten, da Luxemburg in Zollunion mit Belgien trat. Es war deshalb notwendig geworden, den Bezug von Luxemburger roheisen, auf das wegen der in Detuschland herrschenden Roheisenknappheit nicht verzichtet werden konnte, auf Grund von besonderen Abschlüssen mit den einzelnen lothringisch-luxemburgischen Werken bezw. deren Verkauffirmen durchzuführen.

So hat sich die Einfuhr von Luxemburger Roheisen wie folgt gestellt:

ab Juni – Dezember 1919

auf

15 000 t

im Jahre 1920

auf

59 000 t

im Jahre 1921

auf

90 000 t

im Jahre 1922

auf

199 000 t

im Jahre 1923

auf

24 000 t

im Jahre 1924

auf

92 000 t

Ausser dem Luxemburger Roheisen wurden in den Jahren 1922 – 1924 noch folgende Roheisenmengen eingeführt:


engl. Häm.

engl. Giess.

Öster. Stahl.

tschech. Giess.

tschech. Häm.

tsch. Stahl

poln. Giess.

holl. Giess.

schwed. H.K.


t

t

t

t

t

t

t

t

t

1922

17000

8000

9000

8800

5000





1923

44000

30000

4000

45000

4400

17000



2000

1924

2300

3000


22500

1600

2500

2500

6000

2500

Für die Bezahlung dieser Roheiseneinfuhr brauchte der Verband erhebliche Devisenbeträge neben denjenigen Beträgen, welche seinen eigenen Mitgliedern für die Roheisenmengen zu zahlen waren, die unter Zuhilfenahme von einglischen Brennstoffen und ausländischen Erzen erblasen wurden.

Wenn hier von Roheisenknappheit die Rede war, so muss hinzugefügt werden, dass es den Verbandswerken wohl möglich gewesen wäre, diese rasch zu beheben, wenn nicht die wichstigste Vorbedingung hierfür, die Beschaffung der für den Hochofenbetrieb erforderlichen Koksmengen, gefehlt hätte. Wie ein roter Faden durchzieht alle Protokolle über Besprechungen zwischen Verbandswerken und Interessengruppen der Ruf nach Brennstoffen, aber alle Bemühungen der Beteiligten unter Führung des Verbandes blieben erfolglos. Man musste später sogar dazu übergehen, ausländische Brennstoffe neben der Roheiseneinfuhr zu Hilfe zu nehmen.

Unterdessen war es auch inbezug auf alle übrigen preisbildenden Faktoren nicht beim alten geblieben. Innere Zersplitterung und wenig aufmunternde Massnahmen amtlicher Stellen, unter ihnen in Sonderheit die des Reichswirtschaftsministeriums, liessen mit dem weiteren Absinken der Mark die Preise für Rohstoffe, Löhne etc. steigen.

Das Jahr 1919 neigte sich seinem Ende zu, und die Mark war zu dieser Zeit auf etwa 10 Pfg. (1 engl. Pfund = M 187,--) gesunken und unter Berücksichtigung der Rohstoffpreise, Schmelzkosten etc. der Preis für Hämatit-Roheisen auf M 1.171,50 p.t gestiegen.

Mit Rundschreiben vom 17. November 1919 hatte der Verband seinen Abnehmer auf die von Tag zu Tag schwieriger werdende Lage der hochofenwerdke bezüglich der Beschaffung der für die Roheisenerzeugung notwendigen Auslandserze hingewiesen. Es war beabsichtigt, zunächst die Bezahlung in Devisen für den Teil der Roheisenbezüge zur Bedingung zu machen, der für Exportware verwandt wurde. Die Devisen, die hierfür dem Verbande zugingen, sollten zu bestimmten, festen, unter den Börsennotierungen liegenden Kursen abgerechnet werden, um dadurch gleichzeitig eine gewisse Festigkeit der Roheisenpreise zu erzielen, indem die gleichen festen Kurse bei der Kalkulation der Roheisenpreise zugrunde gelegt werden sollten. Der Verband erbot sich, ausser den von den Abnehmern pflichtgemäss abzuführenden Devisen freiwillige Devisenzahlungen in jeder Höhe, diese jedoch zum vollen Tageskurse, entgegenzunehmen, um hierdurch die weitere Roheisenproduktion und die Liefermöglichkeit an die Abnehmer sicherzustellen.

Während ein grosser Teil der Verbraucher den Vorschlägen des Verbandes rückhaltlos zustimmte, glaubten gewisse Interessengruppen gegen die allzu berechtigten Forderungen des Verbandes Sturm laufen zu müssen. In welchem Masse es den Verbrauchern – wenigstens zum Teil – möglich gewesen wäre, die Stabilisierungsbestrebungen des Roheisen-Verbandes durch Hergabe von Devisen zu unterstützen, möge nur ein Beispiel zeigen. Eine einzige Maschinenfabrik, die schon im Dezember 1919 auf den Vorschlag des Verbandes der Devisenzahlung eingegangen war, konnte dem Verband im Verlauf von nur 2 Monaten, während welcher sie für etwa M 200.000,- Roheisen bezogen hatte, Devisen im Gesamtgegewert von M 1.250.000,- überweisen. Trotzdem sah sich der Verband gezwungen, ab Mai 1920 diese Bedingung wieder fallen zu lassen, in Sonderheit wegen des Einspruchs des Reichswirtschaftsministeriums, das in der Devisenzahlungsbedingung eine Umgehung der seinerzeit auch für das Roheisen bestehenden Höchstpreisverordnung zu erblicken glaubte, ohne den eigentlichen Sinn überhaupt zu würdigen.

Als zwangsläufige Auswirkung der Ablehnung der Devisenforderung mussten in der nachfolgenden Zeit die Roheisenpreise nach Massgabe der fortschreitenden Markentwertung festgesetzt werden.

Preise Ende 1919 für Häm. M 1.171,50 für Giss.I M 913,50
Preise Ende 1920 für Häm. M 1.910,-- für Giess. I M 1.659,--
Preise Ende 1921 für Häm. M 3.891,-- für Giess. I M 3.250,--

Erfolgte die Preisfestsetzung in den Jahren 1919 – 1921 schon von Monat zu Monat, so war auch dies im Jahre 1922 nicht mehr möglich, weil die am Monatsanfang errechneten Preise in keinem Verhältnis zu den weit niedrigeren Werten standen, die sich aus der fallenden Valuta am Tage der Fälligkeit der Rechnungen ergaben. Ab August 1922 fand die Preisfestsetzung nur noch dekadenweise, also für jeweils 10 Tage, und kurz darauf sogar für den Zeitraum von Oktaven (f je ein Monatsviertel) statt. In welchem Masse der Währungsverfall Preissteigerungen notwendig machte, zeit nachstehende Tabelle der Hämatitpreise:

1922



M p.t



Januar

3.891,--



Februar

3.979,--



März

4.744,--



April

6.264,--



Mai

6.435,--



Juni

6.724,--



Juli

8.265,--


1. - 10.

August

11.317,--


11. - 20.

August

13.267,--


21. - 31.

August

16.548,--


1. - 10.

September

29.784,--


11. - 20.

September

29.722,--


21. - 30.

September

30.506,--


1. - 7.

Oktober

32.278,--


8. - 15.

Oktober

38.099,--


16. - 23.

Oktober

39.921,--


24. - 31.

Oktober

48.862,--


1. - 7.

November

83.944,--


8. - 15.

November

95.243,--


16. - 23.

November

143.365,--


24. - 30.

November

130.829,--


1. - 7.

Dezember

174.460,--


8. - 15.

Dezember

179.780,--


16. - 23.

Dezember

182.243,--


24. - 31.

Dezember

166.775,--



Dass die veränderten Vorbedingungen für eine glatte Abwicklung der verwaltungsmässigen Arbeiten beim Verband einschneidende Aenderungen im Gefolge hatten, dürfte auf der Hand liegen. Schon die ausserordentlich gesteigerte Einfuhr fremden Eisens brachte für den Verband eine erhebliche Mehrarbeit, da sowohl der Einkauf, die Abrechnung mit den Lieferwerken, Verfrachtung, Verzollung des Roheisens und die Weiterberechnung an die Abnehmer bezw. Vertreter getrennt von den Lieferungen der Verbandswerke erfolgen musste. Je mehr sich die Schwierigkeiten inbezug auf den Geldverkehr steigerten, desto mehr war es Aufgabe des Verbandes, die Eingänge möglichst wenig verlustbringend im Interesse der Verbandswerke zu verwerten und für die Beschaffung genügend flüssiger Mittel zu sorgen.

Soweit die Zahlungen der Abnehmer bezw. Vertreterfirmen in Papiermark geleistet wurden, war der Verband schon länger dazu übergegangen, die eingehenden Gelder als Teilzahlungen den Mitgliedern sofort zur Verfügung zu stellen, damit sich diese wieder rechtzeitig eindecken konnten. Soweit durch Massnahmen der Devisenbewirtschaftungsstelle des Reiches nicht unmöglich gemacht, suchte man durch Ankauf von Devisen der Entwertung der eingehenden Papiermarkbeträge vorzubeugen.

Als schliesslich im Laufe des Jahres 1922 ein sprunghaftes Emporschnellen der Devisenkurse einsetzte und die Banken begannen, Kredite auch bei solchen Unternehmen zu verweigern, bei denen Zweifel an Zahlungsfähigkeit nicht bestanden, gerieten auch die Zahlungseingänge ins Stocken. Es blieb dem Verbande nichts anderes übrig, als neue Wege für die Finanzierung zu suchen. Zu diesem Zwecke wurde am 8. Dezember 1922 eine Institution unter der Bezeichnung „Roheisen-Finanzierung G.m.b.H.“ mit einem Stammkapital von M 100.000.000.-- gegründet, an welcher die einzelnen Werke nch Massgabe ihrere Versandquote im Roheisen-Verband beteiligt waren. Gegenstand des Unternehmens war die Finanzierung der Roheisenlieferungen der Gesellschafter an den Roheisen-Verband. So war den Werken die Möglichkeit gegeben, im Rahmen des ihnen zustehenden Kreditanteils Vorauszahlungen in Gestalt von Akzepten zu erhalten. Soweit die Werke hiervon Gebrauch machen wollten, konnten sie nach Massgabe der erfolgten Roheisenliefungen in Abschnitten von nicht über M 50.000.000.-- auf den Roheisen-Verband transsieren, die Wechsel auf die Ordre der Roheisen-Finanzierung-Gesellschaft ausstellen und dem Verband zum Akzept übergeben. Diese wurden dann mit dem Akzept des Roheisen-Verbandes versehen und für Rechnung der in Frage kommenden Werke der Roheisen-Finanzierung-Gesellschaft zur Diskontierung bei der Reichsbank zugeleitet.

Bereits im Monat Dezember 1922 wurden von den Werken Wechselkredite bei der Roheisen-Finanzierung-Gesellschaft im Betrage von M 1.947.300.000,-- in Anspruch genommen.

Die Umsätze bei der Roheisen-Finanzierung-Gesellschaft in den folgenden Monaten betrugen:

Januar

1923

M

1.244.450.000,--

Februar

1923

M

675.000.000,--

März

1923

M

2.445.200.000,--

April

1923

M

2.857.100.000,--

Mai

1923

M

7.296.350.000,--

Juni

1923

M

3.094.600.000,--

Juli

1923

M

2.936.300.000,--

August

1923

M

6.608.950.000,--



M

27.157.950.000,--

+ Dezember

1922

M

1.947.300.000,--

zus.


M

29.105.250.000,--

1923

Ungeahnte Ausmasse erreichte die Inflation im Jahre 1923, in welchem sie, beschleunigt durch die Besetzung des Ruhrgebiets, eine phantastische Ausdehnung annahm. Für den Verband ergab sich immer drigender die Notwendigkeit, sich mit allen Mitteln gegen die verheerenden Auswirkungen der Inflation zu schützen. Das bisher den Abnehmern eingeräumte Zahlungsziel bis zum 15. des der Lieferung folgenden Monats konnte wegen der dadurch hervorgerufenen finanziellen Verluste nicht mehr beibehalten werden. Mit dem Monat Januar 1923 wurden daher die Zahlungsbedingungen insofern geändert, als fortab die Lieferungen in der ersten Monatshälfte bis zum 30. des gleichen Monats und die Lieferungen in der zweiten Monatshälfte bis zum 15. des folgenden Monats zu bezahlen waren.

Wie unumgänglich eine Verkürzung des Zahlungsziels war, zeigt die Entwicklung der Roheisenpreise, die in dem kurzen Zeitraum vom 1. Januar bis Mitte Februar 1923 fast auf das Vierfache erhöht werden mussten, und zwar für Hämatit

von

M

196.700,--

p.t in der

I.

Hälfte Januar

auf

M

234.800,--

p.t für die

II.

Hälfte Januar


M

736.300,--

p.t für das

I.

Viertel Februar


M

779.100,--

p.t für das

II.

Viertel Februar

Hieraus erhellt, dass auch das verkürzte Zahlungsziel noch viel zu weit gegriffen war, weshalb auch schon für die zweite Oktave Februar die Zahlungsfrist um weitere sieben Tage verkürzt werden musste. Die immer kürzer werdenden Zeitspannen für die Festsetzung neuer Roheisenpreise sowohl als auch die durch Änderung der Zahlungsbedingungen hervorgerufenen vermehrten Zahlungseingänge machten sich natürlich bei der Verwaltungstätigkeit des Verbandes stark bemerkbar. Erfolgte früher bei gleichbleibenden Preisen und Bedingungen die Fakturierung der Roheisenlieferungen monatlich nur einmal, so musste jetzt die Berechnung dreimal und später viermal im Monat vorgenommen werden. In ähnlicher Weise hatte auch die Verrechnung mit den Lieferwerken zu geschehen.

Dazu kam, dass der Verband, wie bereits in einem früheren Abschnitt dieser Schrift gesagt, sich Ende Januar 1923 gezwungen sah, infolge der Besetzung Essens zunächst einen teil des Büros und später fast seinen ganzen Betrieb in das unbesetzte Gebiet, und zwar nach Hannover, zu verlegen. In dieser Zeit musste zwecks gegenseitiger Unterrichtung der beiden Geschäftsstellen des Verbandes ein grosser Teil der Verkaufs- und Versandkorrespondenz mit den Vertreterfirmen und unmittelbaren Abnehmern sowie mit den Lieferwerken in doppelter Ausfertigung geführt werden. Des unsicheren Postverkehrs wegen hatte der Verband, um eine zuverlässige Abwicklung der Geschäfte mit den Verbrauchern und Vertreterfirmen einerseits und den im besetzten Gebiet gelegenen Lieferwerken andererseits zu gewährleisten, einen täglichen Kurierdienst zwischen Hannover und Essen und umgekehrt eingerichtet. Der gesamte Buchhaltungs- und Geldverkehr sowohl für das besetzte Gebiet als auch für das unbesetzte musste von Hannover aus geregelt werden. Ganz erhebliche Schwierigkeiten brachte die bald darauf durch die Besatzungsmächte verhängte Verkehrssperre mit sich, die eine Belieferung der Abnehmer des unbesetzten Gebietes von Lieferwerkden des besetzten Gebietes unmöglich machte. Da an den bisherigen Roheisenlieferungen in das unbesetzte Gebiet in sehr starkem Masse die Hochofenwerke des jetzt abgesperrten Gebietes beteiligt waren, konnte für die Folge dieser Ausfall an Lieferungen nur durch eine verstärkte Einfuhr fremden Roheisens wettgemacht werden. (s.S. 55) Sofern eine Möglichkeit bestanden hätte, die für das unbesetzte Gebiet fehlenden Roheisenmengen durch Produktionssteigerungen der Küsten- bezw. der übrigen im unbesetzten Gebiet gelegenen Werke aufzubringen, wäre auch dies nicht in Frage bekommen, weil die gleichzeitig erfolgte völlige Unterbindung der Kohlezufuhr aus dem Ruhrbecken, Stillegung der Eisenbahn und Unterbindung des Postverkehrs mit dem Ruhrgebiet den genannten Werken nicht einmal gestattete, ihre bisherige Produktion beizubehalten, ohne zum Verbrauch englischer Kohle überzugehen.

Für das mit englischer Kohle erblasene Roheisen, das durch dir erheblich höheren Gestehungskosten eine Sonderverrechnung bedingte, hatte der Verband beim Reichswirtschaftsministerium ebenso wie für ausländische Roheisen beantragt, die Forderung der Bezahlung in Devisen stellen zu dürfen. Diesem Antrage wurde indessen vom RWM nicht stattgegeben, sodass der Verband auch auf Preisstellung in fremder Währung bei Bezahlung in Papiermark, die das RWM vorgeschlagen hatte, wegen der büromässig unmöglich durchzuführenden Abrechnungsarbeiten verzichtete und die Verkaufspreise auch für das mit englischer Kohle erblasene Roheisen, allerdings gesondert vom übrigen Roheisen, nach dem bisherigen Verfahren in P.-Mark festsetzte.

In der folgenden Zeit, von Ende Februar bis Mitte Mai 1923, konnten die Roheisenpreise etwa auf der gleichen Höhe gehalten werden, bis dann eine neue Inflationswelle die Papiermark weiter im Werte stark herabdrückte.

Um zum Teil wertbeständige Bezahlung der Roheisenlieferungen zu erreichen, ging der Verband dazu über (erstmalig in der II. Juli-Oktave 23) die Fakturierung zur Hälfte in englischer Währung und den Rest in P.-Mark vorzunehmen. Die Devisenverordung des Reichswirtschaftsministeriums, welche bis zu diesem Zeitpunkt der Forderung auf Devisenzahlung entgegengestanden hatte, war dahin geändert wordne, dass die Bedingung der Zahlung in Devisen nunmehr zulässig war. Entsprechend den neuen Zahlungsbedingungen war die Berechnung der Roheisenlieferungen unter Zugrundelegung der bei der Preisfestsetzung verwendeten festen Pfundkurse wie folgt aufzumachen:

16. - 23.

Juli 1923 (1 £ = 1 Million M)





100 t

Hämatit

à M

6.950.000,--

= M

695.000.000,--

100 t

Giess. I

à M

6.920.000,--

= M

692.000.000,--





M

1.387.000.000,--


hiervon ½ in P.-Mark



M

693.500.000,--


die andere Hälfte von
M 693.500.000,-- umgerechnet a. Kursbasis von 1.000.000,--



£

693.10





24. - 31.

Juli 1923 (1 £ = 3.3 Million M)





100 t

Hämatit

à M

14.213.000,--

= M

1.421.300.000,--

100 t

Giess. I

à M

14.183.000,--

= M

1.418.300.000,--





M

2.839.600.000,--


hiervon ½ in P.-Mark



M

1.419.800.000,--


die andere Hälfte von
M 1.419.800.000,-- umgerechnet a. Kursbasis von 3.300.000,--



£

10/04/30

Für den Monat August 1923 wurde dann wieder die Bedingung der Devisenzahlung für die Hälfte der Rechnungsbeträge fallen gelassen, dafür die Berechnung der Roheisenlieferungen in der Weise vorgenommen, dass der endgültig zu zahlende Rechnungsbetrag nach dem jeweils letzten Börsentage vor Fälligkeit der Rechnungen notierten amtlichen Berliner Briefkurs für das englische Pfund zu ermitteln war. Die Zahlung konnte in Paapiermark geleistet werden, wobei diese als rechzeitig erfolgt galt, wenn die Überweisung am Fälligkeitstag vorgenommen worden war. Diese Zahlungsbedingung war deshalb gewählt worden, um die Abnehmer in die Lage zu versetzen, auf Grund der Kursklausel ihre endgültigen Zahlungsverpflichtungen an den Verband selbst zu ermitteln. Die Berechnung durch den Verband an die Vertreterfirmen und durch diese an die Abnehmer geschah in der Weise, wie es folgendes Beispiel zeigt:

100 t

Hämatit

à M

79.700.000,--

= M

7.970.000.000,--

100 t

Giess. I

à M

79.700.000,--

= M

7.970.000.000,--





M

15.940.000.000,--

zahlbar am 7. September 1923.

endgültige Berechnung: Rechn. Betr. M 15.940.000.000,--

Kursbasis

13.000.000,--

Kurs am 6.9.23

150.375.000,--

Kursunterschied

137.375.000,--

endgültiger Rechnungsbetrag

Die bisherige Form der Preisfestsetzung hätte für die Folge zu Preisen geführt, die eine auch nur einigermassen geordnete Verrechnung und Verbuchung nicht mehr zugelassen hätten, würden doch die Durchschnittspreise für die Giessereiroheisensorten nach den jeweiligen Kursen

für den Monat

August

1923

eine Höhe von

1

Milliarde

P.M. p.t

Ende

September

1923

eine Höhe von

4.4

Milliarden

P.M. p.t

Ende

Oktober

1923

eine Höhe von

2

Billionen

P.M. p.t

und am 20.

November

1923

eine Höhe von

115

Billionen

P.M. p.t

erreicht haben.

Mit Wirkung ab 1. September 1923 liess der Verband deshalb die Preisfeststellung in Papiermark engültig fallen und setzte die Roheisenpreise in theoretischer Shilling – Goldmark fest. Hiermit war erstmalig die Grundlage geschaffen, Papiermark in einem Umfange zu erhalten, welcher dem Werte der Roheisenpreise am Tage der Festsetzung entsprach, wobei gleichzeitig für Papiermarkzahlungen die Zahlungsbedingung dahin abgeändert wurde, dass jetzt die Umrechnung der P.-Mark in Goldmark nicht nach Wert des Fälligkeits- bezw. Zahlungstages erfolgte, sondern dass für die Bewertung der P.-Mark der £ - Kurs am Tage des Eingans der Zahlung massgebend war. Um hierbei die Abnehmer einerseits weitestgehend vor Kursverlusten im Zusammenhang mit ihren Zahlungen zu schützen und andererseits dem Verband auf dem schnellsten Wege flüssiges Geld zu beschaffen, war auch der umweg der Zahlungen über Vertreterfirmen ausgeschaltet worden. Die Zahlungen hatten für die Folge direkt an den Roheisen-Verband bezw. auf dessen Reichsbank-Giro-Konto bei der Reichsbank in Hannover, soweit es sich um Papiermark handelte, zu Gundsten der in Frage kommenden Vertreterfirmen zu erfolgen. Allerdings bedeutete diese Massnahme eine wesentliche Arbeitsbelastung für den Verband, die aber in Kauf genommen werden musste. Während in normalen Zeiten die gesamten Buchhaltungsarbeiten von etwa 10 Angestellten bewältigt werden konnten, war diese Zahl nach und nach auf etwa 60 gestiegen; ausserdem musste noch eine Anzahl Korrespondenten aus den übrigen Abteilungen hinzugezogen werden, die oft bis in die späten Abendstunden zu tun hatten, den gewaltigen Briefwechsel mit Vertretern und Abnehmern bezüglich der Berechnung und Verbuchung auf dem laufenden zu erhalten.

Mit der Einführung der theoretischen Goldmarkrechnung am 1. September 1923 war eine grundlegene Umstellung der Buchhaltung erforderlich geworden. Entgegen der bis dahin üblichen Form der Eintragung in feste Journale, wurden wegen der gewaltigen Steigerung der Zahlungseingänge und der dadurch erforderlichen Arbeitsteilung die Papiermarkeinträge gegen „Goldmark“ zunächst auf losen Bogen „Zahlungs-Eingänge“ verbucht, nachdem vorher die Umrechnung der Papiermark zum entsprechenden Kurs in „Goldmark“ stattgefunden hatte. Alsdann erfolgte die Verbuchung der Posten auf ebenfalls losen Journalbogen „Papiermark-Eingang“ dergestalt, dass dem Papiermark-Eingang zu Lasten der Bank und zu Gunsten des Roheisen-Kontos (Waren-Kontos) eine Gutschrift auf den Konto-Korrent-Konten der Abnehmer bezw. Vertreter in Goldmark zu Lasten des Roheisen-Kontos (Waren-Kontos) gegenüberstand. Die Einführung des Roheisen-Kontos als „Zwichen-Konto“ war erforderlich, weil sich eine ziffernmässiger Ausgleich der Posten nicht mehr ergeben konnte. Schecks und Wechsel in Papiermark, die wir von unseren Abnehmern in Zahlung genommen hatten, sind erst nach der Weitergabe an die Banken oder Werke verbucht worden, da vor der Gutschrift dem Abnehmer gegenüber der Goldmarkwert feststehen musste, um keine Verluste für den Verband entreten zu lassen. Für die nach Einführung der Rentenmark am 20. November 1923 in dieser Währung eingegangenen Beträge ist dann wieder ein besonderes Konto eingerichtet worden, desgleichen für die Zahlungen in Dollar-Schätzen und Goldmark-Anleihe.

Die gleichen Buchungsvorgänge – natürlich in umgekehrter Reihenfolge – wiederholten sich dann bei Weitergabe der vereinnahmten Papiermarkbeträge bezw. der übrigen Geldsorten.

Aus den Journalen wurden die Übertragungen auf die Konto-Korrent-Konten, die wegen der neu einzurichtenden rund 3000 Abnehmer-Konten in Karten-Form geführt wurden, vorgenommen.

Die mit Einführung der Goldmarkrechnung erfolgte Umstllung des gesamten Rechnungswesens auf „wertbeständige Grundlage“ wurde von der Geschäftsführung des Roheisen-Verbandes veranlasst in der Erkenntnis, dass die Beibehaltung des bisherigen Systems zu einem Chaos in der Buchführung hätte führen müssen.

In der Niederschrift über die Bücher-Revision für das Rechnungsjahr 1923 berichtete der vereidigte kaufmännische Sachverständige und Dozent an der Handelshochschule in Köln M. Harzmann u.a. folgendes:

„Mit dem Übergang zur Preisfestsetzung in theoretische Goldmark vom 1. September 1923 ab entschloss sich der Verband angesichts des vollständigen Versgens der Papiermark-Buchführung zur sofortigen Umstellung des gesamten Rechnungswesens auf wertbeständiger Grundlage.
Die Geschäftsleitung hat die schwierige Aufgabe, vor die sie sich gestellt sah, in hervorragender Weise gelöst durch Einführung einer Valutabuchführung. Die Bücher und die Bilanzen, die sie den beteiligten Werken für den 31. Dezember 1923 und 1. Januar 1924 vorlegt, gewähren einen klaren und vollständigen Überblick über die Geschäfts- und Vermögenslage des Verbandes von 1923.“

Einige Zahlen aus dem Buchführungsbericht und einen Auszug aus dem Text, der nachfolgend wiedergegeben wird, dürften einen kleinen Einblick gestatten in das Buchhaltungssystem des Roheisen-Verbandes. Es heisst darin unter anderem:

„An Ausgangs-Rechnungen und Lieferungen in deutschem und fremdem Eisen wurde im Jahre 1923 verbucht:

im I. Halbjahr

700.400.786.569,-- P.M.

im II. Halbjahr

23.177.629.518.239,-- P.M.

zusammen

23.878.030.304.808,-- P.M.

in Worten: 23 Billionen 878 Milliarden 030 Millionen 304 Tausend 808 Mark.

oder in fremden Währungen im Jahre 1923

Goldmark

25.507.165,--

£

999.211,--

$

210.958,--

hfl.

172.740,--

norw. Kr.

74.897,--

dän. Kr.

152.235,--

schw. Kr.

303.905,--

sfrs

115.730,--

ffrs

8.862.064,--

brfs

1.027.893,--

Lire

23.400,--

çKr.

4.428.990,--

Sodann sagt der Buchrüfungsbericht auf einer seiner folgenden Seiten:

„Aus Papiermark-Schecks und -Wechseln, die zum grossen Teil der Reichsbank zur Gutschrift bezw. Diskontierung übergeben wurden, deren Höhe sich lt. Revisionsbericht im Jahre 1923 auf Mark 1.615.003.352.737.795.365,87 in Worten 1 Trillion 615 Milliarden 3 Billionen 352 Milliarden 737 Millionen 795 Tausend dreihundertfünfundsechzig Mark ,87 beliefen, ferner aus Papiermark-Überweisungen kaufte der Verband zum Teil auf Termin und zum anderen Teil auf Kredit gegen Papiermasrk in der Zeit vom 22. Mail 1923 bis 24. November 1923 insgesamt engl. £ 656 852.10.8

Da die Abdeckung an eniem späteren als dem Kauftermin (dem Fälligkeitstage) in Papiermark stattfand, benötigte der Verband zur Zahlung des obigen Pfundbetrages nur engl. £ 382 224.18.2, sodass bei diesen Devisenkäufen ein Kursgewinn von engl. £ 274 627.12.6 in den Händen des Roheisen-Verbandes verblieb,“ wodurch ein teilweiser Ersatz für die Verluste geschaffen wurde, welche die Mitglieder des Roheisen-Verbandes an den durch den EWB festgesetzten Preisen trotz der vielen Klauseln erlitten hatten. Welche Höhe diese Verluste gehabt haben, geht aus der beigefügten graphischen Darstellung über den Goldwert der Roheisenpreise am Tage der Bezahlung gegenüber dem Goldwert am Tage der Festsetzung hervor. Diese Verluste konnte selbstverständlich der Roheisen-Verband als solcher nicht ausgleichen. Dies war auch nicht seine Aufgabe, sondern die Verband hatte in erster Linie dafür zu sorgen, dass bei der Überleitung der Gelder von der Kundschaft zu den Werken keine Verluste eintraten. Diese Aufgabe ist, was an anderer Stelle noch erwähnt werden soll, restlos erfüllt worden. Für den Verband als solchen stellt der obige Betrag tatsächlich einen Überschuss aus dem Überweisungsverkehr dar, der später den Werken gutgekommen ist.

Harzmann fährt fort:

„Nach Überwindung der grössten Schwierigkeiten des Jahres 1923, das inbezug auf die Finanzwirtschaft die grössten Anforderungen an den Verband gestellt hat, ist es immerhin gelungen, einen den damaligen Verhältnissen entsprechend sehr günstigen Jahresabschluss zu erzielen, der ein Guthaben bei Inlands- und Auslandsbanken von sh-GM 6.232.243,16 gegenüber Bankverpflichtungen des Verbandes von sh-GM 2.351.824,22 ausweist.

Die Bankguthaben setzen sich in der Hauptsache aus wertbeständigen Devisenkonten zusammen, während es sich bei den Bankverpflichtungen nur um Papiermarkschulden handelt.

Soll-Salden am 31. Dezember 1923




Papiermark

Böhmische Union Bank, Prag

4 049 936,39

5 064 615 620 000 000 000,--

Guaranty Trust Company of New York, Brüssel

bfrs

24 385,79

5 064 540 000 000 000,--

A. de Bary & Co., Amsterdam

ffrs

61 942,64

14 617 720 000 000 000,--

Rotterdamsche Bankvereeniging, Rott.

ffrs

317 705,50

74 974 600 000 000 000,--

Röchling Bank Saarb.

ffrs

141 531,40

33 399 740 000 000 000,--

Devisen-Konto fremde Noten

ffrs

1 203,50

284 010 000 000 000,--

v.d. Heydt-Kersten Bank

hfl.

131 909,58

231 471 110 000 000 000,--

Rotterdamsche Bankvereeniging, Rot.

hfl.

69 312,12

121 626 850 000 000 000,--

Devisen-Konto fremde Noten

hfl.

1 000,--

1 754 770 000 000 000,--

S. Japhnet & Co. London

£

51 726/18/6

1 034 538 500 000 000 000,--

Midland Bk., London

£

76 658/19/1

1 533 179 080 000 000 000,--

Midland Bk. Akkred. Kto.

£

1 461/5/-

29 225 000 000 000 000,--

Midland Bk. Sonderkonto

£

1 794/5/-

35 885 000 000 000 000,--

Devisen-Konto fremde Noten

£

253/-/-

5 060 000 000 000 000,--

Privatbanken, Kop.

d.Kr.

215 997,47

176 685 160 000 000 000,--

Schweiz. Kreditanstalt, Zürich

sfrs

586 069,80

473 591 900 000 000 000,--

Devisen-Konto fremde Noten

sfrs

1 390,--

1 123 230 000 000 000,--

Skandinaviska Kreditaktiebolaget, Stockholm

sfrs

24 145,89

29 428 270 000 000 000,--

Skandinaviska Sonderkonto

sfrs

8 000,--

9 750 150 000 000 000,--

Deutsche Bank, Hamburg

$

271 143,64

1 254 220 220 000 000 000,--

Deutsche Bank, Hamburg, Sonderkto.

$

1 500,--

6 938 500 000 000 000,--

Deutsche Bank Berlin, Goldanleihekonto

$

7 608,24

35 193 190 000 000 000,--

Westfalenbank Hannover, Goldanl.

$

4 834,40

22 362 330 000 000 000,--

Westfalenbank Hannover, Schatzanw. Kto.

$

1 645,--

7 609 220 000 000 000,--

Hannov. Bank Rentenmark Kto.



32 625 650 000 000 000,--

Dellbrück, Schickler & Co., Berlin



856 470,--

Giro-Zentrale, Hannover



5 170 389 607 258 400,--

Disconto-Ges., Hannover



25 969 175 344 367,--

Commerz-u. Privatbank



8 885 188 996 154 284,--

Disconto-Ges. Saarbr.



73 843,--

Dresdner Bk., Essen



1 971 080,60

Dresdner Bk., Hannover Sonderkto.



13 550 000,--

Dresdner Bk., Hannover



81 576 068 053 608,--

Ess. Credit-Anst. Essen



20 272 034,25

Ess. Credit-Anst. Bürgschaft d. Vertreter



2 206 200,--

Simon Hirschland, Hamburg



6 155 688 340 994 820,--

Mitteld. Creditbk., Essen



16 232 174 707 368,--

Mitteld. Creditbk. Hannover



4 451 155,81

Gebr. Röchling Bank, Saarbr.



8 740 666,66

A. Schaaffhausenscher Bankv. Köln



6 023 329 403 121 719,--

J.H. Stein, Köln



701 374,--

Westfalenbank A.G. Hannover



104 321 451 738 301 543,--

Papiermark



5 844 904 185 556 758 933,32

in Worten: 5 Trillionen 844 Billiarden 904 Billionen 185 Milliarden 556 Millionen 758 Tausend 933 Mark, 32 Pfg. = sh – Goldmark 6 232 243,16

Haben-Salden am 31. Dezember 1923

Barmer Bank-Verein Hinschberg Fischer & Co.

343 131,--

Deutsche Bank, Berlin

400 586 000 000,--

Hannoversche Bank, Hannov., Sonderkonto

664 166 714,--

Hannoversche Bank, Hannov.

34 935 396 825 647 990,--

Direction der Disconto-Ges. Essen

10 026 201,--

Westfälischer Bankverein, Münster

20,--

Simon Hirschland, Essen

1 000,--

Siegener Bank, Siegen

6 048 462 034 939 927,--

Westfalenbank, Hannover, Kto. tägl. Geld

25 600 000 000 000 000,--

Reichsbankstelle Essen

97 879 549,80

Reichsbank Hannover (einschl. Lombardkredit)

1 807 760 470 912 499 965,86

Papiermark

1 874 344 731 129 504 498,66

in Worten: 1 Trillion 874 Billiarden 344 Billionen 731 Milliarden 129 Millionen 504 Tausend 498 Mark, 66 Pfg. = sh – Goldmark 2 351 824,22

Der Reichsbanksatz betrug

bis zum 17. Januar 1923

10%

vom 18. Januar bis 23. April 1923

12%

vom 23. April bis 2. August 1923

18%

vom 3. August bis 15. September 1923

30%

vom 15. September bis 15. Dezember 1923

90%



In laufender Rechnung vergüteten die Banken:

im I. Halbjahr

4-12% das Jahr

vom 30. Juni bis 30. September 1923

15-20% das Jahr

vom 1. Oktober bis Dezember

¼ – ½% den Tag.



Harzmann scheibt in seinem Bericht hierzu wie folgt:

„Infolge der schnellen Markentwertung wurde der Geldbedarf so gross, dass sich der Verband genötigt sah, Kredite in Anspruch zu nehmen. Es wurde bei den voerschiedenen Banken tägliches Geld aufgenommen, wofür bis zum 1 ½ % pro Tagh Zinsen zu zahlen waren. Auch stellte der Verband selbst Akzepte aus, die er den Werken in Zahlung gab; andererseits liess er sich von den Werken Akzepte geben, die bei der Reichsbank diskontiert wurden. Schliesslich nahm er bei der Reichsbank einen Lombardkredit von Goldmark 2 000 000,-- auf, der mit 12% zu verzinsen war.“

Von besonderem Interesse ist noch, mit welchen Zahlungsmitteln die Abnehmer ihre Roheisenlieferungen bezahlt haben. Ausser Zahlungen in Papiermark wurden dem Verband grosse Posten in Reichsbanknotgeld, Notgeld der Länder, Provinzen, Städte und Gemeinden, Notgeld der Handelskammern, der Zechen und Industriewerke zugeleitet, deren Unterbringung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und teilweise überhaupt unmöglich war. Nach Einführung von wertbeständigen Anleihen wurden vom Verband auch Zahlungsmittel eingegengenommen, wie

Roggengeld der Hannoverschen Landeskreditanstalt,
Goldmark-Verrechnungs-Anweisungen der Hamburgischen Bank,
Goldmark-Notgeld des Provinzialverbandes Ostpreussen,
Dollar-Notgeld der Handelskammer Frankfurt/M. und Hanau,
Dollaranleihe des Bremischen Staates von 1923,
Dollar-Anteilscheine der Deutschen Reichsbahn,
Goldmarkschine d. Mecklenburg-Schweriner Staatsministeriums,
Landschaftliche Central-Roggenpfandbriefe der Central-Landschaftsdirektion, Berlin,
Roggenrentenbriefe der Roggenrentenbank A.-G., Berlin,
Preussische 5% Kalianleihe von 1923,
Goldmark-Notgelscheine der Handelskammern Freiburg, Konstanz, Lahr, Schopfheim und Villingen,
Dollar-Notgeld der Freien und Hansestadt Hamburg,
5% Dollar-Schuldverschreibung des Provinzialverbandes Sachsen,
Gold-Schatzanweisungen des Freistaates Bayern,
Dollar-Notgeldscheine der Dresdner Bank, Fil. München,
Oldenburgische Roggenanweisungen der Staatlichen Kreditanstalt, Oldenburg,
Dollarschatzanweisungen des Volksstaates Hessen,
Württembergische Industrie- und Handelsnoten,
Goldschatzanweisungen des Landes Baden,
Festmark des Kreises Rendsburg,
Goldmark-Notgeld der Badischen Landwirtschafts-Kammer,
Dollar-Notgeld der Handeslkammer Mannheim,
Dollar-Notgeld der Handelskammer Pforzheim,
Goldmark-Notgeld des Arbeitsgeberverbandes der Edel- und Unedel-Metallindustrie, Schwb.-Gmünd,
Dollar-Notgeld der Chemischen Fabrik Griesheim-Elektron,
Gutscheine über Reichsgoldanleihe der Handelsbank Karlsruhe und Baden,
Dollar-Notgeld des Reichspostministeriums München.

Alle diese Zahlungsmittel waren, wenn auch unter Anwendung aller nur möglichen Massnahmen, immerhin ohne Verlust verwertbar und vom Verband deshalb anstandslos in Zahlung genommen worden. Anders war es dagegen mit dAufgaben für den Verband kein Raum mehr blieb, Spekulationsgeschäfte zu betreiben. Von seiten anderer grosser und auch kleinerer Unternehmen, ja selbst vom Einzelhandel, sind allerdings gerade in der Zeit der Hochinflation, als die Papiermark als Zahlungsmittel fast jeglichen Wert verloren hatte, Effekten in Zahlung genommen worden. Wie ungeeignet solche Werte gerade zu dieser Zeit als Zahlungsmittel waren, zeigen die damaligen riesigen Kursschwankungen an der Börse in wenigen Novembertagen vor der Markstabilisierung.

Beispielsweise wurden die Aktien der Deutschen Bank under Hapag im Monat November 1923 zu Papiermarkpreisen notiert, welche an den einzelnen Börsentagen, in Gold umgerechnet, die nachstehenden Werte ergaben:

Tag

Deutsche Bank

Hapag

1.

110

630

2.

590

3280

3.

450

2560

5.

2100

7200

7.

630

2100

9.

460

1750

12.

630

2800

14.

320

1820

16.

-

640

19.

-

1050



Zur besseren Uebersicht diene die auf der nächsten Seite wiedergegebene graphische Darstellung.



Als weitere Zahlungsmittel kamen noch Akzepte mit einer Laufzeit von bis zu drei Monaten in Frage, die von der Reichsbank diskontiert wurden, was in Anbetracht der seinerzeitigen Verhältnisse von ganz besonderer Bedeutung war. Bei der rapiden Entwertung der deutschen Währung während der Laufzeit der Wechsel betrug die zu Lasten der Reichsbank gehende Entwertung in Goldmark umgerechnet stets ein Vielfaches der Beträge, die zur Einlösung der Abschnitte bei Fälligkeit erforderlich waren. In den Monaten Juni bis November 1923 wurden vom Verband an die Reichsbank insgesamt 894 Wechsel im Gesamtbetrage von rd. 35 Billiarden Mark weitergegeben, die nach Umrechnung zum jeweiligen Kurse bei Eingang einen Wert von Goldmark 2.655.075,-- gebenüber 92.843.60 am Verfalltage darstellten. In den einzelnen Monaten wurden diskontiert:

Wechsel-Eingang von Werken:

Monat

Anzahl

Papiermark

Juni

53

14.182.227.297,--

Juli

74

35.862.487.800,--

August

26

75.996.800.317,--

September

36

532.000.000.000,--

Oktober

4

73.000.000.000.000,--

November

4

11.500.000.000.000.000,--


197

11.573.658.041.515.414,--



Wechsel-Eingang von Abnehmern:

Juni

129

10.720.700.000,--

Juli

204

23.090.882.000,--

August

240

218.839.000.000,--

September

91

2.161.335.000.000,--

Oktober

4

10.958.600.000.000,--

November

29

23.817.000.000.000.000,--


697

23.830.372.585.582.000,--

+

197

11.573.658.041.515.414,--


894

35.404.030.627.097.414,--



Wert in Goldmark bei Eingang

2.655.075,--

Wert in Goldmark am Vefallt.

92.843,60



Hier einige Beispiele, wie verschiedenartig sich im Endergebnis die Regulierung unserer Rechnungen durch die Abnehmer auswirkte, je nachdem in Akzepten oder Papiermark bezahlt wurde:

Ein Abnehmer bezahlt im Monat April 1923 fuer 186 t Roheisen den Rechnungsbetrag von M 126.216.300,-- mit Akzepten per Ende Juni 1923. Der Rechnungsbetrag entsprach bei Fälligkeit £ 1.285,--. Bei Einlösung der Akzepte war deren Wert nur noch £ 220,--. Der gleiche Abnehmer im April/Mai den Rechnungsbetrag für 729 t Roheisen von M 700.000.000,-- in Akzepten per 12./14. September 1923 Rechnungsbetrag £ 4.900,-- Wert des P.Markbetrages bei Fälligkeit der Wechsel = £ 1 12/11 also zahlt der Abnehmer im letzeren Fall für die Tonne Roheisen am Tage der Einlösung der Akzepte ganze 4 ½ Goldpfennig.

Zahlungen in Papiermark f. Lieferungen vor dem 1. September 1923

Ein anderer Abnehmer hatte per 7.9.23 zu bezahlen M 28.090.512.000,-- welcher Betrag £ 186 16/1 entsprach. Die Firma zahlte am 12.9.23 M 5.470.950.200,--, am 6.10.23 M 117.579.800.000,--, zusammen M 123.050.750.200,--, und hatte damit nur £ 52 13/3 bezahlt.

Zahlungen in Papiermark für Lieferungen nach dem 1. September 23

Eine Eisengiesserei hatte für eine Roheisenlieferung £ 87 = sh 1.740,-- zu zahlen und überwies am 21. September in Scheck M 43.608.750.000,--, die am Tage der Zahlung sh 1.740,-- entsprachen, zum Kurse am Tage des Zahlungseingangs, am 25. September jedoch nur mit sh 1.288,89 gutgeschrieben werden konnte, sodass noch sh 451,11 zu zahlen verblieben. Da die Firma einsah, dass die voraussichtlich bei weiteren Papiermark-Zahlungen nie imstande sein würde, ihren Verpflichtungen restlos nachzukommen, zahle sie den Rest mit Devisen.

Die Frage der Diskontierung von Papiermarkwechseln ist seinerzeit bei den massgeblichen amtlichen Stellen wiederholt Gegenstand von eingehenden Erörterungen gewesen. So berichtet Dr. Hjalmar Schacht in seinem Buch: „Die Stabilisierung der Mark“ „dass die Forderung an die Reichsbank, Kredite nur auf wertbeständiger Grundlage zu geben, wiederholt erwogen wurde. Der Grund hierfür war, dass die breite Öffentlichkeit immer wieder Gelegenheit hatte, wahrzunehmen, wie einzelne Unternehmungen und Unternehmer im allgemeinen Währungsverfall ihre Betriebe ausbauten, neue Werke erwarben, alles auf Grund von Papiermarkkrediten, die sie sich zu beschaffen wussten und die in stests weiter entwerteter Valuta zurückgezhalt wurden. Soweit die Privatbanken solche Papiermarkkredite gaben, geschah dies auf Kosten der Geldeinleger oder auf Kosten der Reichsbank, die den Privatbanken wie auch der Nichtbankkundschaft Papierwechsel diskontierte. Diese Frage spielte eine Rolle vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstages, der im Mai und Juni 1923 die Ergebnisse bei dem Zusammenbruch der Markstützung nachzuprüfen hatte.

Helfferich wiess darauf hin, dass die Reichsbank allerdings bei der Wechseldiskontierung die Inflationsverluste trage, andererseits habe sie hierfür Deckung durch die Guthaben der Giro-Konten-Inhaber, welche ebenfalls der Inflation unterlagen. Dieser Auffassung ist Dr. Schacht nachdrücklichst entgegengetreten, indem er sagte, dass die Giro-Konten-Inhaber und Wechseldiskontanten nicht die gleichen Personen seien.“

Die Auffassung von Dr. Schacht ist insofern richtig, als tatsächlich die Möglichkeit der Diskontierung von Papiermarkwechseln zu Spekulationszwecken in unermesslich grossem Umfange hauptsächlich von einzelnen spekulativ eingestellten Unternehmungen missbraucht worden ist. Diese Unternehmungen haben praktisch hiermit eine Falschmünzerei zu Lasten der gesamten deutschen Volkswirtschaft betrieben. Andererseits bin ich der Ansicht, dass es eine Ungerechtigkeit gewesen wäre, wenn man den Unternehmungen im allgemeinen nicht die Möglichkeit zur Akzeptzahlung gegeben haben würde, um sich vor den täglichen Verlusten an den Papiermarkforderungen und -Eingängen in etwa schadlos zu halten. Tatsächlich hat die Diskontierung von Akzepten dem Verband dazu gedient, die Mark gewissermassen wertbeständig auf Termin zu verkaufen. Würde nicht die Möglichkeit bestanden haben, so würden die Verluste für den Roheisen-Verband und auch für die meisten anderen Firmen auf die Dauer ruinös gewesen sein. Dass die Wechseldiskontierung zu einer Bereicherung im grossen Umfange nicht geführt hat, dürfte daraus hervorgehen, dass die grösste Anzahl der kaufmännischen und industriellen Betriebe nach Beendigung der Inflation über Betriebsmittel kaum noch verfügte.

Es ist für den Roheisen-Verband nicht feststellbar, inwieweit die Bezahlung der Roheisenlieferungen durch die Abnehmer mit Wechseln und Akzepten notwendig war, um einen etwaigen Ausgleich für ihre eigenen Inflationsverluste zu schaffen, oder in welchem Umfange die Wechselzahlungen zwecks Bereicherung auf Kosten der Allgemeinheit erfolgt sind. Jedenfalls zeigen die oben angeführten Beispiele, dass tatsächlich in einzelnen Fällen Firmen ganye Eisenbahnzüge Roheisen fast kostenlos erhalten haben.

In zahlreichen Fällen konnten sich Abnehmer, die sich der Wechselzahlung nicht bedienten, nicht dazu verstehen, ihren geldlichen Verpflichtungen voll nachzukommen, und es war bei allem Entgegenkommen des Verbanes nich immer möglich, eine restlose Einigung ohne Inanspruchnahme des Rechtsweges herbeizuführen.




Es soll aber nicht verkannt werden, dass bei der Mehrzahl der Abnehmer die ehrliche Absicht bestanden hat, hinsichtlich ihrer Zahlungen den Verband nicht zu Schaden kommen zu lassen. Ob nun falsche Auffassung einzelner Firmen, ungeeignete Zahlungsmethoden oder sonstige missliche Zufälle Unstimmigkeiten zur Folge hatten, so bleibt jedenfalls die Tatsache bestehen, dass Verärgerungen an der Tagesordnung waren. Seitens des Verbandes ist bestimmt nichts versäumt worden, um direkt oder durch die Vertreterfirmen den Abnehmern die Wege zu weisen, die bei ihren Zahlungen zu gehen waren, um grössere Entwertungen zu vermeiden oder wenigstens auf ein Mindestmass zu beschränken, indessen sind diese Bemühungen bewusst oder unbewusst oftmals ignoriert worden. Wir wissen uns der Fälle zu entsinnen, in denen Abnehmer ihr Bargeld in allen möglichen Transportmitteln, Paketen, Koffern und Körben zur Kasse des Verbandes brachten, da der Überweisungsverkehr von Reichsbank zu Reichsbank oder von Bank zu Bank den Anforderungen an den Geldverkehr nicht mehr gerecht werden konnte. Nicht immer war es dann möglich, den Geldtransport noch rechtzeitig an die Reichsbank weiterzuleiten, um für die Gutschrift den Kurs des Zahlungstages zur Anwendung bringen zu können. Und doch waren es mitunter die letzten flüssigen Geldmittel, die den Abnehmern zum Bezuge von Roheisen zur Verfügung gestanden hatten, und es hing die weitere Existenz dieser Leute vom Entgegenkommen des Verbandes ab. Oft genügte ein geringfügiger Fehler, etwa der Umweg über eine Reichsbanknebenstelle, eine Privatbank oder dergleichen, um durch den Überweisungsverzug ansehnliche Beträge auf eine lächerlich kleine Goldmarksumme herabsinken zu lassen.

Diese Erscheinungen führten dazu, dass eine grosse Anzahl Entwertungsnachberechnungen notwendig wurde, zu denen der Verband auf Grund der Zahlungsbedingungen berechtigt war. Nachdem diese nachträgliche Regelung zunächst mit den direkten Abnehmern eingeleitet worden war, folgte die gleiche Abrechnugsweise mit den Vertreterfirmen. Die Anweisungen für die Entwertungsnachberechnungen an die Abnehmer waren den Vertreterfirmen bereits früher vom Verband gegeben worden. Die nachzuzahlenden Beträge sollten an den Verband abgeführt werden. Bei einer Nachprüfung stellte sich heraus, dass die Vertreter nicht in allen Fällen dieser Bedingung entsprochen oder die betreffenden Weisungen nicht richtig angewandt hatten. Infolgedessen machte der Verband sich für den entstandenen Verlust verantwortlich. Die Korrespondenz herüber zog sich bis zum Herbst des Jahres 1924 hin.





Aus dem internen Geschäftsbetrieb des Roheisen-Verbandes ist in Sonderheit über die Auswirkungen der Inflation auf die Geschäftsunkosten zu berichten, bei denen wiederum die Gehälter für die Angestellten eine wesentliche Rolle spielen. Nach Massgabe der Markverschlechterung und der damit verbundenen Preiserhöhungen auf allen Gebieten mussten natürlich auch Löhne und Gehälter dem jeweiligen Kursstand der Mark angepasst werden. Wie überall, so zeigte sich auch hier bei Umrechnung der Papiermark in Goldmark, dass alle Massnahmen, eine Angleichung der Löhne und Gehälter an die fortschreitende Geldentwertung herbeizuführen, unzureichend waren und dass in Wirklichkeit hinter dem Schleier der grossen Zahlen sich der Ruin des Wirtschaftslebens und eine Verarmung des Volkes vollzog.

Noch in den Jahren 1919 – 1921 wurden die Gehaltszahlungen an die Angestellten in der bis dahin üblichen Weise monatlich vorgenommen und nur gelegentlich Ausgleichszahlungen, sogenannte Wirtschaftsbeihilfen, gewährt. Von Mitte 1922 an konnten die monatlichen Gehaltszahlungen nicht mehr beibehalten werden, da wegen der inzwischen eintretenden Preiserhöhungen die am Monatsende zur Auszahlung gelangenden Beträge nicht ausrechten, die Lebenshaltung für den folgenden Monat zu decken. Ein bis zwei Vorauszahlungen schienen zunächst zu genügen, um eine Überbrückung des Monats zu erreichen, jedoch kam man später auch hiermit nicht mehr aus, sodass Vorauszahlungen in immer kürzeren Zwischenräumen stattfinden mussten. In den Monaten Juni 1922 bis Dezember 1923 wurden die Zahlungen wie folgt geleistet:

Durchschnitts-Gehälter 1919 - 1923 in Goldmark:

Monat

1919

1920

1921

1922

1923

Januar

111,08

28,13

102,30

58,81

28,46

Feburar

169,84

25,36

93,54

58,78

66,21

März

103,37

72,27

90,29

41,59

73,21

April

168,31

119,36

86,58

48,45

61,02

Mai

170,07

82,33

95,78

89,90

42,04

Juni

98,61

92,07

79,90

65,26

44,34

Juli

95,72

97,07

76,53

50,62

52,92

August

115,02

91,93

103,14

27,ßß

95,70

September

60,02

116,16

79,60

40,47

98,32

Oktober

158,80

59,06

45,98

27,10

74,27

November

75,13

76,93

60,54

27,61

194,11

Dezember

51,61

117,68

43,24

44,76

166,19

Ø-Jahresgeh.


1377,60

978,35

957,42

580,35

996,79

Ø-Monatsgeh.


114,80

81,53

79,80

48,36

83,07



Gehaltszahlungen an die Angestellten des Roheisen-Verbandes im Jahre 1923 für etwa 150 Angestellte.

Monat

Tag der Zahlung


Gesamtbetrag in Papiermark

Durchschnittsbetrag pro Angestellten in Goldmark


Januar

10. Januar

Vorauszahlung

4.412.000,--

12,99



19.. Januar

Vorauszahlung

5.601.000,--

8,45



30. Januar

Restgehalt

9.364.850,--

7,02

28,46







Februar

7. Februar

Vorauszahlung

9.793.000,--

7,86



16. Februar

Vorauszahlung

10.103.000,--

15,48



28. Februar

Restgehalt

34.289.240,--

42,87

66,21







März

15. März

Vorauszahlung

21.512.000,--

28,10



28. März

Restgehalt

33.250.000,--

45,11

73,21







April

14. April

Vorauszahlung

21.196.000,--

29,70



28. April

Restgehalt

32.885.200,--

31,32

61,02







Mai

14. Mai

Vorauszahlung

30.062.500,--

18,80



26. Mai

Vorauszahlung

27.512.500,--

14,25



6. Juni

Vorauszahlung

11.610.000,--

4,66



23. Juni

Restgehalt

19.665.800,--

4,66

42,04







Juni

11. Juni

Vorauszahlung

41.445.000,--

15,18



20. Juni

Vorauszahlung

16.600.000,--

5,06



23. Juni

Vorauszahlung

8.450.000,--

9,42



7. Juli

Nachzahlung

4.592.000,--

1,26



30. Juni

Restzahlung

122.727.200,--

23,01

44,34







Juli

13. Juli

Vorauszahlung

178.857.000,--

28,49



25. Juli

Vorauszahlung

291.600.000,--

20,98



31. Juli

Vorauszahlung

154.550.000,--

5,27



5. Oktober

Restzahlung

275.319.000,--

0.01

52,92







August

4. August

Vorauszahlung

515.450.000,--

13,86



11. August

Vorauszahlung

523.750.000,--

3,97



15. August

Vorauszahlung

2.376.900.000,--

26,04



21. August

Vorauszahlung

2.586.000.000,--

13,91



27. August

Vorauszahlung

2.588.000.000,--

13,77



1. September

Vorauszahlung

6.680.000.000,--

24,32



4. September

Vorauszahlung

2.035.000.000,--

22,67



5. Oktober

Restzahlung

9.057.400.000,--

0,44

95,70







September

5. September

Vorauszahlung

9.035.000.000,--

13,12



11. September

Vorauszahlung

18.118.000.000,--

7,95



15. September

Vorauszahlung

14.620.000.000,--

5,86



17. September

Vorauszahlung

63.650.000.000,--

14,04



21. September

Vorauszahlung

43.915.000.000,--

11,48



25. September

Vorauszahlung

131.430.000.000,--

32,13



2. Oktober

Vorauszahlung

179.800.000.000,--

16,39



30. November

Restzahlung

138.521.750.000,--

-,--

98,32







Oktober

2. Oktober

Vorauszahlung

7.100.000.000,--

4,66



6. Oktober

Vorauszahlung

263.540.000.000,--

12,90



9. Oktober

Vorauszahlung

351.600.000.000,--

8.55



13. Oktober

Vorauszahlung

2.483.400.000.000,--

18,11



20. Oktober

Vorauszahlung

1.467.000.000.000,--

4,21



22. Oktober

Vorauszahlung

6.142.500.000.000,--

5,33



24. Oktober

Vorauszahlung

957.600.000.000,--

2,37



27. Oktober

Vorauszahlung

47.567.250.000.000,--

21,05



30. Oktober

Vorauszahlung

1.177.250.000.000,--

2,93



31. Oktober

Vorauszahlung

10.333.000.000.000,--

13,01



5. November

Restzahlung

17.068.110.000,000,--

1,16

74,27







November

3. November

Vorauszahlung

3.131.000.000.000,--

1,12



5. November

Vorauszahlung

273.495.000.000.000,--

27,08



6. November

Vorauszahlung

80.874.000.000.000,--

17,21



10. November

Vorauszahlung

28.470.000.000.000,--

4,04



9. November

Vorauszahlung

84.470.000.000.000,--

5,58



12. November

Vorauszahlung

745.980.000.000.000,--

49,24



13. November

Vorauszahlung

143.640.000.000.000,--

15,61



15. November

Vorauszahlung

107.730.000.000.000,--

6,42



17. November

Vorauszahlung

3.357.342.000.000.000,--

47,42



19. November

Vorauszahlung

106.260.000.000.000,--

6,56



20. November

Vorauszahlung

127.450.000.000.000,--

4,72



23. November

Vorauszahlung

213.400.000.000.000,--

7,62



26. November

Vorauszahlung

340.470.000.000.000,--

12,16



26. November

Vorauszahlung

5.260.950.000.000.000,--

44,58



29. November

Vorauszahlung

5.451.150.000.000.000,--

37,08



29. November

Restzahlung

1.557.000.000.000.000,--

10,45

194,11







Dezember

3. Dezember

Vorauszahlung

5.691.315.000.000.000,--

48,23



4. Dezember

Vorauszahlung

464.000.000.000.000,--

16,--



10. Dezember

Vorauszahlung

469.000.000.000.000,--

16,17



11. Dezember

Vorauszahlung

4.634.277.000.000.000,--

38,62



18. Dezember

Vorauszahlung

1.435.175.000.000.000,--

41,01



19. Dezember

Vorauszahlung

4.516.380.000.000.000,--

37,95



27. Dezember

Vorauszahlung

6.236.450.000.000.000,--

51,54



31. Dezember

Restzahlung

2.646.000.000.000.000,--

16,85

166.19






996,79



Besondere Schwierigkeiten brachte dieser Zustand während des Bestehens der Zweigniederlassung des Roheisen-Verbandes in Hannover vom 29. Januar 1923 bis Mitte April 1924. Da in dieser Zeit die Inflation ihren höchsten Punkt erreichte, konnten die erforderlichen Beträge in den benötigten Sorten oft nur mit grosser Mühe beschafft werden, und häufig waren mehrere Angestellte gezwungen, von Bank zu Bank zu fahren, um nach stundenlangem Bemühen der Kasse die Möglichkeit zur Gehaltszahlung zu geben. Im Laufe des Monats Oktober 1923 ging der Verband dazu über, auch die Gehaltszahlungen wertbeständig zu gestalten, indem er für seine Angestellten sogenannte Goldmarksparkonten einrichtete, auf die die auszuzahlenden Papiermarkbeträge in Goldmark zum Kurse des Fälligkeitstages gutgeschrieben wurden und je nach Bedarf zum Kurse des Abhebungstages zur Auszahlung gelangten. Diese Einrichtung war insofern von Bedeutung, als die in Hannover nur als Untermieter wohnenden Angestellten nicht immer in der Lage waren, die ihnen zur Verfügung stehenden Papiermarkgelder ohne grosse Kursverluste nützlich zu verwenden.

Der Gesamtbetrag an Geschäftskosten im Jahre 1923 belief sich auf PM 143.280.953.890.913.483,--, in Worten 143 Billiarden 280 Billionen 953 Milliarden 890 Millionen 913 Tausend 483 Mark = Gold – Mark 150.822.04, ferner 15.828,71, zusammen Gold – Mark 166.650,75 die, auf die Gesamtlieferungen im genannten Jahre einschliesslich der eingeführten Mengen fremden Eisens von 1.502.716 t umgelegt, Goldmark 0,11 pro Tonne ergeben.



VII. Teil Wie sich der Roheisen-Verband geben Inflationsverluste schützte.

Der in Teil VI dieser Schrift eingehend erstattete Bericht über die Verhältnisse beim Roheisen-Verband während der Inflationszeit beschäftigt sich zum Teil bereits mit der wichtigen Frage der Vermeidung von Verlusten bei Hereinnahme, Weitergabe und der Verwaltung der im Vermögen des Roheisen-Verbandes verbliebenen Gelder.

Um über die damaligen Dispositionen einen klaren Ueberblick zu schaffen, soll dieser Abschnitt eingehend über die Massnahmen berichten, die der Roheisen-Verband getroffen hat, um der Inflation zu begegnen.

Es ist für jeden, der sich über die Organisation eines kaufmännischen Betriebes ein Bild machen kann, verständlich, dass es in den Jahren der Inflation nicht leicht war, einen grossen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten und ihn vor vernichtenden Verlusten zu schützen. Drei Dingen war vor allem während der Zeit der Inflation besondere Aufmerksamkeit zu widmen:

  1. musste beim Verkauf durch entsprechende Preisstellung von vorneherein versucht werden, soweit wie möglich Inflationsverluste zu verhinden,

  2. einer Geldverwaltung, die jederzeit sich der gegebenen Lage anpasste und hierdurch Verluste verhinderte,

  3. der Schaffung einer besonderen Abrechnungs- und Buchhaltungsorganisation und deren Anpassung an die jeweiligen Verhältnisse.

Es ist anzunehmen, dass beim Roheisen-Verband die Aufgaben restlos gelöst worden sind.

1. Verkauf

Was zunächst den Verkauf angeht, so ist es dem Roheisen-Verband trotz der hemmenden Wirkungen des Eisenwirtschaftsbundes gelungen, bei der Preisbemessung von vorneherein die Inflationswirkungen, wenn auch nur in beschränktem Umfange, zu berücksichtigen. Dies geschah auf verschiedene Art und WeiseÖ

  1. Man verkürzte die Zahlungstermine der Rechnungen über das an die Abnehmer gelieferte Roheisen.

  2. Der Verkauf nach dem Auslande erfolgte nur in ausländischer, wertbeständiger Währung.

  3. Man vereinbarte vorübergehend mit den inländischen Abnehmern teilweise Bezahlung der Rechnungen in Devisen, wozu diese infolge der damaligen erheblichen Ausfuhr in Fertigprodukten in der Lage waren.

  4. Man ging später zeitwilig dazu über, Devisenzahlungen vorzuschreiben.

  5. Man schaltete die Händlerfirmen aus dem Zahlungsverkehr aus, sodass die Begleichung der Rechnungen unmittelbar an den Verband erfolgte und der frühere Umweg über die Händlerfirmen keine Verluste durch die Inflation mehr verursachen konnte.

  6. Später erfolgte die Berechnung in theroretischer Shilling-Goldmark, d.h. die Abnehmer hatten am Fälligkeitstage so viel Papiermark anzuschaffen, dass auf Grund des Berliner Kurses der umgerechnete Betrag unserer Rechnung in Goldmark gedeckt wurde.

  7. Es wurden Roheisenmengen auf Lager genommen und den Werken im voraus bezahlt. Diese Massnahme war infolge der Roheisenknappheit nur in beschränktem Umfange möglich und hörte nach der Ruhrbesetzung fast vollkommen auf.

  8. Die gegen Devisen aus dem Auslande eingeführten Roheisenmengen wurden selbstverständlich fast ausnahmslos wieder in Devisen an die inländischen Abnehmer weiterberechnet.

2. Geldverwaltung.

Alle diese Massnahmen würden jedoch mit Ausnahme des Verkaufs in Devisen nach dem Aulsande wertlos gewesen sein, wenn nnicht bei den Finanztransaktionen Vorkehrungen für eine Werterhaltung des Vermögens in weitestgehedem Umfange getroffen worden wären. Es hat sich damals gezeigt, dass die Höhe der Verkaufspreise und die Art der Berechnung für den Bestand eines Unternehmens ziemlich belanglos waren, die Verantwortung lag fast allein bei der Finanzverwaltung. Dies hat sich bei den meisten Unternehmen nach Beendigung der Inflation deutlich dadurch gezeigt, dass nur wenige Firmen noch über ein gewisses Betriebskapital verfügtenö meistens handelte es sich hierbei aber nicht einmal um flüssige Werte, sondern um Lagerbestände, die später infolge stark rückgängiger Preise an Wert beträchtlich verloren. Dies ist auch der Grund dafür gewesen, dass die zahllosen in der Inflationszeit gegründeten Unternehmungen später wie der Schnee vor der Sonne verschwanden.

Der Roheisen-Verband hat sich folgender Mittel bedient, um die ihm gestellte Aufgabe zu erfüllen:

  1. Es wurden Devisen gegen Papiermark auf Termin gekauft; - am Tage der Lieferung der Devisen durch die Banken war der Kurs der Mark in der Regel stark gefallen, sodass nur noch ein Bruchteil an Goldwert für die Devisen zu zahlen war.

  2. Ansammlung der aus der Roheisenausfuhr stammenden Devisen bei den Auslandsbanken.

  3. Der Verband hat ausserdem zeitweise umfangreiche Devisenkäufe bei der Reichsbank und den Privatbanken auf Grund besonderer Abmachungen getätigt, welche für die Mitglieder zur Bezahlung ihrer Bezüge in ausländischen Rohstoffen bestimmt waren. Da diese Devisen nicht sofort in vollem Umfange zur Begleichung der Roheisenrechnungen der Mitglieder, soweit sie auf Devisen Anspruch hatten, erforderlich waren, ergab sich eine Wertsicherung für den Roheisen-Verband in Höhe der jeweils nicht benötigten Beträge. Die Devisen mussten, da die ins Riesenhafte gehenden Papiermarkbeträge meistens beim Kauf der Devisen nicht zur Verfügung standen, durch eigene Wechsel, die zum Teil über die Roheisen-Finanzierung-Gesellschaft des Verbandes gingen, finanziert werden.

  4. Bezahlung der Brennstoff-Bezüge unserer Mitgliedswerke beim Kohlen-Syndikat. Dies geschah in der Regel in der Weise, dass ein Kurier des Roheisen-Verbandes Eigenakzepte oder Papiermarkbeträge der dem Kohlen-Syndikat angeschlossenen Zeche persönlich überbrachte, um eine Entwertung der Papiermarkbeträge bei Ueberweisung an das Kohlen-Syndikat und vom Kohlen-Syndikat an die Zeche zu verhindern. Gleichzeitig wurde hierdurch die Ueberweisung der Papiermarkbeträge vom Roheisen-Verband an seine Mitglieder und von diesen an das Kohlen-Syndikat unnötig. Die Empfänger, d.h. das Kohlen-Syndikat und die Zechen, rechneten die eingehenden Beträge am Tage der Einzahlung durch den Roheisen-Verband in theoretische Goldmark um. Auf diese Weise hat der Roheisen-Verband nicht nur die jeweils fälligen Brennstoff-Rechnungen seiner Mitglieder in der Inflation bezahlt und Nachberechnungen des Kohlen-Syndikats für Entwertungen verhindert, sondern er verfügte darüber hinaus nach Beendigung der Inflation beim Kohlen-Syndikat noch über ein Goldmarkguthaben von M 750.000,--.

  5. Jeder Verfall des in Papiermark eingehenden Vermögens des Verbandes musste verhindert werden; es war deshalb Aufgabe des Verbandes, die Papiermarkeingänge stets sofort zu verwerten, um sie in ihrem inneren Goldwert zu erhalten. Als weitere Massnahme war deshalb als Grundsatz aufgestellt, dass die täglich in Papiermark eingehenden Beträge, welche den Abnehmern und sonstigen Einzahlern gutgeschrieben waren, keinen höheren Betrag, in Goldmark umgerechnet, ergaben, als aus dem am gleichen Tage ausgeheden Papiermarkbetrag dem Roheisen-Verband in Goldmark wieder gutkam. Die Buchhaltung wurde ganz auf diesen Grundsatz eingestellt, sodass der tägliche Goldausgleich automatisch kontrolliert wurde.

  6. Ein weiteres Mittel für die Erhaltung des Goldmarkbestandes des Roheisen-Verbandes lag darin, dass in zahlenmässig unbegrenztem Umfange bei den Banken vordisponiert wurde. Welche Höhe die bei den Banken getroffenen Vordispositionen gehabt haben, ergibt sich aus den Bankabrechnungen Ende 1923, nach welchen der Roheisen-Verband einen Zinsbetrag von 50 000 Goldmark zu zahlen hatte, der das letzte Zinsergebnis des Zahlungsverkehrs im Jahre 1923 darstellte, in Wirklichkeit aber nur ein Bruchteil der tatsächlichen Zinsen, in Goldmark gerechnet, war, weil die Zinsverpflichtungen im Luafe der Inflation und Hochinflation ebenfalls in ihrem ursprünglichen inneren Wert auf ein Nichts zusammengeschrumpft waren.

Die rechtzeitige Erkennung des Wesens der Inflation hatte dazu geführt, dass der Roheisen-Verband in der internen Abrechnung die Rückkehr zur Goldmarkrechnung weit vor Beendigung der Inflation vornahm. So ist aus der Aufstellung über die Schlussabrechnung des Jahres 1922 zu ersehen, dass schon in diesem Jahre der Restkaufpreis in Gold festgelegt wurde. Bereits damals hatte der Roheisen-Verband nur in Goldwährung gedacht, ohne sich von dem jeweiligen Kurs der Papiermark beeinflussen zu lassen. Es wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass ohne Rücksicht auf den Fälligkeitstermin und den jeweiligen Stand der deutschen Währung den Mitgliedern die Restzahlungen in Gold erhalten blieben. Diese Restzahlungen, z.B. für das Jahr 1922, stellten sich auf GM 3.312.243,-- fuer 1.949.315 t = GM 1,70 p.t.

Dieser Betrag belief sich am Stichtag der Fälligkeit, dem 1. Januar 1923, auf rund 5 – 6 Milliarden Papiermark, während er sich am Tage der Auszahlung auf run 100 – 120 Milliarden Papiermark stellte. Für das Jahr 1923 betrug die Restzahlung GM 5,11 p.t gelieferten Roheisens.

Im Jahre 1923 führten unsere Dispositionen nebenbei dazu, dass unseren Mitgliedern ihre Papiermarkguthaben beim Verband, für die sie damals nur in geringem Umfange Verwendung hatten und welche bei der Ueberweisung vom Roheisen-Verband an die Werke dezimiert worden wären, in Goldmark erhalten wurden.

Sehr wenige Firmen haben den Charakter der Inflation rechtzeitig erkannt. Die meisten Unternehmen erfassten die Inflation in ihren Auswirkungen erst, als es zu spät war.

Diese Erscheinung braucht nicht der Ausdruck kaufmännischer Unfähigkeit in Fragen des Geldverkehrs gewesen zu sein, sondern sie war in den damaligen Verhältnissen zum Teil begründet. Man wusste nicht, wann die Inflation ihr Ende erreichen würde. Die Entwertung der deutschen Währung vollzog sich auch nicht gleichmässig, im Gegenteil hat sie wiederholt starke Besserung erfahren, vor allem in der Zeit der Interventionen seitens der Reichsbank durch Rückkauf von Markbeträgen mit Devisen. Diese Tatsache veranlasste die meisten Firmen, in Papiermark zu denken und zu handeln, da bei einer Wiedererholung der deutschen Währung die Goldmarkberechnung stark zu Ungunsten der Lieferanten ausfallen musste und unter Umständen die ganze Existenz eines Unternahmens in Frage gestellt haben würde. Man betrachtete das Denken und Handeln in Goldmark oder Devisen in weiten Kreisen der deutschen Wirtschaft noch Mitte des Jahres 1923 als eine Art von Spekulation.

Würden alle Firmen in Gold- und nicht in Papiermark gedacht haben, so hätten sich die grossen Verluste ebenfalls nicht vermeiden lassen, da praktisch Gold nicht vorhanden war und die Bezahlung in Papiermark erfolgen musste. Der Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung ergab sich am Ende der Inflation, als die Mehrzahl der Firmen zur Goldmarkrechnung übergegangen war. In diesem Augenblick fiel die Papiermark ins Bodenlose. Die Wertbeständigkeit war ausserdem nicht gegeben, weil am Tage, an dem die Papiermarkbeträge auf Grund der Goldmarkrechnung eingingen, meist nicht sofort eine Verwertungsmöglichkeit für die Papiermark bestand. Die Verkäufer mussten daher von vorneherein mit einer nachträglich eintretenden Entwertung der Währung rechnen. Um diesem Zustand zu begegnen, wurdden die normalen Goldmarkpreise entsprechend erhöht, zum Teil auf das 3-, 4-, 5-, wenn nicht 10-fache des Goldbetrages festgesetzt, welcher den tatsächlichen Wert der betreffenden Ware darstellte. Neben die Papiermark-Inflation trat zu dieser Zeit die „Goldmark“-Inflation.

3. Schaffung einer besonderen Abrechnungs- und Buchhaltungs-Organisation und deren Anpassung an die jeweiligen Verhältnisse.

Was die Schaffung einer besonderen Abrechnungs- und Buchhaltungs-Organisation und deren Anpassung an die jeweiligen Verhältnisse angeht,

  1. wird verwiesen auf den an anderer Stelle wiedergegebenen Auszug aus dem Prüfungsbericht des Bücherrevisors, in welchem dieser sich über genannte Frage besonders auslässt,

  2. sind in dieser Schrift bereits eingehende Ausführungen über die Organisation des Roheisen-Verbandes gemacht worden. Auf den nachstehenden Seiten folgen Auszüge aus den Konto-Korrent-Verbuchungen über Zahlungseingänge und -Ausgänge sowie die Goldmarkrechnung und ein Auszug aus dem Kassabuch. Im Rahmen dieser Schrift ist es nicht möglich, sich eingehender mit der Organisation der Buchhaltungs- und Abrechnungstechnik in den Inflationsjahren und auch in anderen Jahren der Verbandstätigkeit zu befassen.

  3. wäre noch die Frage zu beantworten, weshalb in den Büchern des Roheisen-Verbandes die Zahlen stets ganz ausgeschrieben worden sind. Hierzu ist folgendes zu sagen:

Im Laufe der Inflationszeit, besonders im Jahre 1923, wurde von uns wiederholt überlegt, ob es nicht zweckmässig sei, die Buchhaltung zu ändern und die in die Trillionen gehenden Papiermarkbeträge nicht mehr voll auszuschreiben. Nur vorübergehend haben wir diesen Gedanken in die Praxis umgesetzt, indem wir mit steigenden Kursen zuerst sechst und später neun Nullen bei der Verbuchung fortliessen und sie durch Buchstaben wie T-M (Tausend Mark), Mio-M (Millionen Mark) und Mia-M (Milliarden Mark) usw. ersetzten. Diese Art erwies sich jedoch nicht als zweckmässig, weil sich einmal die Buchstaben T, Mio und Mia nicht addieren liessen, ein anderes Mal aber auch die Entwertung der Währung so schnell vor sich ging, dass bei nicht vollständiger Verbuchung der ganzen Zahlen Irrtümer entstehen mussten. Da die niedrigen Zahlen aus der Vergangenheit ausserdem höhere Goldwerte darstellten, blieb nichts anderes übrig, als die Papiermarkzahlen ununterbrochen zu addieren. Auch die nachträgliche Kontrolle, das Vergleichen der Kontoauszüge mit denen der Abnehmer liess es nicht zu, dass die letzten Stellen selbst bei den astronomischen Zahlen in Fortfall kamen. Der Roheisen-Verband ist daher sehr schnell wieder dazu übergegangen, die Zahlen in ihrer vollen Grösse zu verbuchen. Hierdurch lässt sich auch heute noch jede einzelne Papiermarkzahlung bis ins kleinste nachweisen. Die Bücher aus den Jahren 1922 und 1923 sind genau so ordnungsmässig und vollkommen in allen Teilen abgeschlossen und miteinander verbunden wie in normalen Zeiten.

Dies war umso notwendiger, als bei dem wilden Durcheinander und dem unermesslich grossen Geldumlauf bei den meisten Firmen ein heilloses Drunter und Drüber beim Verbuchen der Posten entstanden war. Viele Firmen verfügten nicht über geschultes Personal. Es kamen häufig Verwechslungen in den Zahlenangaben vor. Andererseits wurden infolge Zeitmangels und deshalb nicht laufender Vornahme der Buchungen die Posten in den Auszügen und Büchern häufig nicht der Reihe nach verbucht. Sie erschienen zum Teil vollkommen durcheinander geworfen.

Ein einheitliches Buchungssystem gab es damals in Deutschland nicht mehr. Jede Firma verbuchte nach ihrem Gutdünken. Die eine schrieb die Zahlen aus, die andere Firma liess überflüssige Nullen fortfallen. Wieder andere Firmen strichen die letzten 6, 9 oder 12 Stellen vollkommen.

Für viele kleine und mittlere Unternehmen, ja selbst für grosse, war ein solcher Wirrwarr entstanden, dass von einer ordentlichen Buchung nicht mehr gesprochen werden konnte. Es gab Firmen, die auf eine Buchführung sogar ganz verzichteten.

Die Art der Preisfestsetzung für Roheisen duldete ebenfalls keine ungenaue Verbuchung. So wurden 6- und 9-stellige Roheisenpreise noch bis in die letzten Zahlen hinein genau ermittelt und auch dem Abnehmer entsprechend berechnet. Bei Anwendung der einzelnen Klauseln, wie Kursklausel, Frachtklausel usw., musste ebenfalls genau vorgegangen werden, sodass auch die Preisermittlung eine klare Verbuchung unbedingt erforderlich machte. Verwechslungen von Millionen, Millarden, Billionen und Billiardenbeträgen auf seiten der Abnehmer und anderer Firmen, mit welchen der Roheisen-Verband in Verbindung stand, waren an der Tagesordnung.

Ferner setzten sich die Zahlungseingänge aus zahllosen Einzelposten zusammen. Es kam vor, dass einzelne Rechnungen mit mehreren tausend Papiermarkscheinen bezahlt wurden. Eine genaue Addition dieses Papiergeldes war unbedingt erforderlich, wenn nachher Differenzen aufgeklärt werden sollten. In der Zeit der stärksten Inflation ist es vorgekommen, dass bei Bezahlung von Rechnungen Papiermarkbeträge in Scheinen abgeliefert wurden, deren Wert nur noch den Bruchteil eines Goldpfennigs ausmachten. Diese Art der Zahlung führte dazu, dass trotz der genauen Verbuchungsmethode des Roheisen-Verbandes kleine Unstimmigkeiten unvermeidlich waren. Schliesslich wurden beim Roheisen-Verband solche Papiermarkscheine, deren Einzelwert nur noch den hundertsten Teil eines Goldpfennigs ausmachte, sofort bei Eingang vernichtet, da sie doch nur eine die Mühe nicht mehr lohnende Arbeitsbelastung darstellten und eine praktische Verwertungsmöglichkeit für sie nicht bestand. Später ist die Vernichtung von Scheinen auch erfolgt, wenn deren Einzelwert nicht höher als 1/20 Goldpfennig war.

Für die Verbuchung der ganzen Zahlen sprach noch ein weiterer Grund, und zwar folgender:

Die Entwertung der deutschen Währung ging nicht etwa stufenweise vor sich, z.B. von 1/1000 Mark auf 1/10 000 und von 1/10 000 auf 1/1 000 000 usw., sondern der Wert der Mark ergab sich aus der täglichen Kursnotierung, sodass es praktisch nicht möglich war, die Mark nach einer „Million“-Mark, „Milliarden“-Mark usw. zu klassifizieren. Erst nach Beendigung der Inflation, als die Mark auf ein Billionstel ihres Wertes gesunken war und bei dieser Zahl wertbeständig blieb, trat die Möglichkeit ein, sie asl feste Währung zu buchen und die überflüssigen Nullen fortfallen zu lassen.

Das Vorgehen des Roheisen-Verbandes bei der Verbuchung hat sich nach jeder Richtung hin bewährt, denn es ist heute, nach etwa 10 Jahren, noch möglich, jeden einzelnen Posten auf seine Richtigkeit hin nachzuprüfen. Von praktischem Wert war es auch, dass der Roheisen-Verband in der Lage war, auf Grund der korrekten Verbuchung der Beträge eine grosse Anzahl Aufwertungsforderungen zu stellen und sachlich zu begründen, wodurch ihm Rechtsansprüche erhalten worden sind, welche anderen Firmen, deren Verbuchungssystem nicht ausreichend war, verloren gingen. So konnte der Roheisen-Verband im Jahre 1924 nachträglich Aufwertungsbeträge in Höhe von etwa M 300.000,-- hereinholen.

Die nächsten Seiten geben einen kleinen Ueberblick über die Buchhaltungsorganisation des Roheisen-Verbandes während der Zeit der Hochinflation. Im Rahmen dieser Schrift ist es nicht möglich, auf Einzelheiten der Berechnungs-, Abrechnungs- und Buchhaltungswesens einzugehen. Die Ausführungen begnügen sich deshalb damit, die Einrichtung der Grundbücher zu beschreiben. Den Auszügen aus den Original-Grundbüchern sind Erklärungen über die Verbuchungsweise begefügt. Es handelt sich hierbei um

  1. das Kontokorrent-Konto (Reichsbank, Hannover);

  2. das Kassa-Buch;

  3. das Papiermark-Jounal.

  4. Hierauf folgt eine Aufstellung über die damals gültigen Zinssätze mit einer näheren Erklärung.

a) Das Kontokorrent-Konto. (Reichsbank, Hannover)

Der Auszug aus dem Papiermark-Konto der Reichsbank, Hannover, stellt eine Abschrift der letzten Seiten des Kontokorrent-Kontos Reichsbank, Hannover, dar, abgeschlossen nach Beendigung der Inflation am 30. November 1923. Der Auszug lässt erkennen, wie gewaltig die Papierflut in dem vorausgegangen Zeitraum war. Die Abschlusszahlen sind die Addition sämtlicher Papiermark-Ein- und Ausgänge bei der Reichsbank im Jahre 1923. Die Umsätze, die weit über eine Trillion hinausgehen, setzen sich aus den Papiermarkzahlungen des ganzen Jahres zusammen, die je nach dem betreffenden Zeitpunkt einen verschiedenen Wert in Gold gehabt haben. Durch Einschaltung besonderer Zwischen-Konten wurden diese Beträge in Gold umgerechnet oder in Papiermark mit den Abnehmern und den Mitgliedswerken verrechnet, je nachdem die Rechnungen auf Goldmark oder Papiermark lauteten oder auch teilweise gleichzeitig auf Gold- und Papiermark. Die Papiermarkrechnung wurde beim Roheisen-Verband ganz in die Goldmark- und Devisenrechnung eingeschaltet. Aus allen Faktoren ergab sich letzten Endes in den Monats- und Jahresbilanzen die wertbeständige Angabe des jeweiligen Vermögens. Die Endzahlen des Kontos Reichsbank zeigen, dass selbst zur Zeit der Billionen-Mark die Zahlen bis zum letzten Papierpfennig ausgerechnet und verbucht wurden. Dies war notwendig, um eine vollkommene Zuverlässigkeit im Buchungssystem zu erhalten.





b) Das Kassa-Buch.

Die folgende Seite stellt einen Auszug aus dem Kassa-Buch des Roheisen-Verbandes dar, welches in Papiermark zu führen war, da sowohl die Eingangs- als auch die Ausgangszahlungen in Papiermark geleistet wurden.

Ein Kassa-Buch hat für gewöhnlich allein den Zweck, Barzahlungen der Kasse für die internen Erfordernisse eines Geschäftsbetriebes, wie Gehälter, Löhne, Büroutensilien, Reparaturen usw., zu verbuchen. Eine wesentlich weitergehende Aufgabe für die Kassenbuchführung brachte der im letzten Inflationsjahr 1923 ensetzende Barzahlungsverkehr der Kundschaft mit sich. Nachfolgende Abschrift einer Seite des Kassa-Buches zeigt deutlich, in welchem Umfange in den wenigen Tagen, auf welche sich der Auszug bezieht, Bargeldzahlungen bei der Kasse des Roheisen-Verbandes eingegangen sind. Sämtliche Beträge, die darin unter der Bezeichnung „Roheisen-Konto“ aufgeführt sind, stellen Zahlungseingänge für Roheisenlieferungen in Papiermark dar.



c) Das Papiermark-Journal.

Wesentliche Abweichungen gegenüber dem früher gebräuchlichen Journal zeigen die vom Roheisen-Verband geschaffenen Journale, in denen gleichzeitig Papiermark und Goldmark zu verbuchen bezw. die Papiermark- oder Devisenbeträge gleichzeitig in Gold umzurechnen waren. Die Verbuchung der Ein- und Ausgänge sowohl in Papiermark als auch in Goldmark liess sich in einem Journal nicht mehr vereinigen, vielmehr waren getrennte Bücher für Ein- und Ausgang nötig. Der Arbeitsteilung wegen wurde auch die Buchform fallen gelassen und die Buchungen auf losen Journalbogen vorgenommen. Wie aus den nachfolgenden Buchungsabschriften ersichtlich, wurde der Geleingang auf der rechten Seite des „Papiermark-Eingang-Journals“ zu Gunsten des Einzahlers bezw. der zuständigen Vertreterfirma, und zwar sofort in Goldmark, verbucht, dagegen auf der linken Seite derjenigen Bank, bei welcher die Zahlung geleistet war, in Papiermark belastet.

In umgekehrter Reihenfolge wurden die Zahlungen des Verbandes an die Werke im „Papiermark-Ausgang-Journal“ auf der rechten Seite zu Lasten des Empfängers (Lieferwerk) in Goldmark gebucht und auf der linken Seite den Banken, die im Autrage des Verbandes die Zahlung geleistet hatten, in Papiermark gutgeschrieben.





d) Zinssätze von 1923 – 1927.

Auf der nächsten Seite folgt eine Zusammenstellung der in den Jahren 1923 – 1927 geltenden Kredit- und Debet-Zinsen sowie der Reichsbank-Diskontsätze. Bemerkenswert ist hieran, dass in der Zeit der Hochinflation Debetzinsen bis zur Höhe von 3.618 Prozent für das Jahr verrechnet wurden. Auch vom Roheisen-Verband sind für Papiermark-Verpflichtungen bei den Banken diese Zinssätze angelegt worden, wobei aber zu berücksichtigen ist, dass auch diese unfassbar erscheinende Belastung eben auch nur scheinbar war, denn tatsächlich blieb es ja nur bei einer Zinsberechnung, während eine Bezahlung praktisch nur teilweise in Frage kam, da bei der Endabrechnung in laufender Rechnung auch die Zinsen mit der fallenden Valuta fast wertlos geworden waren.

Wenn auch kurz nach der Markstabilisierung noch Zinssätze in der ungewöhnlichen Höhe von bis zu 2.000 Prozent gefordert wurden, die erst nach und nach wieder nach unten gingen, so handelte es sich hier allerdings um wertbeständige Zinsen, die nur in der enormen Zahlungsmittelknappheit ihre Erklärung fanden. Soweit der Verband Kapitalien zu diesen Zinssätzen zu beschaffen gezwungen war, hat er für verspätete Zahlungen der Abnehmer seine Zinszahlungen natürlich in gleichem Umfange auf diese abgewälzt.

Zinssätze von 1922 bis 1927

Zeit

Kredit-

Zinsen

Debet-Zinsen +¾% Umsatzprovision

Reichsbank-diskont

Vom Verband im Verkehr mit den Abnehmern gerechnete Diskont-Zinsen

von

bis

Scheck-Konto % (provisionsfrei)

laufendes Konto % (+1/8 – ¼ Umsatz)

%

%

%


01/01/23

17/01/23

4

6


10

12


18/01/23

22/04/23

4

7


12

14

26.1.-17.4.23

23/04/23

30/06/23

6

12


18

26

18.4.-22.4.23

01/07/23

01/08/23

6

12

26

26

32

23.4.-31.7.23

02/08/23

31/08/23

8

18

752

30

44

1.8.-7.9.23

12/09/23

15/09/23

8

18

768

30



16/09/23

30/09/23

8

72

1098

90

90

ab 8.9. Papiermk.Kto.

01/10/23

10/10/23

keine Scheckkonten

18

2178

90



11/10/23

20/10/23

"

18

2178

90

6

ab 1.9. Goldmark-Kto.

21/11/23

30/11/23

"

18

3618

90



01/12/23

10/12/23

"

18

2178

90



11/12/23

20/12/23

"

18

1098

90



21/12/23

31/01/24

"

36

378

10

12

ab 1.1.24

01/02/24

14/02/24

"

36

198

10



10/02/24

10/03/24

"

18

54

10



11/03/24

30/04/24

4

8

54

10



01/05/24

15/05/24

6

12

54

10



16/05/24

30/06/24

8

12

54

10

24

ab 1.6.24

01/07/24

31/07/24

8

12

42

10

36

ab 1.7.24

01/08/24

30/09/24

6

9

30

10

24

24% Aug. 18% Sept.

01/10/24

30/01/25

6

8

14,4

10

12


31/01/25

12/01/26

5

7

13,4

9

11


13/01/26

28/02/26

4,5

6

12,4

8

10


01/03/26

31/03/26

4

5

11,4

8

8


01/04/26

06/06/26

3,5

4

10,4

7

8


07/06/26

06/07/26

3

4

9,9 ab 1.4.

6,5

7,5


07/07/26

10/01/27

3

4

9 ½% Umsatz-prov.

6

7

f. Vorausz. 6%

10/01/27

10/06/27

2,5

3,5

8

5

6

f. Vorausz. 5%

11/06/27


3,5

4

9

6

7

f. Vorausz. 6%



VIII. Teil Finanzdispositionen nach Beendigung der Inflation bis 1934.

In einer Zeit des allergrössten Durcheinanders im Geldwesen, jedoch erst fast drei Monate später, nachdem es der Verband durchgesetzt hatte, die Roheisenpreise in theroretischer sh-Goldmark zu stellen und dadurch Entwertungsverluste, die gerade in dieser Zeit unausdenkbare Ausmasse erreicht haben würden, zu verhindern, erfolgte auf Grund der Rentenmarkverordnung vom 15. Oktober 1923 am 20. November 1923 die Stabilisierung der Mark. Am 12. November 1923, als der Kurs des Dollars an der Berliner Börse auf 600.000.000.000,-- stand, während an der Kölner Börse, die infolge der Besetzungsmassnahmen dem Einfluss der Reichsbank entzogen war, der Dollar 4 Billionen Mark notierte, wurde die Einführung der Rentenmark zum 15. November 1923 beschlossen, nachdem inzwischen Dr. Schacht zum Währungs-Kommissar ernannt worden war. Am 15. November notierte der Dollar in Berlin rund 2 Billionen und stieg noch bis zum 20. November auf 4,2 Billionen. Zu diesem Kurse entschloss man sich, die Stabilisierung der Mark vorzunehmen; zunächst erfolgte keine Devisenhergabe mehr, und ein Kampf gegen das Notgeld begann. Nach der Markstabilisierung traten allerdings in der Bewertung der Mark zunächst noch grosse Schwankungen auf. Der Stabilisierungskurs von 1 Billion PM für eine Goldmark war nur ein Zwangskurs der Berliner Einheitsnotierung. Infolge der Uneinheitlichkeit, mit der die wichtigsten Börsenplätze des Auslandes die Mark bewerteten, ergaben sich Unterschiede, die bis zu mehreren Hundert Prozent betrugen. So zeigte sich in der zweiten Hälfte des Monats November, dass, während der Berliner Einheitskurs 4,2 Billionen für den Dollar betrug, an ausländischen Börsen bis über 10 Billionen PM für den Dollar notiert wurden. Diese Schwankungen und die zeitweilige Ueberbewertung der Devisen im Auslande gegenüber der Papiermark übertrugen sich auch auf den freien Handel in Deutschland. Es liegt die Vermutung nahe, dass einzelne Roheisenabnehmer, die über Devisen verfügten, aus dieser Sachlage Nutzen gezogen haben, indem sie Devisen auf dem freien Markt zu hohen Kursen gegen Papiermark verkauften und die PM-Beträge dem Verband überwiesen bezw. überweisen liessen, wo sie ihrem Konto, zum amtlichen Kurs umgerechnet, mit einem wesentlich höheren Goldmarkbetrage gutgeschrieben wurden, als dem ursprünglichen Devisenbetrag entsprochen hätte.

Mit der einführung der Rentenmark wurde sämtliches Notgeld ausser Kurs gesetzt, es sollte innerhalb 8 Tagen bei der Reichsbank eingelöst sein, indessen ist es erst ein ganzes Jahr später gelungen, das Notgeld restlos aus dem Verkehr herauszuziehen. Um einer Ausfuhr der Rentenmark vorzubeugen, erfolgte am 3. April 1924 die Verordnung, dass jeder Vergnügungsreisende, der einen Auslandspass beantragte, hierfür eine Gebühr von 500 Goldmark zu entrichten hatte. Diese Verfügung wurde jedoch Ende Juni wieder aufgehoben. Die Darlehns-Kassenkredite wurden bis zum Herbst 1924 zurückgezahlt. Als weitere, einschneidende Massnahme der Reichsbank erfolgte die Verordnung, dass keine Papiermark-Kredite mehr gegeben wurden, sondern nur solche auf wertbeständiger Basis. Der Roheisen-Verband machte hiervon Gebrauch, um den Anforderungen seiner Werke auf Vorauszahlung nachkommen zu können, und nahm bei der Reichsbank Hannover einen Lombardkredit in 2 Millionen zu einem Zinssatz von 12% p.a. auf zu einer Zeit, in welcher Geld bei den Privatbanken ein Mehrfaches an Zinsen kostete. Für die Devisenkäufe wurde damals von der Reichsbank die Bestimmung erneuert, dass bei ihrer Anmeldung sofort der Gegenwert hinterlegt werden musste, und die Reichsbank achtete durch Stichproben darauf, dass dieser Verordnung Folge geleistet wurde.

Es zeigte sich nun aber auch, dass das den Banken zur Verfügung stehende Geld gleich Null war, sodass bei plötzlich auftretendem Bedarf für Tagesgelder bis 1½% Zinsen pro Tag angelegt werden mussten. Zur Erläuterung möge dienen, dass die den Sparkassen, Banken und Versicherungs-Unternehmen Ende 1923 zur Verfügung stehenden Eigenmittel nur 4,4 Milliarden Mark gegenüber 44 Milliarden Mark im Jahre 1923 betrugen.

Durch die Einführung der Rentenmark machte sich zunächst zunächst noch eine Erschwerung im Geldverkehr bemerkbar, da bei sämtlichen Banken neben der Rentenmark noch Billionenmark-Konten geführt werden mussten, zwischen denen streng unterschieden wurde. Eine Übertragung z.B. von einem dieser Konten auf das andere war nicht möglich.

Zum 1. Januar 1924 ging der Roheisen-Verband dazu über, seine sämtlichen Konten von Shilling-Goldmark auf Dollar-Goldmark umzustellen.

Es begann nun die äusserst schwierige Zeit der Deflation. Die Finanzgeschäfte standen unter dem Einfluss einer fürchterlichen Knappheit an Barmitteln. Die Reichsbank gab Devisen nur bei einer ganz geringen Zuteilung her, und dazu kam, dass am 7. April 1924 die Kündigung sämtlicher Kredite erfolgte, sodass auch der Verband die Ende November 1923 aufgenommenen 2 Millionen Mark Lombard-Darlehen innerhalb kurzer Frist zurückzahlen musste. Dies war nur dadurch möglich, dass der Roheisen-Verband sich von den Werken Akzepte geben liess oder sogar Eigenakzepte ausstellte. Im Zuge der Kreditrestriktion musste auch die Roheisen-Finanzierung-Gesellschaft mit eintretender Stabilisierung ihre Tätigkeit wieder einstellen, da die Reichsbank nur noch reine Warenwechsel diskontierte, deren Kontingent zudem so stark gekürzt wurde, dass der Verband erst entsprechende Schritte beim Reichsbank-Direktorium unternehmen musste, um einen bestimmten Anteil zu erhalten. Die Reichsbank kam ihren Kunden allerdings insofern entgegen, als sie nur ganz geringe Pflichtguthaben verlangte. Als Auswirkung der Krise erfolgten Zusammenbrüche selbst grosser Unternehmen, sodass beim Roheisen-Verband die Obligi der Vertreter und Abnehmer dauernd im Auge behalten werden mussten. Infolge der veränderten Verhältnisse war zunächst zu diesem Zwecke ein vollkommen neues Auskunftsmaterial zu beschaffen; es ergab sich sogar die Notwendigkeit, die Auskünfte monatlich zu ergänzen. Die Höhe der Geschäftsaufsichten in Deutschland betrug im Jahr 1924 7.100 und verringerte sich um rund 1.000 im nächsten Jahre. Eine weitere Folge der Kapitalknappheit war, dass die Abnehmer und Vertreter in grossem Umfange dazu übergingen, Eigenakzepte in Zahlung zu geben.

Bis zum 20. Mai 1924 wurde die Zuteilung der Devisen mit rund 1% repartiert, aber dann ging die Reichsbank dazu über, auf die angemeldeten Beträge stärker zuzuteilen, und nun ergab es sich, dass die Anforderungen an die Reichsbank derart gering wurden, dass vom 3. Juni ab die Devisenzuteilung immer voll erfolgen konnte. Durch die Kapitalverknappung mussten für Monatsgeld bei Privatbanken 45% und im Kontokorrent-Verkehr 80% Zinsen in der Zeit von März bis Juli 1924 gezahlt werden. Dann gingen die Zinssätze allmählich zurück, und ab Oktober betrug der Debet-Zinssatz 12%, allerdings ohne Berücksichtigung der noch zu zahlenden Provisionen.

Im Mai brach ein Bergarbeiterstreik aus, der leider eine neue Beunruhigung in den Geldverkehr hineinbrachte. Der Glaube an die Festigkeit der neugeschaffenen Währung war ohnehin nicht allgemein vorhanden, was schon aus dem verhältnismässig langsamen Rückgang des Bankzinssatzes hervorgeht, der nicht allen eine Folge des Geldmangels war. Zu grösseren Störungen der Wirtschaft ist es infolge des Streiks nicht gekommen, auch hat er nicht vermocht, die Schwierigkeiten auf dem Geldmarkte unüberwindlich zu machen.

Im Oktober 1924 wurde das Londoner Abkommen ratifiziert und die Dawes-Anleihe in Höhe von 800 Millionen aufgelegt. Als Folge hiervon setzte das Hereinströmen von Auslandskapital ein, sodass Devisen im Ueberfluss vorhanden waren und sämtliche Bestimmungen über Kapitalflucht aufgehoben wurden. Ferner räumte die Reichsbank den Banken wieder einen gewissen Rediskontkredit ein. Um gegen auftretenden Geldbedarf gewappnet zu sein, überliess der Roheisen-Verband verschiedenen Mitgliedswerken Dollar- und schweizerische Franken-Beträge als festes Geld gegen sofortige Rückgabe bei Abruf. Der Wechselverkehr nahm allmählich wieder, besonders infolge des Mangels an Barmitteln, grösseren Umfang an; Tageseingänge von 300 bis 400 Abschnitten waren keine Seltenheit.

Aber erst im Jahr 1925 sollte nach und nach eine Beruhigung bringen, wenn auch der Geldverkehr weiterhin unter der grossen Kapitalknappheit zu leiden hatte. Der Umsatz an Wechseln und Schecks ergab immer grössere Zahlen. Ferner beliefen sich die Devisenumsätze jetzt wider auf grössere Beträge; die vom Roheisen-Verband nicht unbedingt benötigten Devisen wurden an verschiedene Banken auf feste Termine gegeben. Die Ausleihungen betrugen Ende des Jahres rund £ 75.000,--. Ausserdem erfolgten Devisenzahlungen an die Werke zur Verrechnung auf Reichsmark-Konto. Der Geschäftsverkehr in der Buchhaltung und Finanzabteilung erfuhr in diesem Jahre eine wesentliche Vereinfachung, da infolge der grösstenteils stabilen Devisenkurse die gesamte Buchhaltung auf Reichsmark umgestellt werden konnte.

Das einzige unsichere Moment in dieser Zeit war die bereits Ende 1924 einsetzende Franken-Baisse, durch die aber der Verband, devisentechnisch gesehen, keine Verluste erlitten hat, da die Frankenbestände rechtzeitig abgestossen worden waren.

Vom Oktober 1925 ab wurde von einer weiteren Diskonermässigung auf 8% gesprochen, sodass die Banken grosses Interesse an der Hereinnahme von Diskonten unter Reichsbanksatz zeigten, und zwar nicht nur die Inlands-, sonder auch die Auslandsbanken. Ein grosser Teil der beim Roheisen-Verband eingegangenen Wechsel, der bei der Reichsbank nicht mehr untergebracht werden konnte, wurdde von den anderen Banken übernommen. Die Werke stellten aber immer noch dringende Markanforderungen, sodass witerhin eingehende Devisen an die Reichsbank oder Privatbanken verkauft oder Eigenakzepte gegeben werden mussten. Der Zahlungseingang selbst war bis Oktober noch wenig erfreulich, wurde jedoch von da ab immer günstiger. Die Akzeptzahlungen der Vertreter und Abnehmer betrugen im Oktober 16 bezw. 40%, im November 13 bezw. 23%, um im Dezeber auf 5 bezw. 22% der Gesamtzahlung zu sinken, was allerdings auch eine Folge des Nachlassens des Versandes und einer besonderen Vorsicht bei der Wechselannahme durch den Verband war. Im Jahre 1925 wurden auch die Verhandlungen mit den Vertretern über die von ihnen neu zu hinterlegenden Sicherheiten zu Ende geführt, da ein Teil durch die Inflation wertmässig gegenstandslos geworden war.

Infolge der im Jahre 1926 eingetretenen Besserung der gesamten Wirtschaftslage Deutschlands, die sich schon in der Ermässigung des Reichsbanksatzes bis auf 6½% sowie in der ansteigenden Erzeugungskurve (6 Monate englischer Bergarbeiterstreik) ausdrückte, machte sich auch beim Roheisen-Verband eine starke Besserung in Bezug auf den Eingang von Barzahlungen bemerkbar. Der Verband war zwar noch genötigt, für im Laufe des Jahres plötzlich aufgetretenen Geldbedarf bei verschiedenen Banken und befreundeten Firmen tägliches Geld aufzunehmen, für das er jedoch nur einen Satz von 4% anzulegen brauchte. Die Ueberwachung der Kreditwürdigkeit der Kundschaft wurde weiter sehr sorgfältig fortgesetzt, sodass dem Verband auch in diesem Jahre Verluste nicht entstanden sind. Eine wesentliche Vereinfachung in der Abrechnung mit den Werken ist im Jahre 1926 auch dadurch eingetreten, dass der grösste teil der rheinisch-westfälischen Werke in die Verinigte Stahlwerke A.G. aufgegangen war. Der gesamte Geldverkehr mit diesen Einzelwerken wickelte sich nunmehr nur noch über deren Hauptfinanzverwaltung Düsseldorf ab.

Die Verlängerung des Roheisen-Verbandes um fünf Jahre sei hier besonders hervorgehoben. Ueberhaupt stand die deutsche Eisenindustrie im Jahre 1926 im Zeichen eines grosszügigen Zusammenschlusses und der Gründung nationaler und internationaler Kartelle. Hierzu gehört auch das nach langjährigen Verhandlungen abgeschlossene Kontingentsabkommen mit den französischen und luxemburgischen Werken, durch welches eine geregelte Verkaufstätigkeit für die aus den westlichen Ländern vorher im freien Wettbewerb eingeführten Stahlprodukte und Roheisen durch die Verbände ermöglicht wurde.

Durch den im Jahre 1927 vorgenommenen Aufkauf sämtlicher Kuxe der Gewerkschaft Carl-Otto machte sich ein gösserer Geldbedarf beim Verband bemerkbar. Er nahm deshalb bei verschiedenen Banken Rembours-Kredite auf. Die Abwicklung dieser Geschäfte erfolgte in der Weise, dass der Verband auf englische, amerikanische oder holländische Banken Tratten ausstellte, die von den vermittelnden Inlandsbanken giriert wurdne. Der Erlös aus diesen Rembours-Krediten wurde zum teil in fremder Währung als festes Geld an die Werke weitergegeben, zum Teil gegen Mark verkauft. Die nervöse Unsicherheit im Geldwesen, die noch während des grössten teils des Jahres 1926 überall geherrscht hatte, wich allmählich einer ruhigeren Betrachtung. Die Zahl der Konkurse und Geschäftsaufsichten nahm ab, und ein Aufschwung nach der wirtschaftlichen Seite machte sich mehr und mehr geltend. Ein allgemeines Vertrauen zur deutschen Wirtschaft setzte im In- und Auslande wieder ein, sodass ein Strom von Anleihegeld sich über Deutschland ergoss, aus dem allerdings auch die Reichsverpflichtungen (Reparationen, Dawsplan) beglichen wurden.

Der Wechsel- und Scheckverkehr beim Roheisen-Verband nahm im Jahre 1927 wieder grösseren Umfang an und erhöhte sich von monatlich 1200 Stück Anfang des Jahres auf rund 2200 Stück Ende des Jahres, um dann allerdings im nächsten Jahre auf rund 1400 Stück monatlich zu sinken, auf welchem Stand er bis in das Jahr 1930 geblieben ist.

Im Ganzen betrachtet, ist das Jahr 1927 nach Beendigung des Krieges und nach der Wiederherstellung normaler Währungsgrundlagen das erste Jahr, dessen Gesamtablauf im Zeichen eines ununterbrochenen wirtschaftlichen Aufstiegs stand. Aber bereits das folgende Jahr sollte zeigen, dass die in Deutschland betriebene Wirtschaftspolitik mehr eine solche gegen die Wirtschaft als eine Politik für die Wirtschaft gewesen war. Mit Eintritt in das Normaljahr der Zahlungen auf Grund des Dawesplanes wiederholten sich die Schwierigkeiten. Die durch die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse geschwächte Kaufkraft des deutschen Volkes blieb weit hinter der Leistungsfähigkeit der Industrie zurück, und die hohen Zinssätze sowie die wieder angespannte Lage auf dem Geldmarkt haben das ihrige dazu beigetragen. Der Autarkie-Gedanke gewann in allen Ländern immer mehr and Boden.

Störend bemerkbar machten sich während des ganzen Jahes die wiederholten Lohnstreitigkeiten, die schliesslich am 1. November 1928 zu einer Gesamtaussperrung der Belegschaften innerhalb des Gebietes der Nordwestlichen Gruppe des Vereins Deutscher Eisen- und Stahl-Industrieller führten. Erst Anfang Dezember konnte die Arbeit in den Eisenbetrieben wieder aufgenommen werden.

Vorauszahlungen an die Werke wurden in diesem Jahr vom Roheisen-Verband mit einer Ausnahme verhältnismässig nur sehr wenig vorgenommen. Rembours-Kredite waren im Jahre 1927 und auch in den späteren Jahren von den inländischen und ausländischen Banken jederzeit zu erhalten. Das Interesse an den Remboursgeschäften war bei den deutschen Banken so gross, dass es eine Bank versuchte, der anderen den Rang abzulaufen. Die Kredite wurden zeitweise ohne jede Unterlagen über ausgeführte Exporte gegeben. Auch dem Roheisen-Verband gegenüber hat man in den meisten Fällen von einer Nachweispflicht über seine Auslandsforderungen Abstand genommen, trotzdem der Wert der Kredite sich zeitweise auf 5 – 6 Millionen Mark stellte. Es handelte sich hierbei um sogenannte unechte Rembourse, bei welchen auch die Auslandsbanken darüber unterrichtet waren, dass ihnen ein entsprechender Export nicht gegenüberstand.

Die Gepflogenheit, die Auslandsgeschäfte durch Rembourskredite zu bevorschussen, wurde vom Verband im Jahre 1929 fortgesetzt. Soweit man sie nicht selbst benötigte für den eigenen Geldbedarf, entstanden aus den Aufkäufen der Gewerkschaft Carl-Otto und der Haigerer Hütte, oder zu Vorauszahlungen an die Mitgliedswerke, hat der Roheisen-Verband sie den Banken als festes Geld jeweils auf 3 oder 6 Monate überlassen, wobei sich ein nicht unerheblicher Zinsgewinn ergab, da für festes Geld weit höhere Sätze erzielt wurden, als an Zinsen für die Rembourskredite aufgebracht werden mussten. Die vom Verband für die von ihm selbst benötigten Gelder auzubringenden Zinsen verbilligten sich hierdurch so wesentlich, dass diese den Roheisen-Verband zeitweise nur 1 – 2% gekostet haben. Kursverluste hat der Roheisen-Verband an Rembourskrediten nicht erlitten, da er die Auslandskredite stets zu Zeiten hoher Devisenkurse aufgenommen und gleich in Reichsmark tranferiert hat. Die Abdeckung erfolgte in der Regel nur dann am Fälligkeitstage, wenn der Kurs der wiedereinzudeckenden Währung verhältnissmässig niedrig stand, andernfalls entschloss man sich zu einer Verlängerung des Kredits oder dekcte ihn in einer anderen Währung ab, welche an dem Fälligkeitstage des abgelaufenen Kredits im Kurs hoch lag.

Die sich gegen Schluss des Jahres 1928 bereits bemerkbar machende Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage – von der Roheisenproduktion allerdings abgesehen – hatte auch im Jahre 1929 angehalten, beeinflusst durch die Ungewissheit bezüglich Ausgang der Verhandlungen über die Reparationsverpflichtungen (Young-Plan) sowie durch die Folgen einer verfehlten Wirtschafts- und Steuer-Politik. Bereits im Frühjahr war eine Vertrauenskrise hervorgerufen worden, als der Abbruch der Reparationsverhandlungen in Paris erfolgte, sodass die Reichsbank zum Schutz der Währung zu Restriktionsmassnahmen ihre Zuflucht suchen musste, nachdem Abzüge in Höhe von 700 Millionen Reichsmark in Gold und Devisen erfolgt waren, die in der Hauptsache für den Zins- und Tilgungsdienst der laufenden Auslandskredite verwandt wurden. Ferner setzte eine grosse Kapitalflucht ins Ausland ein, der Reichsbanksatz wurde bis auf 7½% erhöht. Die Wechselproteste nahmen wieder zu, und Zusammenbrüche von Industrie- und Handelsfirmen sowie kleineren Privatbanken erfolgten; besonders bemerkenswert war die Zahlungseinstellung der Frankfurter Allgemeinen Versicherungs A.-G., die leider auch im Auslande das Ansehen des Deutschen Reiches sehr in Miskredit gebracht hat. Schliesslich spitzten sich die Verhältnisse auch auf den internationalen Geldmärkten darart zu, dass umfangreiche Zusammenbrüche an den grossen Weltbörsen erfolgten.

Unter den vorstehend geschilderten Umständen war die Erneuerung der deutschen Stahlverbände gegn Ende des Jahres 1929 von grösster Bedeutung.

Die Geldanforderungen der Mitgliedswerke konnten durch den Roheisen-Verband im Jahre 1930 jederzeit pünktlich erfüllte werden. Der Wechselumsatz ist in diesem Jahre bedeutend zurückgegangen, und zwawr von RM 54.000.000,-- auf RM 36.000.000,-- und wurde mit rund 20 Millionen bei der Reichsbank untergebracht. Die sich stetig bessernde Lage des Geldmarktes drückt sich wohl am besten darin aus, dass der Reichsbanksatz nicht weniger als 7 mal heruntergesetzt und zwar bis auf 4%. Dann wurde allerdings durch die allgemeine Verknappung am Geldmarkte ein Heraufsetzen wieder auf 5% nötig. Infolge des Niedergangs der allgemeinen wirtschaftlichen Lage erforderte die Kontenüberwachung beim Roheisen-Verband erneut die allergrösste Sorgfalt. Durch regelmässiges Mahnen sowie ausgiebige Erneuerung des Auskunftsmaterials ist es dem Verband gelungen, ohne Verluste auch über dieses Jahr hinwegzukommen. Im grossen und ganzen zeigte das Jahr 1930, dass Deutschland vollständig vom Ausland in geld- und kaptialmässiger Beziehung abhängig war. Je nach der politischen Lage erhöhten oder ermässigten sich die Kurse für deutsche Auslandsanleihen, da bisweilen das Ausland mit Geldabgaben zurückhielt und kurz darauf Deutschland wieder Kapital in übergrossem Masse zur Verfügung gestellt wurde. Zu allelm Ueberfluss setzte sich die Abwärtsbewegung der Konjunktur in einem derartigen Tempo fort, dass sie zu stärkster Erschütterung des Vertrauens führte und ein überstürzter Abruf der Deutschland jahrelang bereitwilligst zur Verfügung gestellen Gelder erfolgte. In jener Zeit befand sich Deutschland in der schwierigsten Lage und in einem Zustand aussen- und innenpolitischer Spannung; es hatte infolge der Wirtschaftskrise nicht die Möglichkeit, für die in Massen gekündigten Auslandsgelder Ersatz zu finden. Innerhalb zweier Monate, von Mitte Mail bis Juli 1931, zahlte die Reichsbank an das Ausland ungefähr 3 Milliarden Mark zurück. Der Zusammenbruch des Nordwolle-Konzerns gab den Anlass, dass die Danatbank in ihren flüssigen Mitteln derart beengt wurde, dass sie ihre Schalter schliessen musste. Das Reich übernahm sofort die Garantie den Einlegern gegenüber und stellte auch der Dresdner Bank, die ebenfalls notleidend geworden war, einen Kredit von 300 Millionen zur Verfügung. Ferner musste der Deutschen Bank und Disconto-Gesellschaft geholfen werden. Hinzu kam eine sich steigernde Unsicherheit bei den deutschen Bank- und Sparkassengläubigern; es erfolgten überstürzte Abhebungen der Guthaben. Das Bargeld wurde gehamstert, sodass der regelmässige Kreislauf des Geldes auch im Inlande gestört wurde und es in dieser Zeit schliesslich zu einer völligen Stockung im Kredit- und Zahlungsverkehr kam. Die Reichsbank erliess wieder äusserst scharfe Kreditrestriktionen, und im Zusammenhang damit erfolgte am 13. Juil 1931 die Bankenschliessung. Mit ausländischen Gläubigern traf man ein Stillhalteabkommen, und in einer Verordnung stellte man die Devisenwirtschaft wieder unter Zwang (Hoover-Abkommen). Der Reichsbanksatz wurde am 13. Juil auf 7%, am 16.7. auf 10% und am 1.8. auf 15% erhöht. Dieser Satz blieb bis zum 12.8., wurde dann auf 10% und am 2.9 um weitere 2% auf 8% ermässigt. Es erfolgte die Schliessung der Börsen fast während des ganzen zweiten Halbjahres. Die Sparkassen zahlten nur einen ganz geringen Prozentsatz der Guthaben in bar aus. Die Banken eröffneten sogenannte freie Konten, über die verfügt werden konnte. Diese bestanden aus Guthaben, die nach dem 13. Juli bei den Banken eingegangen waren. Als freie Guthaben galten ausserdem diejenigen bei der Reichsbank und beim Postscheckamt. Für die Einlösung von Wechseln erliess man ein Moratorium von etwa 3 Wochen, währenddessen keine Proteste aufgenommen werden konnten. Auch dem Roheisen-Verband war es nicht möglich, zu Lasten seines Giro-Kontos von einem Mitgliedswerk zahlbar gestellte Akzepte am Verfallstage einzulösen, denn das erforderliche Bargeld konnte nicht in bisher üblicher Weise durch Neudiskontierung von Wechseln beschafft werden, weil das Reichsbankdirektorium täglich die Höhe der von den einzelnen Reichsbankanstalten für die Hereinnahme von Diskonten infrage kommenden Kontingente in beschränktem Umfange festsetzte. Nach Aufhebung des Wechselmoratoriums gerieten einige Tage lang unzählige Wechsel unter Protest. Die Konkurs- und Vergleichsverfahren erhöhten sich in einem Ausmass, wie es selbst 1925 nicht der Fall gewesen war; sie erreichten die Summe von rund 19.000. Wechselproteste sind damals schätzungsweise in Deutschland 2 Millionen bei einer Wechselsumme von 600 Millionen aufgenommen worden. Der Roheisen-Verband wurde im Verkehr mit seinen Abnehmern und Vertretern nicht von Zahlungseinstellungen verschont; an grösseren sind zu nennen die der A. Borsig G.m.b.H. und der Maschinenfabrik Kappel sowie der Vertreter Brandes & Co. und Willy Lippmann. Infolge der von den Vertretern gestellten Sicherheiten ist der Verband jedoch bei diesen vor Verlusten geschützt gewesen. Eine grössere Vertreterfirma zedierte ihre Forderungen dem Roheisen-Verband, um dadurch ihren dringendsten Verpflichtungen nachkommen zu können. Der Wechselumsatz erreichte mit RM 31.000.000,-- im Jahre 1931 einen Rekord-Tiefstand.

Um der drohenden Wirtschaftskrise zu begegnen, ging im September 1931 England vom Goldstandard ab; ihm folgten einige Tage später die auf der englischen basierenden Währungen der skandinavischen Staaten. Das Pfund fiel in der Zeit von zwei Monaten bis auf RM 14,--. Um einen Verlust hieraus zu verhüten, ging der Verband dazu über, für die noch nicht fälligen Forderungen in englischen Pfunden und nordischen Kronen sich den Kurs durch Ausstellen von Tratten zu sichern. Diese Kurssicherungstratten durften nur eine Laufzeit bis zu drei Monaten haben und mussten ausserdem noch eine zweite Unterschrift tragen, um sie durch Vermittlung ener Privatbank bei der Reichsbank diskontieren zu können. Die Einlösung dieser Kurssicherungstratten erfolgte jedoch nicht unmittelbar durch die Bezogenen, sondern bei Eingang der Beträge wurdde die jeweilige Tratte zurückgerufen und von uns selbst eingelöst. Die Privatbanken berechneten uns für die Hergabe ihrer Unterschrift eine Privision von 1/6 % pro Monat. Die im Aufang des Jahres nicht benötigten Gelder wurden wie früher den Banken als festes Geld gegeben. Ihre Zurückziehung erfolgte jedoch restlos vor dem Krisentag, dem 13. Juli, wobei besonders zu bemerken ist, dass auch der Landesbank, die später infolge der Bankenkrise ihre Zahlungen eingestellt hat, eine Million überlassen war.

Wie bereits erwähnt, wurde die Devisenzwangswirtschaft verordnet, es erfolgten seitens der Zentralstelle für Auslandsschulden umfangreiche Erhebungen, um zunächst überhaupt einen Ueberblick über die gesamte deutsche Auslandsverschuldung zu haben. Von September ab stellten die Bewirtschaftungsstellen bei den Landesfinazämtern für den Devisenverkehr Genehmigungen aus, zu deren Erlangen die weitläufigsten Aufstellungen über Warenumsatz, Unkosten im Verkehr mit dem Auslande usw. anzufertigen waren. Die Genehmigungen berechtigen jedoch nicht ohne wieteres zur Zahlung an das Ausland, vielmehr mussten die erforderlichen Devisenbeträge erst noch von der Reichsbank freigegeben werden. Ausserdem waren der Reichsbank alle zehn Tage die angefallenen Devisen und ihre Verwendung zu melden. Bereits beim Versand waren Exportvalutaerklärungen auszustellen, zehntägig der Geldeingang and Hand diser Erklärungen der Reichsbank zu melden und der Verbleib der Devisen nachzuweisen. Dann mussten dem Landesfinanzamt zum 6. eines jeden Monats bis ins kleinste gehende Meldungen über die monatlichen Ein- und Ausgänge gemacht werden. Allein die Erfüllung dieser Vorschriften erforderte viel Zeit und Arbeit.

Am Ende dieses durch wirtschaftlichen Niedergang grössten Ausmasses gekennzeichneten Jahres verlängerte man den Roheisen-Verband wiederum um drei Jahre bis zum 31. Dezember 1934, dieses Mal in festerer Form als bisher, indem auch die früher nur in einem loseren Verhältnis zum Verband stehenden Werke – Duisburger Kupferhütte, Duisburg, Luitpoldhütte, Amberg, Maximilianshütte, Rosenberg Opf. - als Mitglieder dem Verband beitraten.

War somit 1931 ein Jahr, in dem Krisen ungewöhnlichen Ausmasses ausgebrochen waren, so sollte im Jahre 1932 die Notlage der deutschen Wirtschaft ihren Höhepunkt erreichen. Mehr als zehn Milliarden Reichsmark mussten 1931 und 1932 für Rückzahlung und Verzinsung von Auslandskrediten aufgebracht werden. Der Schrumpfungsprozess der Wirtschaft setzte sich infolge des dadurch bedinigten Schwundes an wirtschaftlichem Betriebskapital bis zum Aeussersten fort. Die zunächst unverädnerte Aufrechterhaltung der Reparationsforderungen legte sich wie eine Schranke vor alle Anstrengungen, den Austausch der Güter wieder in Gang zu bringen oder die Beschäftigung der Werke zu erhöhen, sie verhinderte jede Erholung. Erst die Lausanner Vereinbarung vom Juli 1932 hat mit Beseitigung dieser Schranke den ersten Schritt getan, um eine allgemeine Besserung im Güteraustausch und damit auch der Beschäftigung erhoffen zu lassen. Trotzdem kann in desem Jahre von einer Kapitalbildung in Deutschland, insgesamt betrachtet, noch keine Rede sein., wenn man berücksichtigt, dass bis zu 6 Millionen Erwerbslose vorhanden waren, ungerechnet die Kurzarbeiter. Ein Ergebnis von ungeheurer Wirkung auf das Wirtschaftsleben war der Zusammenbruch des Kreuger-Konzerns im März 1932, der auch durch die moralischen Folgen der aufgedeckten Verfehlungen in hohem Masse zur Verschlimmerung der Weltkrise beigetragen hat.

Der Umsatz beim Roheisen-Verband betrug im Jahre 1932 nur 446.870 t und erreichte damit die niedrigste Ziffer seit Bestehen des Verbandes. Die Geldumsätze konnten isch infolgedessen nur in relativ engen Grenzen bewegen. Der Wechselumsatz war, gemessen an dem Gesamtgeldverkehr, ausserordentlich hoch. Ueber die Bankguthaben wurde täglich restlos verfügt. Devisenguthaben durften auf Grund der Devisenverordnung nicht unterhalten werden, da eingegangene Beträge innerhalb drei Tagen der Reichsbank abzuliefern waren. Das Jahr 1932 war in jeder Beziehung das schlechteste seit Bestehen des Roheisen-Verbandes. Die Ausfuhrerlöse wurden allgemein, und damit auch für Roheisen, stark vom Valuta-Dumping beeinflusst, sodass die Regieurng, um den Exporteuren zu helfen, diesen ab Juli 1932 gestattete, bei zusätzlicher Ausfuhr den Erlös durch Erwerb und Wiederverkauf von deutschen Auslandsanleihen aufzubessern. Diese Auslandsanleihen, die in den vorhergehenden Jahren von Staat, Kommunen, öffentlichen und privaten Unternehemn aufgenommen waren, wurden an den ausländischen Börsen zu einem verhältnismässig niedrigen Kurse gehandelt, während in Deutschland nur ein Handel in sogenannten zertifizierten Stücken, die bereits vor dem 1. April 1932 ins Inland verbracht und mit einem entsprechenden Zertifikat versehen waren, gestattet war. Diese zertifizierten Stücke lagen im Kurse wesentlich über den ausländischen Notierungen. Um ihre Anleihe-Verpflichtungen herunterzudrücken, kauften die deutschen Anleiheschuldner auf dem Wege über die Exporteure ihre Anleihen mit neiem Aufgeld, das etwa der Differenz zwischen den Notierungen der In- und Auslandsbörsen entsprach, auf, und mit diesem Aufgeld konnte der Exporteur seine Erlöse aufbessern. Es wurde aus den Ausfuhrerlösen aber immer nur ein gewisser Teil freigegeben, der unter Zugrundelegung der jeweiligen Marge in etwa den Verlust aus dem Geschäft ausgleichen sollte. Vorbedingung war jedoch, dass es sich um ein Zusatzausfuhrgeschäft handelte, d.h. ein Geschäft, das aus bestimmten Erwägungen zu Verlustpreisen abgeschlossen werden musste, sei es, um nicht aus dem Markt zu kommen, sei es, um den Betrieb aufrechtzuerhalten oder dergleichen. Die Mindestgrenze für die dafür zu stellenden Anträge waren RM 20.000,--, allerdings konnten bis zu drei Geschäfte nach einem Lande zusammegefasst werden. Der Bonds-An- und Verkauf erfolgte in der Regel über die Privatbanken. Es bildete sich schnell ein Markt für freie Exportvaluta. Die Marge betrug 1932 etwa 13 ß 15%. Die Käufe der Auslandsbonds wurdden zum überwiegenden Teil im Wege des Vorfinanzierungskredites durchgeführt, für welche etwa 6% Zinsen p.a. zu zahlen waren. Die Vorfinanzierung war angesichts der Geldknappheit und des mangelnden Vertrauens sehr oft mit Schwierigkeiten verbunden, zumal derartige Kredite nur aus freiem Auslandsguthaben aufgenommen werden durften. Für die Sicherung der holländischen Banken musste in Höhe des Kreditgegenwertes ein entsprechendes Guthaben bei einer deutschen Bank unterhalten werden, während derartige Vorschriften von anderer Seite nicht gemacht worden sind. Zum 6. eines jeden Monats waren der Devisenbewirtschaftungsstelle Düsseldorf die auf Grund der bonds-Genehmigungen erfolgten Käufe und Umsätze zu melden. In mehreren Fällen machten auch ausländische Abnehmer die Erteilung eines Roheisen-Auftrages davon abhängig, dass ein teil in Sperr- oder Register-Mark gezahlt werden konnte. Zum Teil hat der Roheisen-Verband Verkäufe gegen Bezahlung in diesen vom Ausländer sonst nicht werwendbaren Beträgen getätigt, jedoch Preisaufschläge gemacht, mit Rücksich auf die niedrige Bewertung der Sperr- und Register-Mark im internationalen Devisenhandel.

Die Entwicklung im Jahre 1933 zeigte, dass der tiefste Stand der Wirtschaft in jeder Beziehung überschritten war. Die sprunghafte Umsatzsteigerung von Mitte des Jahres ab erforderte in Verbindung mit der Verwertung der Ausfuhrerlöse naturgemäss auch wieder eine grössere Mehrarbeit in der Erledigung des Geldverkehrs. Die vorzeitigen Geldanforderungen der Werke für ihre Lieferungen konnten jederzeit befriedigt werden. Sie hörten sogar von Mitte des Jahres ab mit einer Ausnahme vollkommen auf, sodass, im Durchschnitt gesehen, den Werken die ihnen zustehenden Beträge im Fälligkeitstage zur Verfügung gestellt wurden.

Die grösste Ueberraschung auf dem Devisenmarkte war das Abgehen der Vereinigten Staaten vom Goldstandard, um einen stabilen, am Warenindex gemessenen Dollarwert zu schaffen. Der Dollar ging in kurzer Zeit bis auf M 2,70 herunter. Durch diese Entwertung war den deutschen Anleiheschuldnern ein noch grösserer Anreiz gegeben, ihre Anleihen vor Fälligkeit aufzukaufen, jedoch stand einer Verwirklichung der grosse Devisenmangel entgegen. Zur Erläuterung möge dienen, dass der Devisenbestand der Reichsbank gegen Ende des Jahres 1933 nur einen Gegenwert von rund 10 Millionen RM hatte, die Golddeckung betrug durchschnittlich im 2. Halbjahr 400 Millionen. Die Dollarbondsgeschäfte nahmen einen immer grösseren Umfang an, da infolge des Valutadumpings jedes Exportgeschäft als Verlustgeschäft zu betrachten war. Die Regierung kam den Exporteuren im Sommer in der Weise entgegen, dass im Zusatzausfur-Verfahren der Mindesbetrag des einzelnen Geschäfts von RM 20.000,-- auf RM 10.000,-- herabgesetzt wurde, und ging im Herbst so weit, hierzu jedes Auslandsgeschäft schon über RM 100,-- zuzulassen.

In der Zwischenzeit hatte es sich gezeigt, dass die anfangs mit grosser Hoffnung begrüsste Londoner Wirtschaftskonferenz, von der man u.a. eine allgemeine Regelung des Kriegsschuldenproblems erwartet hatte, ohne jedes praktische Ergebnis bleiben würde. Aus diesem Grunde traf Deutschland mit seinen ausländischen Anleihegläubigern ein neues Abkommen, infolge dessen ab Juli 1933 die Anleihezinsen, mit ausnahme derjenigen der Dawes- und Young-Anleihen, nicht mehr überwiesen, sondern in eine Konversionskasse gezahlt wurden. Aus dieser leitete die Deutsche Golddiskontbank die Hälfte an die betreffenden Gläubiger in Devisen weiter, während für die andere Hälfte Anweisungen, sogenannte Scrips, herausgegeben wurden. Der ausländische Gläubiger konnte diese bei bestimmten Banken zur Hälfte ihres Nennwertes verkaufen und mit dem Erlös zusätzliche deutsche Warenmengen beziehen. Dieses Scripsverfahren wurde neben dem Dollarbonds-Verfahren zur Aufbesserung der Ausfuhrpreise zugelassen. Zunächst kam ohne Berücksichtigung des Verlustes jedes Geschäft bis zu RM 10.000,-- hierfür in Betracht (sogenannte Kleinerlöse), und zwar betrug die Aufbesserung durchweg 15% vom Gesamterlös, späterhin 12%. Gegen Ende des Jahres 1933 wurde das Scrips- und Dollarbondsverfahren schliesslich nur noch auf ganz besonders gelagerte Fällte angewandt. Vorbedingung war, dass die Verkaufserlöse aus der Ware mindestens die Selbstkosten und die mit dem Vertrieb unmittelbar zusammenhängenden Ausgaben zu decken hatten und wie früher beim Einzelgeschäft ein Verlust nachgewiesen werden konnte.

Auch um Rückgang der Insolvenzen prägte sich die Besserung der allgemeinen Lage aus, denn die Konkurse in Deutschland verringerten sich von 8500 um Jahre 1932 auf 1300. Infolge der straffen Durchführung der Devisenbewirtschaftung wurde etwaigen Spekulationen in Mark oder Devisen ein Riegel vorgeschoben, sodass die Reichsbank den Markkurs unverändert beibehalten konnte. Die Kurse der auf Pfund Sterling fussenden Währungen waren so grossen Schwankungen unterworfen, dass der Roheisen-Verband von Anfang Juli ab für sämtliche Aufträge Kurssicherungstratten in diesen Währungen ausstellte. Gegen Ende November zeigten sich auch bei den übrigen Währungen, wie französische Franken, Belgas und Gulden, bedenkliche Kursschwankungen, sodass der Verband nunmehr vorübergehend auch Geschäfte in diesen Währungen im Kurse sicherte.

Die Umsatzsteigerung beim Roheisen-Verband drückte sich auch in den Geldumsätzen aus. Die Umsätze im Wechselverkehr erhöhten sich im November auf 2,7 und im Dezember auf 3,25 Millionen. Die Diskontierungen wurden jedoch nur noch bei der Reichsbank vorgenommen, da die Privatbanken wenig Interesse an der Hereinnahme von Diskonten zum Reichsbanksatz oder gar darunter zeigten. Infolge der zunehmenden Geldflüssigkeit unterhielt der Verband einen verhältnismässig grossen Wechselbestand.

Der Reichsbanksatz betrug während des ganzen Jahres 4%, die Sätze für Leihgeld etwa 6 ß 10% gleich dem 3 – 4fachen der massgebenden Auslandsbörsen, welche sich mit 2½% auf dem Stande des deutschen Friedenssatzes bewegten.

Im ganzen gesehen, dürfte der Verlauf des Jahres 1933 keinen Anlass geben, unzufrieden zu sein, zumal die Aufwärtsbewegung jedenfalls auf dem Inlandsmarkte fast ohne Stockung angehalten hat. Damit kehrte offenbar das Vertrauen zu der Stetigkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland auch seitens des Auslandes immer mehr zurück.

Im Jahre 1934 hat die Wirtschaft den erhofften weiteren Aufschwung genommen. Namentlich der Inlandsmarkt hat sich infolge der Massnahmen der Reichsregierung und er privaten Initiative auf dem Gebiete der Arbeitsbeschaffung günstig entwickelt. Die Bilanzen der Industrie, soweit sie bisher voliegen, bestätigen dieses günstige Bild, und teilweise ist mit einer Dividendenzahlung wieder begonnen worden. Die Abnehmer des Roheisen-Verbandes sind ihren Zahlungsverpflichtungen im grossen und ganzen prompt nachgekommen, wenngleich auch infolge der wesentlich besseren Beschäftigung eine Verknappung der verfügbaren Mittel eingetreten ist; jedenfall sist die Geldflüssigkeit nicht mehr in dem Umfange vorhanden wie im Jahre 1933. Insolvenzen gehören zu einer immer seltener werdenden Erscheinung.

Die starke Belebung im Inlande hat naturgemäss auch zu einer erheblichen Vergrösserung der Rohstoffeinfuhr geführt, welche es wiederum mit sich gebracht hat, dass die deutsche Handelsbilanz seit Beginn des Jahres 1934 passiv geworden ist. Erst in den letzten Monaten dieses Jahres haben die von der Reichsregierung getroffenen Massnahmen wider einen Ausgleich gebracht. Diese Tatsache führte zu einer weiteren erheblichen Erschwerung des Geld- bezw. Devisenverkehrs. Mit den meisten europäischen Statten sind im Laufe des Jahres 1934 Verrechnungs- oder Zahlungsabkommen geschlossen worden, von denen man die Beseitigung der bestehenden Schwierigkeiten im gegenseitigen Wahrenverkehr erhoffte. Die Absicht, die ein gegenseitiges Clearing vorsahen, eine Kontrolle über die Einfuhr aus den verschiedensten Ländern auszuüben und gleichzeitig diese Einfuhr mit den aus der Warenausfuhr hereinkommenden Beträgen abzudecken. Leider haben die Abkommen in vielen Fällen zu Nachteilen für die deutsche Handelsbilanz geführt. Während Deutschlands Handelsbilanz vorher nach mehreren Ländern, z.B. Frankreich und Holland, aktiv war, ist sie durch die Verrechungs- bezw. Zahlungsabkommen passiv geworden. Das hat naturgemäss zu weiteren Massnahmen der Reichsregierung führen müssen. Im September wurde die Frage der Wareneinfuhr vollkommen neu geregelt, indem für die gesamte Wareneinfuhr 25 Ueberwachungsstellen eingerichtet wurden, die nunmehr sowohl für die Einfuhrgenehmigung als auch für die Devisenzuteilung für die Wareneinfuhr mit Wirkung vom 24. September allein zuständig geworden sind. Die Verrechnungs- bezw. Zahlungsabkommen mit den vorgesehenen Clearingbestimmungen sind nebenher bestehen geblieben, doch hat sich, wie schon erwähnt, gezeigt, dass auch diese Abkommen nicht die erwarteten Erleichterungen im gegenseitigen Verkehr gebracht haben. Kürzlich ist die Reichsregierung daher dazu übergegangen, zunächst mit England ein Abkommen auf vollkommen veränderter Grundlage zu treffen. Nach diesem Abkommen wird den Importeuren englischer Waren auf Grund der Einfuhrgenehmigung lediglich die Zusicherung gegeben, dass bei Fälligkeit die entsprechenden Devisen für die Bezahlung der Einfuhrwaren zur Verfügung stehen; umgekehrt ist das in England für die Einführer deutscher Waren der Fall, sodass also von einem gegenseitigen Clearing jetzt hier wieder Abstand genommen wird. Es ist beabsichtigt, falls dieses Verfahren sich bewähren sollte, auch die Verrrechnungsabkommen mit den anderen Ländern zu ändern.

Die vorerwähnten Massnahmen der Reichsregierung haben natürlich eine Fülle von Bestimmungen und Aenderungen auf dem Gebiete der Devisengesetzgebung notwendig gemacht. Namentlich in der Zeit der Einrichtung der Ueberwachungsstellen war es selbst für Eingeweihte schwer, durch all die vielen Verordnungen hindurchzufinden. Hinzu kam noch, dass die Wirtschaft sich durch einen privaten Warenaustausch (sogenannte Kompensationsgeschäfte) zu helfen suchte und auch auf dem Wege der sogenannten Rohstoffkredite (Dreiecksgeschäfte) den Versuch unternahm, ihre unbedingt notwendige Rohstoffversorgung sicherzustellen.

Während Ende 1933 die Golddecke der Reichsbank



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